kommt auch nichts Gemeinsames zu Stande, so wenig als man ein Gewebe die gemeinsame Arbeit aller einzelnen Theile einer Maschine nennen kann: es ist vielmehr die Arbeit der ganzen Maschine als einer Einheit, ist Maschinenarbeit. In derselben Art geschieht auch Alles durch die Staats¬ maschine; denn sie bewegt das Räderwerk der einzelnen Gei¬ ster, deren keiner seinem eigenen Antriebe folgt. Jede freie Thätigkeit sucht der Staat durch seine Censur, seine Ueber¬ wachung, seine Polizei zu hemmen, und hält diese Hemmung für seine Pflicht, weil sie in Wahrheit Pflicht der Selbsterhal¬ tung ist. Der Staat will aus den Menschen etwas machen, darum leben in ihm nur gemachte Menschen; jeder, der Er Selbst sein will, ist sein Gegner und ist nichts. "Er ist nichts" heißt so viel, als: der Staat verwendet ihn nicht, überläßt ihm keine Stellung, kein Amt, kein Gewerbe u. dergl.
E. Bauer *)träumt in den liberalen Bestrebungen II,50 noch von einer "Regierung, welche aus dem Volke hervorgehend, nie gegen dasselbe in Opposition stehen könne". Zwar nimmt er (S. 69) das Wort "Regierung" selbst zurück: "In der Republik gilt gar keine Regierung, sondern nur eine ausführende Gewalt. Eine Gewalt, welche rein und allein aus dem Volke hervorgeht, welche nicht dem Volke gegenüber eine selbständige Macht, selbständige Principien, selbständige Beamten hat, son¬ dern welche in der einzigen, obersten Staatsgewalt, in dem Volke ihre Begründung, die Quelle ihrer Macht und ihrer Principien hat. Der Begriff Regierung paßt also gar nicht
*) Vom Nachfolgenden gilt, was in der Schlußanmerkung hinter dem humanen Liberalismus gesagt wurde, daß es nämlich ebenfalls gleich nach dem Erscheinen des angeführten Buches niedergeschrieben wurde.
kommt auch nichts Gemeinſames zu Stande, ſo wenig als man ein Gewebe die gemeinſame Arbeit aller einzelnen Theile einer Maſchine nennen kann: es iſt vielmehr die Arbeit der ganzen Maſchine als einer Einheit, iſt Maſchinenarbeit. In derſelben Art geſchieht auch Alles durch die Staats¬ maſchine; denn ſie bewegt das Räderwerk der einzelnen Gei¬ ſter, deren keiner ſeinem eigenen Antriebe folgt. Jede freie Thätigkeit ſucht der Staat durch ſeine Cenſur, ſeine Ueber¬ wachung, ſeine Polizei zu hemmen, und hält dieſe Hemmung für ſeine Pflicht, weil ſie in Wahrheit Pflicht der Selbſterhal¬ tung iſt. Der Staat will aus den Menſchen etwas machen, darum leben in ihm nur gemachte Menſchen; jeder, der Er Selbſt ſein will, iſt ſein Gegner und iſt nichts. „Er iſt nichts“ heißt ſo viel, als: der Staat verwendet ihn nicht, überläßt ihm keine Stellung, kein Amt, kein Gewerbe u. dergl.
E. Bauer *)träumt in den liberalen Beſtrebungen II,50 noch von einer „Regierung, welche aus dem Volke hervorgehend, nie gegen daſſelbe in Oppoſition ſtehen könne“. Zwar nimmt er (S. 69) das Wort „Regierung“ ſelbſt zurück: „In der Republik gilt gar keine Regierung, ſondern nur eine ausführende Gewalt. Eine Gewalt, welche rein und allein aus dem Volke hervorgeht, welche nicht dem Volke gegenüber eine ſelbſtändige Macht, ſelbſtändige Principien, ſelbſtändige Beamten hat, ſon¬ dern welche in der einzigen, oberſten Staatsgewalt, in dem Volke ihre Begründung, die Quelle ihrer Macht und ihrer Principien hat. Der Begriff Regierung paßt alſo gar nicht
*) Vom Nachfolgenden gilt, was in der Schlußanmerkung hinter dem humanen Liberalismus geſagt wurde, daß es nämlich ebenfalls gleich nach dem Erſcheinen des angeführten Buches niedergeſchrieben wurde.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0307"n="299"/>
kommt auch nichts <hirendition="#g">Gemeinſames</hi> zu Stande, ſo wenig als<lb/>
man ein Gewebe die gemeinſame Arbeit aller einzelnen Theile<lb/>
einer Maſchine nennen kann: es iſt vielmehr die Arbeit der<lb/>
