wortete sie: "Freilich ist es schön, meine Mutter sagt: die Wäsche ist nach dem Silber das erste Gut in einem Hause, sie ist auch feines weißes Silber, und kann, wenn sie unrein ist, immer wieder zu feinem weißen Silber gereinigt werden. Sie gibt unser vornehmstes und nächstes Kleid. Darum hat die Mutter auch so viele Wäsche gesammelt, daß wir nach dem Tode des Vaters genug hatten, und darum hat sie auch die Reinigung der Wäsche für andere Leute übernommen, und läßt nicht zu, daß sie mit rauhen und unrechten Dingen angefaßt werde. Das Gold ist zwar auch kostbar, aber es ist kein Hausgeräthe mehr, sondern nur ein Schmuk." Ich erinnerte mich bei diesen Wor¬ ten wirklich, daß ich an dem Körper der Sprechenden immer am Rande des Halses oder an den Ärmeln die feinste weiße Wäsche gesehen hatte, und daß ihre Mutter immer eine schneeweiße Haube mit feiner Krause um das Angesicht trug."
"Von diesem Augenblike an begann ich von dem Gelde, welches mir der Bruder alle Vierteljahre zu¬ stellte, sehr schöne Wäsche, wie die der vornehmen Gräfin war, anzuschaffen, und mir alle Arten silberne Hausgeräthe zu kaufen."
"Einmal, da wir so bei einander standen, kam die Mutter in der Nähe vorüber, und rief: "Johanna,
wortete ſie: »Freilich iſt es ſchön, meine Mutter ſagt: die Wäſche iſt nach dem Silber das erſte Gut in einem Hauſe, ſie iſt auch feines weißes Silber, und kann, wenn ſie unrein iſt, immer wieder zu feinem weißen Silber gereinigt werden. Sie gibt unſer vornehmſtes und nächſtes Kleid. Darum hat die Mutter auch ſo viele Wäſche geſammelt, daß wir nach dem Tode des Vaters genug hatten, und darum hat ſie auch die Reinigung der Wäſche für andere Leute übernommen, und läßt nicht zu, daß ſie mit rauhen und unrechten Dingen angefaßt werde. Das Gold iſt zwar auch koſtbar, aber es iſt kein Hausgeräthe mehr, ſondern nur ein Schmuk.« Ich erinnerte mich bei dieſen Wor¬ ten wirklich, daß ich an dem Körper der Sprechenden immer am Rande des Halſes oder an den Ärmeln die feinſte weiße Wäſche geſehen hatte, und daß ihre Mutter immer eine ſchneeweiße Haube mit feiner Krauſe um das Angeſicht trug.“
„Von dieſem Augenblike an begann ich von dem Gelde, welches mir der Bruder alle Vierteljahre zu¬ ſtellte, ſehr ſchöne Wäſche, wie die der vornehmen Gräfin war, anzuſchaffen, und mir alle Arten ſilberne Hausgeräthe zu kaufen.“
„Einmal, da wir ſo bei einander ſtanden, kam die Mutter in der Nähe vorüber, und rief: »Johanna,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0179"n="166"/>
wortete ſie: »Freilich iſt es ſchön, meine Mutter ſagt:<lb/>
die Wäſche iſt nach dem Silber das erſte Gut in einem<lb/>
Hauſe, ſie iſt auch feines weißes Silber, und kann,<lb/>
wenn ſie unrein iſt, immer wieder zu feinem weißen<lb/>
Silber gereinigt werden. Sie gibt unſer vornehmſtes<lb/>
und nächſtes Kleid. Darum hat die Mutter auch ſo<lb/>
viele Wäſche geſammelt, daß wir nach dem Tode des<lb/>
Vaters genug hatten, und darum hat ſie auch die<lb/>
Reinigung der Wäſche für andere Leute übernommen,<lb/>
und läßt nicht zu, daß ſie mit rauhen und unrechten<lb/>
Dingen angefaßt werde. Das Gold iſt zwar auch<lb/>
koſtbar, aber es iſt kein Hausgeräthe mehr, ſondern<lb/>
nur ein Schmuk.« Ich erinnerte mich bei dieſen Wor¬<lb/>
ten wirklich, daß ich an dem Körper der Sprechenden<lb/>
immer am Rande des Halſes oder an den Ärmeln die<lb/>
feinſte weiße Wäſche geſehen hatte, und daß ihre<lb/>
Mutter immer eine ſchneeweiße Haube mit feiner<lb/>
Krauſe um das Angeſicht trug.“</p><lb/><p>„Von dieſem Augenblike an begann ich von dem<lb/>
Gelde, welches mir der Bruder alle Vierteljahre zu¬<lb/>ſtellte, ſehr ſchöne Wäſche, wie die der vornehmen<lb/>
Gräfin war, anzuſchaffen, und mir alle Arten ſilberne<lb/>
Hausgeräthe zu kaufen.“</p><lb/><p>„Einmal, da wir ſo bei einander ſtanden, kam die<lb/>
Mutter in der Nähe vorüber, und rief: »Johanna,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[166/0179]
wortete ſie: »Freilich iſt es ſchön, meine Mutter ſagt:
die Wäſche iſt nach dem Silber das erſte Gut in einem
Hauſe, ſie iſt auch feines weißes Silber, und kann,
wenn ſie unrein iſt, immer wieder zu feinem weißen
Silber gereinigt werden. Sie gibt unſer vornehmſtes
und nächſtes Kleid. Darum hat die Mutter auch ſo
viele Wäſche geſammelt, daß wir nach dem Tode des
Vaters genug hatten, und darum hat ſie auch die
Reinigung der Wäſche für andere Leute übernommen,
und läßt nicht zu, daß ſie mit rauhen und unrechten
Dingen angefaßt werde. Das Gold iſt zwar auch
koſtbar, aber es iſt kein Hausgeräthe mehr, ſondern
nur ein Schmuk.« Ich erinnerte mich bei dieſen Wor¬
ten wirklich, daß ich an dem Körper der Sprechenden
immer am Rande des Halſes oder an den Ärmeln die
feinſte weiße Wäſche geſehen hatte, und daß ihre
Mutter immer eine ſchneeweiße Haube mit feiner
Krauſe um das Angeſicht trug.“
„Von dieſem Augenblike an begann ich von dem
Gelde, welches mir der Bruder alle Vierteljahre zu¬
ſtellte, ſehr ſchöne Wäſche, wie die der vornehmen
Gräfin war, anzuſchaffen, und mir alle Arten ſilberne
Hausgeräthe zu kaufen.“
„Einmal, da wir ſo bei einander ſtanden, kam die
Mutter in der Nähe vorüber, und rief: »Johanna,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/179>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.