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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853.

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den herabhängenden grünen Haaren stehen, und die
Tannen die flachzeiligen glänzenden Nadeln auseinan¬
der breiten. Am Rande des Waldes sahen sie zurük, um
das Haus und den Garten zu sehen. Diese lagen winzig
unter ihnen, und die Scheiben der Glashäuser glänzten
wie die Täfelchen, die sie mit einer Steknadel oder mit
dem spizigen Messerlein der Großmutter aus dem
Steine gebrochen hatten.

Dann gingen sie in den Wald, wo es dunkel war,
wo die Beeren und Schwämme standen, die Moos¬
steine lagen, und ein Vogel durch die Stämme und
Zweige schoß. Sie pflükten keine Beeren, weil sie
nicht Zeit hatten, und weil schon der Sommer so
weit vorgerükt war, daß die Heidelbeere nicht mehr
gut war, die Himbeere schon aufgehört hatte, die
Brombeere noch nicht reif war, und die Erdbeere auf
dem Erdbeerenberge stand. Sie gingen auf dem san¬
digen Wege fort, den der Vater an vielen Stellen
hatte ausbessern lassen. Und als sie bei dem Holze
vorbei waren, das im Sommer geschlagen worden
war, und noch ein Weilchen auf dem Sandwege ge¬
gangen waren, kamen sie wieder aus dem Walde hinaus.

Sie sahen nun einen grauen Rasen vor sich, auf
dem viele Steine lagen, dann war ein Thal, und dann
stand der hohe Nußberg empor.

den herabhängenden grünen Haaren ſtehen, und die
Tannen die flachzeiligen glänzenden Nadeln auseinan¬
der breiten. Am Rande des Waldes ſahen ſie zurük, um
das Haus und den Garten zu ſehen. Dieſe lagen winzig
unter ihnen, und die Scheiben der Glashäuſer glänzten
wie die Täfelchen, die ſie mit einer Steknadel oder mit
dem ſpizigen Meſſerlein der Großmutter aus dem
Steine gebrochen hatten.

Dann gingen ſie in den Wald, wo es dunkel war,
wo die Beeren und Schwämme ſtanden, die Moos¬
ſteine lagen, und ein Vogel durch die Stämme und
Zweige ſchoß. Sie pflükten keine Beeren, weil ſie
nicht Zeit hatten, und weil ſchon der Sommer ſo
weit vorgerükt war, daß die Heidelbeere nicht mehr
gut war, die Himbeere ſchon aufgehört hatte, die
Brombeere noch nicht reif war, und die Erdbeere auf
dem Erdbeerenberge ſtand. Sie gingen auf dem ſan¬
digen Wege fort, den der Vater an vielen Stellen
hatte ausbeſſern laſſen. Und als ſie bei dem Holze
vorbei waren, das im Sommer geſchlagen worden
war, und noch ein Weilchen auf dem Sandwege ge¬
gangen waren, kamen ſie wieder aus dem Walde hinaus.

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dem viele Steine lagen, dann war ein Thal, und dann
ſtand der hohe Nußberg empor.

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[106/0117] den herabhängenden grünen Haaren ſtehen, und die Tannen die flachzeiligen glänzenden Nadeln auseinan¬ der breiten. Am Rande des Waldes ſahen ſie zurük, um das Haus und den Garten zu ſehen. Dieſe lagen winzig unter ihnen, und die Scheiben der Glashäuſer glänzten wie die Täfelchen, die ſie mit einer Steknadel oder mit dem ſpizigen Meſſerlein der Großmutter aus dem Steine gebrochen hatten. Dann gingen ſie in den Wald, wo es dunkel war, wo die Beeren und Schwämme ſtanden, die Moos¬ ſteine lagen, und ein Vogel durch die Stämme und Zweige ſchoß. Sie pflükten keine Beeren, weil ſie nicht Zeit hatten, und weil ſchon der Sommer ſo weit vorgerükt war, daß die Heidelbeere nicht mehr gut war, die Himbeere ſchon aufgehört hatte, die Brombeere noch nicht reif war, und die Erdbeere auf dem Erdbeerenberge ſtand. Sie gingen auf dem ſan¬ digen Wege fort, den der Vater an vielen Stellen hatte ausbeſſern laſſen. Und als ſie bei dem Holze vorbei waren, das im Sommer geſchlagen worden war, und noch ein Weilchen auf dem Sandwege ge¬ gangen waren, kamen ſie wieder aus dem Walde hinaus. Sie ſahen nun einen grauen Raſen vor ſich, auf dem viele Steine lagen, dann war ein Thal, und dann ſtand der hohe Nußberg empor.

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/117>, abgerufen am 07.05.2024.