Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

meinem Fache Messer und Gabeln. Dann schnitt ich
Scheibchen von feinem weißen Weizenbrote, das ich
wöchentlich zwei Mal kommen ließ, dann Scheibchen
von Schinken von kaltem Braten und Käse. Das
breitete ich auf den Tellern aus. Hierauf bath ich ihn
um eine Flasche Wassers; denn das allein, sagte ich,
führe ich nicht mit mir, da ich es in der Natur über¬
all finden müsse. Als er in einem Kruge Wasser
gebracht hatte, legte ich meine Trinkvorrichtungen
auseinander. Ich that die Flasche, die noch halb voll
Wein war, heraus, ich stellte die zwei Gläser --
eines habe ich immer zum Vorrathe -- auf den Tisch,
und dann zeigte ich ihm, wie ich den Wein kühle.
Das Glas wird in ein Fach von sehr lokerem Stoffe
gestellt, der Stoff mit einer sehr dünnen Flüssigkeit,
die Äther heißt, und die ich in einem Fläschchen
immer mit führe, befeuchtet, welche Flüssigkeit sehr
schnell und heftig verdünstet, und dabei eine Kälte
erzeugt, daß der Wein frischer wird, als wenn er eben
von dem Keller käme, ja als ob er sogar in Eis
stünde. Da ich auf diese Weise zwei Gläser Wein
aufgefrischt, mit Wasser vermischt, und eins auf sei¬
nen Plaz gestellt hatte, lud ich ihn ein, mit mir zu
speisen.

Er nahm, gleichsam um meiner Einladung die

meinem Fache Meſſer und Gabeln. Dann ſchnitt ich
Scheibchen von feinem weißen Weizenbrote, das ich
wöchentlich zwei Mal kommen ließ, dann Scheibchen
von Schinken von kaltem Braten und Käſe. Das
breitete ich auf den Tellern aus. Hierauf bath ich ihn
um eine Flaſche Waſſers; denn das allein, ſagte ich,
führe ich nicht mit mir, da ich es in der Natur über¬
all finden müſſe. Als er in einem Kruge Waſſer
gebracht hatte, legte ich meine Trinkvorrichtungen
auseinander. Ich that die Flaſche, die noch halb voll
Wein war, heraus, ich ſtellte die zwei Gläſer —
eines habe ich immer zum Vorrathe — auf den Tiſch,
und dann zeigte ich ihm, wie ich den Wein kühle.
Das Glas wird in ein Fach von ſehr lokerem Stoffe
geſtellt, der Stoff mit einer ſehr dünnen Flüſſigkeit,
die Äther heißt, und die ich in einem Fläſchchen
immer mit führe, befeuchtet, welche Flüſſigkeit ſehr
ſchnell und heftig verdünſtet, und dabei eine Kälte
erzeugt, daß der Wein friſcher wird, als wenn er eben
von dem Keller käme, ja als ob er ſogar in Eis
ſtünde. Da ich auf dieſe Weiſe zwei Gläſer Wein
aufgefriſcht, mit Waſſer vermiſcht, und eins auf ſei¬
nen Plaz geſtellt hatte, lud ich ihn ein, mit mir zu
ſpeiſen.

Er nahm, gleichſam um meiner Einladung die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0123" n="110"/>
meinem Fache Me&#x017F;&#x017F;er und Gabeln. Dann &#x017F;chnitt ich<lb/>
Scheibchen von feinem weißen Weizenbrote, das ich<lb/>
wöchentlich zwei Mal kommen ließ, dann Scheibchen<lb/>
von Schinken von kaltem Braten und Kä&#x017F;e. Das<lb/>
breitete ich auf den Tellern aus. Hierauf bath ich ihn<lb/>
um eine Fla&#x017F;che Wa&#x017F;&#x017F;ers; denn das allein, &#x017F;agte ich,<lb/>
führe ich nicht mit mir, da ich es in der Natur über¬<lb/>
all finden mü&#x017F;&#x017F;e. Als er in einem Kruge Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
gebracht hatte, legte ich meine Trinkvorrichtungen<lb/>
auseinander. Ich that die Fla&#x017F;che, die noch halb voll<lb/>
Wein war, heraus, ich &#x017F;tellte die zwei Glä&#x017F;er &#x2014;<lb/>
eines habe ich immer zum Vorrathe &#x2014; auf den Ti&#x017F;ch,<lb/>
und dann zeigte ich ihm, wie ich den Wein kühle.<lb/>
Das Glas wird in ein Fach von &#x017F;ehr lokerem Stoffe<lb/>
ge&#x017F;tellt, der Stoff mit einer &#x017F;ehr dünnen Flü&#x017F;&#x017F;igkeit,<lb/>
die Äther heißt, und die ich in einem Flä&#x017F;chchen<lb/>
immer mit führe, befeuchtet, welche Flü&#x017F;&#x017F;igkeit &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;chnell und heftig verdün&#x017F;tet, und dabei eine Kälte<lb/>
erzeugt, daß der Wein fri&#x017F;cher wird, als wenn er eben<lb/>
von dem Keller käme, ja als ob er &#x017F;ogar in Eis<lb/>
&#x017F;tünde. Da ich auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e zwei Glä&#x017F;er Wein<lb/>
aufgefri&#x017F;cht, mit Wa&#x017F;&#x017F;er vermi&#x017F;cht, und eins auf &#x017F;ei¬<lb/>
nen Plaz ge&#x017F;tellt hatte, lud ich ihn ein, mit mir zu<lb/>
&#x017F;pei&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Er nahm, gleich&#x017F;am um meiner Einladung die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0123] meinem Fache Meſſer und Gabeln. Dann ſchnitt ich Scheibchen von feinem weißen Weizenbrote, das ich wöchentlich zwei Mal kommen ließ, dann Scheibchen von Schinken von kaltem Braten und Käſe. Das breitete ich auf den Tellern aus. Hierauf bath ich ihn um eine Flaſche Waſſers; denn das allein, ſagte ich, führe ich nicht mit mir, da ich es in der Natur über¬ all finden müſſe. Als er in einem Kruge Waſſer gebracht hatte, legte ich meine Trinkvorrichtungen auseinander. Ich that die Flaſche, die noch halb voll Wein war, heraus, ich ſtellte die zwei Gläſer — eines habe ich immer zum Vorrathe — auf den Tiſch, und dann zeigte ich ihm, wie ich den Wein kühle. Das Glas wird in ein Fach von ſehr lokerem Stoffe geſtellt, der Stoff mit einer ſehr dünnen Flüſſigkeit, die Äther heißt, und die ich in einem Fläſchchen immer mit führe, befeuchtet, welche Flüſſigkeit ſehr ſchnell und heftig verdünſtet, und dabei eine Kälte erzeugt, daß der Wein friſcher wird, als wenn er eben von dem Keller käme, ja als ob er ſogar in Eis ſtünde. Da ich auf dieſe Weiſe zwei Gläſer Wein aufgefriſcht, mit Waſſer vermiſcht, und eins auf ſei¬ nen Plaz geſtellt hatte, lud ich ihn ein, mit mir zu ſpeiſen. Er nahm, gleichſam um meiner Einladung die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/123
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/123>, abgerufen am 05.05.2024.