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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

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Nun stellt sich die Frage, was die Wirkung von
all diesen Dingen gewesen sei.

Die Summe, welche der Pfarrer erspart hatte,
und die, welche aus der Versteigerung seines Nach¬
lasses gelöst worden war, waren zusammen genommen
viel zu klein, als daß eine Schule daraus hätte ge¬
gründet werden können. Sie waren zu klein, um nur
ein mittleres Haus, wie sie in jener Gegend gebräuch¬
lich sind, zu bauen, geschweige denn ein Schulhaus
mit den Lehrzimmern und den Lehrerswohnungen,
ferner den Gehalt der Lehrer festzustellen, und den
früheren Lehrer zu entschädigen.

Es lag das in der Natur des Pfarrers, der die
Weltdinge nicht verstand, und dreimal beraubt werden
mußte, bis er das ersparte Geld auf Zinsen anlegte.

Aber wie das Böse stets in sich selber zweklos ist,
und im Weltplane keine Wirkung hat, das Gute aber
Früchte trägt, wenn es auch mit mangelhaften Mit¬
teln begonnen wird, so war es auch hier: "Gott
bedurfte zur Krönung dieses Werkes des Pfarrers
nicht." Als die Sache mit dem Testamente und dessen
Unzulänglichkeit bekannt wurde, traten gleich die
Wohlhabenden und Reichen in dem Umkreise zusam¬
men, und unterschrieben in Kurzem eine Summe, die
hinlänglich schien, alle Absichten des Pfarrers voll¬

Nun ſtellt ſich die Frage, was die Wirkung von
all dieſen Dingen geweſen ſei.

Die Summe, welche der Pfarrer erſpart hatte,
und die, welche aus der Verſteigerung ſeines Nach¬
laſſes gelöſt worden war, waren zuſammen genommen
viel zu klein, als daß eine Schule daraus hätte ge¬
gründet werden können. Sie waren zu klein, um nur
ein mittleres Haus, wie ſie in jener Gegend gebräuch¬
lich ſind, zu bauen, geſchweige denn ein Schulhaus
mit den Lehrzimmern und den Lehrerswohnungen,
ferner den Gehalt der Lehrer feſtzuſtellen, und den
früheren Lehrer zu entſchädigen.

Es lag das in der Natur des Pfarrers, der die
Weltdinge nicht verſtand, und dreimal beraubt werden
mußte, bis er das erſparte Geld auf Zinſen anlegte.

Aber wie das Böſe ſtets in ſich ſelber zweklos iſt,
und im Weltplane keine Wirkung hat, das Gute aber
Früchte trägt, wenn es auch mit mangelhaften Mit¬
teln begonnen wird, ſo war es auch hier: „Gott
bedurfte zur Krönung dieſes Werkes des Pfarrers
nicht.“ Als die Sache mit dem Teſtamente und deſſen
Unzulänglichkeit bekannt wurde, traten gleich die
Wohlhabenden und Reichen in dem Umkreiſe zuſam¬
men, und unterſchrieben in Kurzem eine Summe, die
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[192/0205] Nun ſtellt ſich die Frage, was die Wirkung von all dieſen Dingen geweſen ſei. Die Summe, welche der Pfarrer erſpart hatte, und die, welche aus der Verſteigerung ſeines Nach¬ laſſes gelöſt worden war, waren zuſammen genommen viel zu klein, als daß eine Schule daraus hätte ge¬ gründet werden können. Sie waren zu klein, um nur ein mittleres Haus, wie ſie in jener Gegend gebräuch¬ lich ſind, zu bauen, geſchweige denn ein Schulhaus mit den Lehrzimmern und den Lehrerswohnungen, ferner den Gehalt der Lehrer feſtzuſtellen, und den früheren Lehrer zu entſchädigen. Es lag das in der Natur des Pfarrers, der die Weltdinge nicht verſtand, und dreimal beraubt werden mußte, bis er das erſparte Geld auf Zinſen anlegte. Aber wie das Böſe ſtets in ſich ſelber zweklos iſt, und im Weltplane keine Wirkung hat, das Gute aber Früchte trägt, wenn es auch mit mangelhaften Mit¬ teln begonnen wird, ſo war es auch hier: „Gott bedurfte zur Krönung dieſes Werkes des Pfarrers nicht.“ Als die Sache mit dem Teſtamente und deſſen Unzulänglichkeit bekannt wurde, traten gleich die Wohlhabenden und Reichen in dem Umkreiſe zuſam¬ men, und unterſchrieben in Kurzem eine Summe, die hinlänglich ſchien, alle Abſichten des Pfarrers voll¬

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/205>, abgerufen am 30.04.2024.