ganzen Maſchine als einer Einheit, iſt <hirendition="#g">Maſchinenarbeit</hi>.<lb/>
In derſelben Art geſchieht auch Alles durch die <hirendition="#g">Staats¬<lb/>
maſchine</hi>; denn ſie bewegt das Räderwerk der einzelnen Gei¬<lb/>ſter, deren keiner ſeinem eigenen Antriebe folgt. Jede freie<lb/>
Thätigkeit ſucht der Staat durch ſeine Cenſur, ſeine Ueber¬<lb/>
wachung, ſeine Polizei zu hemmen, und hält dieſe Hemmung<lb/>
für ſeine Pflicht, weil ſie in Wahrheit Pflicht der Selbſterhal¬<lb/>
tung iſt. Der Staat will aus den Menſchen etwas machen,<lb/>
darum leben in ihm nur <hirendition="#g">gemachte</hi> Menſchen; jeder, der Er<lb/>
Selbſt ſein will, iſt ſein Gegner und iſt nichts. „Er iſt nichts“<lb/>
heißt ſo viel, als: der Staat verwendet ihn nicht, überläßt ihm<lb/>
keine Stellung, kein Amt, kein Gewerbe u. dergl.</p><lb/><p>E. Bauer <noteplace="foot"n="*)"><lb/>
Vom Nachfolgenden gilt, was in der Schlußanmerkung hinter<lb/>
dem humanen Liberalismus geſagt wurde, daß es nämlich ebenfalls gleich<lb/>
nach dem Erſcheinen des angeführten Buches niedergeſchrieben wurde.</note>träumt in den liberalen Beſtrebungen <hirendition="#aq">II</hi>,50<lb/>
noch von einer „Regierung, welche aus dem Volke hervorgehend,<lb/>
nie gegen daſſelbe in Oppoſition ſtehen könne“. Zwar nimmt<lb/>
er (S. 69) das Wort „Regierung“ſelbſt zurück: „In der<lb/>
Republik gilt gar keine Regierung, ſondern nur eine ausführende<lb/>
Gewalt. Eine Gewalt, welche rein und allein aus dem Volke<lb/>
hervorgeht, welche nicht dem Volke gegenüber eine ſelbſtändige<lb/>
Macht, ſelbſtändige Principien, ſelbſtändige Beamten hat, ſon¬<lb/>
dern welche in der einzigen, oberſten Staatsgewalt, in dem<lb/>
Volke ihre Begründung, die Quelle ihrer Macht und ihrer<lb/>
Principien hat. Der Begriff Regierung paßt alſo gar nicht<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[299/0307]
kommt auch nichts Gemeinſames zu Stande, ſo wenig als
man ein Gewebe die gemeinſame Arbeit aller einzelnen Theile
einer Maſchine nennen kann: es iſt vielmehr die Arbeit der
ganzen Maſchine als einer Einheit, iſt Maſchinenarbeit.
In derſelben Art geſchieht auch Alles durch die Staats¬
maſchine; denn ſie bewegt das Räderwerk der einzelnen Gei¬
ſter, deren keiner ſeinem eigenen Antriebe folgt. Jede freie
Thätigkeit ſucht der Staat durch ſeine Cenſur, ſeine Ueber¬
wachung, ſeine Polizei zu hemmen, und hält dieſe Hemmung
für ſeine Pflicht, weil ſie in Wahrheit Pflicht der Selbſterhal¬
tung iſt. Der Staat will aus den Menſchen etwas machen,
darum leben in ihm nur gemachte Menſchen; jeder, der Er
Selbſt ſein will, iſt ſein Gegner und iſt nichts. „Er iſt nichts“
heißt ſo viel, als: der Staat verwendet ihn nicht, überläßt ihm
keine Stellung, kein Amt, kein Gewerbe u. dergl.
E. Bauer *)träumt in den liberalen Beſtrebungen II,50
noch von einer „Regierung, welche aus dem Volke hervorgehend,
nie gegen daſſelbe in Oppoſition ſtehen könne“. Zwar nimmt
er (S. 69) das Wort „Regierung“ ſelbſt zurück: „In der
Republik gilt gar keine Regierung, ſondern nur eine ausführende
Gewalt. Eine Gewalt, welche rein und allein aus dem Volke
hervorgeht, welche nicht dem Volke gegenüber eine ſelbſtändige
Macht, ſelbſtändige Principien, ſelbſtändige Beamten hat, ſon¬
dern welche in der einzigen, oberſten Staatsgewalt, in dem
Volke ihre Begründung, die Quelle ihrer Macht und ihrer
Principien hat. Der Begriff Regierung paßt alſo gar nicht
*)
Vom Nachfolgenden gilt, was in der Schlußanmerkung hinter
dem humanen Liberalismus geſagt wurde, daß es nämlich ebenfalls gleich
nach dem Erſcheinen des angeführten Buches niedergeſchrieben wurde.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/307>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.