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Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.

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4) so darfst Du auch keiner unzüchtigen Manns- oder
Weibsperson aus der hochlöblichen Schenkkanne zu Trin-
ken geben, die des Handwerks nicht gemäßig ist;
5) so darfst Du auch weder Würfel- noch Kartenspiel bei
einer freundlichen Umfrage hervorbringen, auch weder
Hader noch Zank bei dem hochlöblichen Eingeschenk an-
richten;
6) so darfst Du auch nicht mehr Bier oder Wein ver-
schütten, als Du mit der Hand bedecken kannst, oder
mußt den Mantel zum Gehülfen haben;
7) so darfst Du auch nicht mehr Bier oder Wein zu Dir
nehmen, als Deine Natur vertragen kann, wirfst Du
aber über 7 und triffst 11, so hast Du alle sieben Artikel
verbrochen; wirst Du aber vor den Tisch treten und um
Gnade bitten, so wird Dir einer aus Gnaden geschenkt
werden, mit den andern sechsen weiß man schon wohin,
in das Hospital, wo die alten Weiber vor dem Zapfen
sitzen und die jungen Mädchen am schönsten sind. So
mit Gunst, mein Schenkgesell, willst Du nun solche
Handwerksgewohnheit helfen stärken und nicht schwächen,
wie es der Gebrauch von Alters her gewesen ist, nichts
Neues auf und nichts Altes abbringen, so will ich Dir
das hochlöbliche Eingeschenk darauf zubringen?
Schenkgesell. So mit Gunst, mein Altgesell, was Hand-
werksgewohnheit in sich hält und ausweiset, will ich
helfen stärken und nicht schwächen, es ist vorhin schwach
genug.

Nach manchen Reden und Bitten um Erlaubniß, überreichte
endlich der Altgesell dem Schenkgesellen den Pokal oder die
Schenkkanne, und sprach:

So mit Gunst, mein Schenkgesell, nimm hin die Kanne
mit schwarzbraunem Bier, die wird Dir verehrt von
mir und allen guten ehrlichen Gesellen und Jüngern,
die allhier in Arbeit stehen. Nimm also damit vorlieb,
das Kloster ist arm, der Brüder sind viel, der
Abt trinkt selber gern
; hast Du nicht Bier oder
4) ſo darfſt Du auch keiner unzüchtigen Manns- oder
Weibsperſon aus der hochlöblichen Schenkkanne zu Trin-
ken geben, die des Handwerks nicht gemäßig iſt;
5) ſo darfſt Du auch weder Würfel- noch Kartenſpiel bei
einer freundlichen Umfrage hervorbringen, auch weder
Hader noch Zank bei dem hochlöblichen Eingeſchenk an-
richten;
6) ſo darfſt Du auch nicht mehr Bier oder Wein ver-
ſchütten, als Du mit der Hand bedecken kannſt, oder
mußt den Mantel zum Gehülfen haben;
7) ſo darfſt Du auch nicht mehr Bier oder Wein zu Dir
nehmen, als Deine Natur vertragen kann, wirfſt Du
aber über 7 und triffſt 11, ſo haſt Du alle ſieben Artikel
verbrochen; wirſt Du aber vor den Tiſch treten und um
Gnade bitten, ſo wird Dir einer aus Gnaden geſchenkt
werden, mit den andern ſechſen weiß man ſchon wohin,
in das Hospital, wo die alten Weiber vor dem Zapfen
ſitzen und die jungen Mädchen am ſchönſten ſind. So
mit Gunſt, mein Schenkgeſell, willſt Du nun ſolche
Handwerksgewohnheit helfen ſtärken und nicht ſchwächen,
wie es der Gebrauch von Alters her geweſen iſt, nichts
Neues auf und nichts Altes abbringen, ſo will ich Dir
das hochlöbliche Eingeſchenk darauf zubringen?
Schenkgeſell. So mit Gunſt, mein Altgeſell, was Hand-
werksgewohnheit in ſich hält und ausweiſet, will ich
helfen ſtärken und nicht ſchwächen, es iſt vorhin ſchwach
genug.

Nach manchen Reden und Bitten um Erlaubniß, überreichte
endlich der Altgeſell dem Schenkgeſellen den Pokal oder die
Schenkkanne, und ſprach:

So mit Gunſt, mein Schenkgeſell, nimm hin die Kanne
mit ſchwarzbraunem Bier, die wird Dir verehrt von
mir und allen guten ehrlichen Geſellen und Jüngern,
die allhier in Arbeit ſtehen. Nimm alſo damit vorlieb,
das Kloſter iſt arm, der Brüder ſind viel, der
Abt trinkt ſelber gern
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[96/0106] 4) ſo darfſt Du auch keiner unzüchtigen Manns- oder Weibsperſon aus der hochlöblichen Schenkkanne zu Trin- ken geben, die des Handwerks nicht gemäßig iſt; 5) ſo darfſt Du auch weder Würfel- noch Kartenſpiel bei einer freundlichen Umfrage hervorbringen, auch weder Hader noch Zank bei dem hochlöblichen Eingeſchenk an- richten; 6) ſo darfſt Du auch nicht mehr Bier oder Wein ver- ſchütten, als Du mit der Hand bedecken kannſt, oder mußt den Mantel zum Gehülfen haben; 7) ſo darfſt Du auch nicht mehr Bier oder Wein zu Dir nehmen, als Deine Natur vertragen kann, wirfſt Du aber über 7 und triffſt 11, ſo haſt Du alle ſieben Artikel verbrochen; wirſt Du aber vor den Tiſch treten und um Gnade bitten, ſo wird Dir einer aus Gnaden geſchenkt werden, mit den andern ſechſen weiß man ſchon wohin, in das Hospital, wo die alten Weiber vor dem Zapfen ſitzen und die jungen Mädchen am ſchönſten ſind. So mit Gunſt, mein Schenkgeſell, willſt Du nun ſolche Handwerksgewohnheit helfen ſtärken und nicht ſchwächen, wie es der Gebrauch von Alters her geweſen iſt, nichts Neues auf und nichts Altes abbringen, ſo will ich Dir das hochlöbliche Eingeſchenk darauf zubringen? Schenkgeſell. So mit Gunſt, mein Altgeſell, was Hand- werksgewohnheit in ſich hält und ausweiſet, will ich helfen ſtärken und nicht ſchwächen, es iſt vorhin ſchwach genug. Nach manchen Reden und Bitten um Erlaubniß, überreichte endlich der Altgeſell dem Schenkgeſellen den Pokal oder die Schenkkanne, und ſprach: So mit Gunſt, mein Schenkgeſell, nimm hin die Kanne mit ſchwarzbraunem Bier, die wird Dir verehrt von mir und allen guten ehrlichen Geſellen und Jüngern, die allhier in Arbeit ſtehen. Nimm alſo damit vorlieb, das Kloſter iſt arm, der Brüder ſind viel, der Abt trinkt ſelber gern; haſt Du nicht Bier oder

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Zitationshilfe: Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stock_gesellenwesen_1844/106>, abgerufen am 23.11.2024.