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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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Philosoph kämpfen mit Gespenstern, Dämonen, Geistern,
Göttern.

Von diesem freien Denken total verschieden ist das
eigene Denken, mein Denken, ein Denken, welches nicht
Mich leitet, sondern von Mir geleitet, fortgeführt oder abge¬
brochen wird, je nach meinem Gefallen. Dieß eigene Denken
unterscheidet sich von dem freien Denken ähnlich, wie die ei¬
gene Sinnlichkeit, welche Ich nach Gefallen befriedige, von
der freien, unbändigen, der Ich erliege.

Feuerbach pocht in den "Grundsätzen der Philosophie der
Zukunft" immer auf das Sein. Darin bleibt auch er, bei
aller Gegnerschaft gegen Hegel und die absolute Philosophie,
in der Abstraction stecken; denn "das Sein" ist Abstraction,
wie selbst "das Ich". Nur Ich bin nicht Abstraction allein,
Ich bin Alles in Allem, folglich selbst Abstraction oder Nichts,
Ich bin Alles und Nichts; Ich bin kein bloßer Gedanke, aber
Ich bin zugleich voller Gedanken, eine Gedankenwelt. Hegel
verurtheilt das Eigene, das Meinige, die -- "Meinung".
Das "absolute Denken" ist dasjenige Denken, welches vergißt,
daß es mein Denken ist, daß Ich denke und daß es nur
durch Mich ist. Als Ich aber verschlinge Ich das Meinige
wieder, bin Herr desselben, es ist nur meine Meinung, die
Ich in jedem Augenblicke ändern, d. h. vernichten, in Mich
zurücknehmen und aufzehren kann. Feuerbach will Hegel's
"absolutes Denken" durch das unüberwundene Sein
schlagen. Das Sein ist aber in Mir so gut überwunden als
das Denken. Es ist mein Sinn, wie jenes mein Denken.

Dabei kommt Feuerbach natürlich nicht weiter, als zu
dem an sich trivialen Beweise, daß Ich die Sinne zu Allem
brauche oder daß Ich diese Organe nicht gänzlich entbehren

Philoſoph kämpfen mit Geſpenſtern, Dämonen, Geiſtern,
Göttern.

Von dieſem freien Denken total verſchieden iſt das
eigene Denken, mein Denken, ein Denken, welches nicht
Mich leitet, ſondern von Mir geleitet, fortgeführt oder abge¬
brochen wird, je nach meinem Gefallen. Dieß eigene Denken
unterſcheidet ſich von dem freien Denken ähnlich, wie die ei¬
gene Sinnlichkeit, welche Ich nach Gefallen befriedige, von
der freien, unbändigen, der Ich erliege.

Feuerbach pocht in den „Grundſätzen der Philoſophie der
Zukunft“ immer auf das Sein. Darin bleibt auch er, bei
aller Gegnerſchaft gegen Hegel und die abſolute Philoſophie,
in der Abſtraction ſtecken; denn „das Sein“ iſt Abſtraction,
wie ſelbſt „das Ich“. Nur Ich bin nicht Abſtraction allein,
Ich bin Alles in Allem, folglich ſelbſt Abſtraction oder Nichts,
Ich bin Alles und Nichts; Ich bin kein bloßer Gedanke, aber
Ich bin zugleich voller Gedanken, eine Gedankenwelt. Hegel
verurtheilt das Eigene, das Meinige, die — „Meinung“.
Das „abſolute Denken“ iſt dasjenige Denken, welches vergißt,
daß es mein Denken iſt, daß Ich denke und daß es nur
durch Mich iſt. Als Ich aber verſchlinge Ich das Meinige
wieder, bin Herr deſſelben, es iſt nur meine Meinung, die
Ich in jedem Augenblicke ändern, d. h. vernichten, in Mich
zurücknehmen und aufzehren kann. Feuerbach will Hegel's
„abſolutes Denken“ durch das unüberwundene Sein
ſchlagen. Das Sein iſt aber in Mir ſo gut überwunden als
das Denken. Es iſt mein Sinn, wie jenes mein Denken.

Dabei kommt Feuerbach natürlich nicht weiter, als zu
dem an ſich trivialen Beweiſe, daß Ich die Sinne zu Allem
brauche oder daß Ich dieſe Organe nicht gänzlich entbehren

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[454/0462] Philoſoph kämpfen mit Geſpenſtern, Dämonen, Geiſtern, Göttern. Von dieſem freien Denken total verſchieden iſt das eigene Denken, mein Denken, ein Denken, welches nicht Mich leitet, ſondern von Mir geleitet, fortgeführt oder abge¬ brochen wird, je nach meinem Gefallen. Dieß eigene Denken unterſcheidet ſich von dem freien Denken ähnlich, wie die ei¬ gene Sinnlichkeit, welche Ich nach Gefallen befriedige, von der freien, unbändigen, der Ich erliege. Feuerbach pocht in den „Grundſätzen der Philoſophie der Zukunft“ immer auf das Sein. Darin bleibt auch er, bei aller Gegnerſchaft gegen Hegel und die abſolute Philoſophie, in der Abſtraction ſtecken; denn „das Sein“ iſt Abſtraction, wie ſelbſt „das Ich“. Nur Ich bin nicht Abſtraction allein, Ich bin Alles in Allem, folglich ſelbſt Abſtraction oder Nichts, Ich bin Alles und Nichts; Ich bin kein bloßer Gedanke, aber Ich bin zugleich voller Gedanken, eine Gedankenwelt. Hegel verurtheilt das Eigene, das Meinige, die — „Meinung“. Das „abſolute Denken“ iſt dasjenige Denken, welches vergißt, daß es mein Denken iſt, daß Ich denke und daß es nur durch Mich iſt. Als Ich aber verſchlinge Ich das Meinige wieder, bin Herr deſſelben, es iſt nur meine Meinung, die Ich in jedem Augenblicke ändern, d. h. vernichten, in Mich zurücknehmen und aufzehren kann. Feuerbach will Hegel's „abſolutes Denken“ durch das unüberwundene Sein ſchlagen. Das Sein iſt aber in Mir ſo gut überwunden als das Denken. Es iſt mein Sinn, wie jenes mein Denken. Dabei kommt Feuerbach natürlich nicht weiter, als zu dem an ſich trivialen Beweiſe, daß Ich die Sinne zu Allem brauche oder daß Ich dieſe Organe nicht gänzlich entbehren

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/462>, abgerufen am 23.11.2024.