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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

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Ehre anzuthun, ein winziges Bischen von den Dingen,
nippte an dem Glase, und war nicht mehr zu bewegen,
etwas weiteres zu nehmen.

Ich aß von den aufgestellten Speisen nun auch
nur sehr weniges, und pakte dann alles wieder
zusammen, indem ich mich der Unhöflichkeit, die
ich eigentlich in der Übereilung begangen hatte,
schämte.

Ich that schnell einen Blik in das Angesicht des
Pfarrers; aber es sprach sich nicht der kleinste Zug
von Unfreundlichkeit aus.

Da der Tisch leer war, saßen wir noch eine Zeit
bei der Talgkerze, und sprachen. Dann schritt der
Pfarrer daran, mein Bett zu bereiten. Er trug eine
große wollene Deke herein, legte sie vierfach zusam¬
men, und that sie auf die Bank, die an der Mauer
stand. Aus einer ähnlichen Deke machte er ein Kissen.
Dann öffnete er einen der gelben Schreine, nahm ein
Leintuch von außerordentlicher Schönheit Feinheit
und Weiße heraus, that es auseinander, und brei¬
tete es über mein Lager. Als ich bei dem schwachen
Scheine der Kerze die ungemeine Trefflichkeit des
Linnenstückes gesehen, und dann unwillkührlich meine
Augen auf ihn gewendet hatte, erröthete er in seinem
Angesichte.

Ehre anzuthun, ein winziges Bischen von den Dingen,
nippte an dem Glaſe, und war nicht mehr zu bewegen,
etwas weiteres zu nehmen.

Ich aß von den aufgeſtellten Speiſen nun auch
nur ſehr weniges, und pakte dann alles wieder
zuſammen, indem ich mich der Unhöflichkeit, die
ich eigentlich in der Übereilung begangen hatte,
ſchämte.

Ich that ſchnell einen Blik in das Angeſicht des
Pfarrers; aber es ſprach ſich nicht der kleinſte Zug
von Unfreundlichkeit aus.

Da der Tiſch leer war, ſaßen wir noch eine Zeit
bei der Talgkerze, und ſprachen. Dann ſchritt der
Pfarrer daran, mein Bett zu bereiten. Er trug eine
große wollene Deke herein, legte ſie vierfach zuſam¬
men, und that ſie auf die Bank, die an der Mauer
ſtand. Aus einer ähnlichen Deke machte er ein Kiſſen.
Dann öffnete er einen der gelben Schreine, nahm ein
Leintuch von außerordentlicher Schönheit Feinheit
und Weiße heraus, that es auseinander, und brei¬
tete es über mein Lager. Als ich bei dem ſchwachen
Scheine der Kerze die ungemeine Trefflichkeit des
Linnenſtückes geſehen, und dann unwillkührlich meine
Augen auf ihn gewendet hatte, erröthete er in ſeinem
Angeſichte.

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[111/0124] Ehre anzuthun, ein winziges Bischen von den Dingen, nippte an dem Glaſe, und war nicht mehr zu bewegen, etwas weiteres zu nehmen. Ich aß von den aufgeſtellten Speiſen nun auch nur ſehr weniges, und pakte dann alles wieder zuſammen, indem ich mich der Unhöflichkeit, die ich eigentlich in der Übereilung begangen hatte, ſchämte. Ich that ſchnell einen Blik in das Angeſicht des Pfarrers; aber es ſprach ſich nicht der kleinſte Zug von Unfreundlichkeit aus. Da der Tiſch leer war, ſaßen wir noch eine Zeit bei der Talgkerze, und ſprachen. Dann ſchritt der Pfarrer daran, mein Bett zu bereiten. Er trug eine große wollene Deke herein, legte ſie vierfach zuſam¬ men, und that ſie auf die Bank, die an der Mauer ſtand. Aus einer ähnlichen Deke machte er ein Kiſſen. Dann öffnete er einen der gelben Schreine, nahm ein Leintuch von außerordentlicher Schönheit Feinheit und Weiße heraus, that es auseinander, und brei¬ tete es über mein Lager. Als ich bei dem ſchwachen Scheine der Kerze die ungemeine Trefflichkeit des Linnenſtückes geſehen, und dann unwillkührlich meine Augen auf ihn gewendet hatte, erröthete er in ſeinem Angeſichte.

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/124>, abgerufen am 04.05.2024.