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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

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erschienen war, und dort für kleine Gaben gespielt
habe. Aus Küchen habe er gerne Speisen, die man
ihm schenkte, in seinem Topfe fortgetragen. Daß er
in der Nähe seiner Wohnung gespielt habe, konnte
man nicht erfahren.

Von dem Verwalter des Perronschen Hauses
erfuhr mein Gatte, daß der Verstorbene zu irgend
einer Zeit, er wisse es selbst nicht mehr genau, wann
es gewesen, unentgeldlich in die unterirdische Woh¬
nung aufgenommen worden sei, um Pförtnerdienste
zu verrichten, obwohl bis dahin die Inwohner
Schlüssel zu dem rothen Pförtchen gehabt hatten, die
sie auch fernerhin noch behielten. Überhaupt konnte
von dem Verwalter des Perronschen Hauses nicht
viel in Erfahrung gebracht werden, da er sich der
Verfallenheit des Hauses wegen wenig um dasselbe
kümmerte, und von dem Besizer auch nicht dazu ange¬
halten wurde.

Eines Tages brachte mein Gatte einen großen
Stoß von Schriften in mein Zimmer, und reichte sie
mir. Ich sah sie an, blätterte sie durch, und sah, daß
es die Ausarbeitungen und schriftlichen Aufsäze des
Mädchens waren. Ich nahm mir nun, wenn ich Zeit
hatte, die Mühe, den größten Theil dieser Papiere
zu durchlesen. Was soll ich davon sagen? Ich würde

erſchienen war, und dort für kleine Gaben geſpielt
habe. Aus Küchen habe er gerne Speiſen, die man
ihm ſchenkte, in ſeinem Topfe fortgetragen. Daß er
in der Nähe ſeiner Wohnung geſpielt habe, konnte
man nicht erfahren.

Von dem Verwalter des Perronſchen Hauſes
erfuhr mein Gatte, daß der Verſtorbene zu irgend
einer Zeit, er wiſſe es ſelbſt nicht mehr genau, wann
es geweſen, unentgeldlich in die unterirdiſche Woh¬
nung aufgenommen worden ſei, um Pförtnerdienſte
zu verrichten, obwohl bis dahin die Inwohner
Schlüſſel zu dem rothen Pförtchen gehabt hatten, die
ſie auch fernerhin noch behielten. Überhaupt konnte
von dem Verwalter des Perronſchen Hauſes nicht
viel in Erfahrung gebracht werden, da er ſich der
Verfallenheit des Hauſes wegen wenig um dasſelbe
kümmerte, und von dem Beſizer auch nicht dazu ange¬
halten wurde.

Eines Tages brachte mein Gatte einen großen
Stoß von Schriften in mein Zimmer, und reichte ſie
mir. Ich ſah ſie an, blätterte ſie durch, und ſah, daß
es die Ausarbeitungen und ſchriftlichen Aufſäze des
Mädchens waren. Ich nahm mir nun, wenn ich Zeit
hatte, die Mühe, den größten Theil dieſer Papiere
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[263/0276] erſchienen war, und dort für kleine Gaben geſpielt habe. Aus Küchen habe er gerne Speiſen, die man ihm ſchenkte, in ſeinem Topfe fortgetragen. Daß er in der Nähe ſeiner Wohnung geſpielt habe, konnte man nicht erfahren. Von dem Verwalter des Perronſchen Hauſes erfuhr mein Gatte, daß der Verſtorbene zu irgend einer Zeit, er wiſſe es ſelbſt nicht mehr genau, wann es geweſen, unentgeldlich in die unterirdiſche Woh¬ nung aufgenommen worden ſei, um Pförtnerdienſte zu verrichten, obwohl bis dahin die Inwohner Schlüſſel zu dem rothen Pförtchen gehabt hatten, die ſie auch fernerhin noch behielten. Überhaupt konnte von dem Verwalter des Perronſchen Hauſes nicht viel in Erfahrung gebracht werden, da er ſich der Verfallenheit des Hauſes wegen wenig um dasſelbe kümmerte, und von dem Beſizer auch nicht dazu ange¬ halten wurde. Eines Tages brachte mein Gatte einen großen Stoß von Schriften in mein Zimmer, und reichte ſie mir. Ich ſah ſie an, blätterte ſie durch, und ſah, daß es die Ausarbeitungen und ſchriftlichen Aufſäze des Mädchens waren. Ich nahm mir nun, wenn ich Zeit hatte, die Mühe, den größten Theil dieſer Papiere zu durchleſen. Was ſoll ich davon ſagen? Ich würde

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/276>, abgerufen am 04.05.2024.