nen hatten, und nie ein Stükchen Mond an dem Himmel zu erbliken gewesen war, geschah etwas anderes. Es fing der Himmel an, heller zu werden, langsam heller, aber doch zu erkennen; es wurde seine Farbe sichtbar, die bleichsten Sterne erloschen, und die anderen standen nicht mehr so dicht. Endlich wichen auch die stärkeren, und der Schnee vor den Höhen wurde deutlicher sichtbar. Zulezt färbte sich eine Him¬ melsgegend gelb, und ein Wolkenstreifen, der in der¬ selben war, wurde zu einem leuchtenden Faden ent¬ zündet. Alle Dinge waren klar zu sehen, und die entfernten Schneehügel zeichneten sich scharf in die Luft.
"Sanna, der Tag bricht an," sagte der Knabe.
"Ja, Konrad," antwortete das Mädchen.
"Wenn es nur noch ein bischen heller wird, dann gehen wir aus der Höhle, und laufen über den Berg hinunter."
Es wurde heller, an dem ganzen Himmel war kein Stern mehr sichtbar, und alle Gegenstände stan¬ den in der Morgendämmerung da.
"Nun jezt gehen wir," sagte der Knabe.
"Ja, wir gehen," antwortete Sanna.
Die Kinder standen auf, und versuchten ihre erst heute recht müden Glieder. Obwohl sie nichts geschla¬
nen hatten, und nie ein Stükchen Mond an dem Himmel zu erbliken geweſen war, geſchah etwas anderes. Es fing der Himmel an, heller zu werden, langſam heller, aber doch zu erkennen; es wurde ſeine Farbe ſichtbar, die bleichſten Sterne erloſchen, und die anderen ſtanden nicht mehr ſo dicht. Endlich wichen auch die ſtärkeren, und der Schnee vor den Höhen wurde deutlicher ſichtbar. Zulezt färbte ſich eine Him¬ melsgegend gelb, und ein Wolkenſtreifen, der in der¬ ſelben war, wurde zu einem leuchtenden Faden ent¬ zündet. Alle Dinge waren klar zu ſehen, und die entfernten Schneehügel zeichneten ſich ſcharf in die Luft.
„Sanna, der Tag bricht an,“ ſagte der Knabe.
„Ja, Konrad,“ antwortete das Mädchen.
„Wenn es nur noch ein bischen heller wird, dann gehen wir aus der Höhle, und laufen über den Berg hinunter.“
Es wurde heller, an dem ganzen Himmel war kein Stern mehr ſichtbar, und alle Gegenſtände ſtan¬ den in der Morgendämmerung da.
„Nun jezt gehen wir,“ ſagte der Knabe.
„Ja, wir gehen,“ antwortete Sanna.
Die Kinder ſtanden auf, und verſuchten ihre erſt heute recht müden Glieder. Obwohl ſie nichts geſchla¬
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nen hatten, und nie ein Stükchen Mond an dem
Himmel zu erbliken geweſen war, geſchah etwas
anderes. Es fing der Himmel an, heller zu werden,
langſam heller, aber doch zu erkennen; es wurde ſeine
Farbe ſichtbar, die bleichſten Sterne erloſchen, und die
anderen ſtanden nicht mehr ſo dicht. Endlich wichen
auch die ſtärkeren, und der Schnee vor den Höhen
wurde deutlicher ſichtbar. Zulezt färbte ſich eine Him¬
melsgegend gelb, und ein Wolkenſtreifen, der in der¬
ſelben war, wurde zu einem leuchtenden Faden ent¬
zündet. Alle Dinge waren klar zu ſehen, und die
entfernten Schneehügel zeichneten ſich ſcharf in die
Luft.
„Sanna, der Tag bricht an,“ ſagte der Knabe.
„Ja, Konrad,“ antwortete das Mädchen.
„Wenn es nur noch ein bischen heller wird, dann
gehen wir aus der Höhle, und laufen über den Berg
hinunter.“
Es wurde heller, an dem ganzen Himmel war
kein Stern mehr ſichtbar, und alle Gegenſtände ſtan¬
den in der Morgendämmerung da.
„Nun jezt gehen wir,“ ſagte der Knabe.
„Ja, wir gehen,“ antwortete Sanna.
Die Kinder ſtanden auf, und verſuchten ihre erſt
heute recht müden Glieder. Obwohl ſie nichts geſchla¬
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/86>, abgerufen am 22.07.2024.
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