andere gescheidter sind. In den letzteren sind die Individuen "freier", weil weniger geschuhriegelt. Frei aber bin Ich in keinem Staate. Die gerühmte Toleranz der Staaten ist eben nur ein Toleriren des "Unschädlichen", "Ungefährlichen", ist nur Erhebung über den Kleinlichkeitssinn, nur eine achtungs¬ weithere, großartigere, stolzere -- Despotie. Ein gewisser Staat schien eine Zeit lang ziemlich erhaben über die literarischen Kämpfe sein zu wollen, die mit aller Hitze geführt werden durften; England ist erhaben über das Volksgewühl und -- Tabackrauchen. Aber wehe der Literatur, die dem Staate selbst an den Leib geht, wehe den Volksrottirungen, die den Staat "gefährden". In jenem gewissen Staate träumt man von einer "freien Wissenschaft", in England von einem "freien Volksleben".
Der Staat läßt die Individuen wohl möglichst frei spie¬ len, nur Ernst dürfen sie nicht machen, dürfen ihn nicht vergessen. Der Mensch darf nicht unbekümmert mit dem Menschen verkehren, nicht ohne "höhere Aufsicht und Vermitt¬ lung". Ich darf nicht Alles leisten, was Ich vermag, son¬ dern nur so viel, als der Staat erlaubt, Ich darf nicht meine Gedanken verwerthen, nicht meine Arbeit, überhaupt nichts Meiniges.
Der Staat hat immer nur den Zweck, den Einzelnen zu beschränken, zu bändigen, zu subordiniren, ihn irgend einem Allgemeinen Unterthan zu machen; er dauert nur so lange, als der Einzelne nicht Alles in Allem ist, und ist nur die deutlich ausgeprägte Beschränktheit Meiner, meine Be¬ schränkung, meine Sklaverei. Niemals zielt ein Staat dahin, die freie Thätigkeit der Einzelnen herbeizuführen, sondern stets die an den Staatszweck gebundene. Durch den Staat
andere geſcheidter ſind. In den letzteren ſind die Individuen „freier“, weil weniger geſchuhriegelt. Frei aber bin Ich in keinem Staate. Die gerühmte Toleranz der Staaten iſt eben nur ein Toleriren des „Unſchädlichen“, „Ungefährlichen“, iſt nur Erhebung über den Kleinlichkeitsſinn, nur eine achtungs¬ weithere, großartigere, ſtolzere — Despotie. Ein gewiſſer Staat ſchien eine Zeit lang ziemlich erhaben über die literariſchen Kämpfe ſein zu wollen, die mit aller Hitze geführt werden durften; England iſt erhaben über das Volksgewühl und — Tabackrauchen. Aber wehe der Literatur, die dem Staate ſelbſt an den Leib geht, wehe den Volksrottirungen, die den Staat „gefährden“. In jenem gewiſſen Staate träumt man von einer „freien Wiſſenſchaft“, in England von einem „freien Volksleben“.
Der Staat läßt die Individuen wohl möglichſt frei ſpie¬ len, nur Ernſt dürfen ſie nicht machen, dürfen ihn nicht vergeſſen. Der Menſch darf nicht unbekümmert mit dem Menſchen verkehren, nicht ohne „höhere Aufſicht und Vermitt¬ lung“. Ich darf nicht Alles leiſten, was Ich vermag, ſon¬ dern nur ſo viel, als der Staat erlaubt, Ich darf nicht meine Gedanken verwerthen, nicht meine Arbeit, überhaupt nichts Meiniges.
Der Staat hat immer nur den Zweck, den Einzelnen zu beſchränken, zu bändigen, zu ſubordiniren, ihn irgend einem Allgemeinen Unterthan zu machen; er dauert nur ſo lange, als der Einzelne nicht Alles in Allem iſt, und iſt nur die deutlich ausgeprägte Beſchränktheit Meiner, meine Be¬ ſchränkung, meine Sklaverei. Niemals zielt ein Staat dahin, die freie Thätigkeit der Einzelnen herbeizuführen, ſondern ſtets die an den Staatszweck gebundene. Durch den Staat
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andere geſcheidter ſind. In den letzteren ſind die Individuen
„freier“, weil weniger geſchuhriegelt. Frei aber bin Ich in
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eben nur ein Toleriren des „Unſchädlichen“, „Ungefährlichen“,
iſt nur Erhebung über den Kleinlichkeitsſinn, nur eine achtungs¬
weithere, großartigere, ſtolzere — Despotie. Ein gewiſſer Staat
ſchien eine Zeit lang ziemlich erhaben über die literariſchen
Kämpfe ſein zu wollen, die mit aller Hitze geführt werden
durften; England iſt erhaben über das Volksgewühl und
— Tabackrauchen. Aber wehe der Literatur, die dem Staate
ſelbſt an den Leib geht, wehe den Volksrottirungen, die den
Staat „gefährden“. In jenem gewiſſen Staate träumt man
von einer „freien Wiſſenſchaft“, in England von einem „freien
Volksleben“.
Der Staat läßt die Individuen wohl möglichſt frei ſpie¬
len, nur Ernſt dürfen ſie nicht machen, dürfen ihn nicht
vergeſſen. Der Menſch darf nicht unbekümmert mit dem
Menſchen verkehren, nicht ohne „höhere Aufſicht und Vermitt¬
lung“. Ich darf nicht Alles leiſten, was Ich vermag, ſon¬
dern nur ſo viel, als der Staat erlaubt, Ich darf nicht meine
Gedanken verwerthen, nicht meine Arbeit, überhaupt nichts
Meiniges.
Der Staat hat immer nur den Zweck, den Einzelnen zu
beſchränken, zu bändigen, zu ſubordiniren, ihn irgend einem
Allgemeinen Unterthan zu machen; er dauert nur ſo lange,
als der Einzelne nicht Alles in Allem iſt, und iſt nur die
deutlich ausgeprägte Beſchränktheit Meiner, meine Be¬
ſchränkung, meine Sklaverei. Niemals zielt ein Staat dahin,
die freie Thätigkeit der Einzelnen herbeizuführen, ſondern ſtets
die an den Staatszweck gebundene. Durch den Staat
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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/306>, abgerufen am 27.11.2024.
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