Hierauf machte ich einen Spaziergang. Ich ging in dem Garten meinen gewöhnlichen Weg zu dem großen Kirschbaume hinauf. Aus dem in dem Schnee wohl ausgetretenen Pfade sah ich, daß hier häufig gegangen werde, und daß der Garten im Winter nicht verwaist ist, wie es bei so vielen Gärten ge¬ schieht, und wie es aber auch bei meinen Eltern nicht geduldet wird, denen der Garten auch im Winter ein Freund ist. Selbst die Nebenpfade waren gut ausge¬ treten, und an manchen Stellen sah ich, daß man nach dauerndem Schneefalle auch die Schaufel ange¬ wendet habe. Die zarteren Bäumchen und Gewächse waren mit Stroh verwahrt, alles, was hinter Glas stehen sollte, war wohl geschlossen und durch Ver¬ dämmungen geschüzt, und alle Beete und alle Räume, die in ihrer Schneehülle dalagen, waren durch die um sie geführten Wege gleichsam eingerahmt und geord¬ net. Die Zweige der Bäume waren von ihrem Reife befreit, der Schnee, der in kleinen Kügelchen daher jagte, konnte auf ihnen nicht haften, und sie standen desto dunkler und beinahe schwarz von dem umgeben¬ den Schnee ab. Sie beugten sich im Winde, und sausten dort, wo sie in mächtigen Abtheilungen einem großen Baume angehörten, und in ihrer Dichtheit
Hierauf machte ich einen Spaziergang. Ich ging in dem Garten meinen gewöhnlichen Weg zu dem großen Kirſchbaume hinauf. Aus dem in dem Schnee wohl ausgetretenen Pfade ſah ich, daß hier häufig gegangen werde, und daß der Garten im Winter nicht verwaiſt iſt, wie es bei ſo vielen Gärten ge¬ ſchieht, und wie es aber auch bei meinen Eltern nicht geduldet wird, denen der Garten auch im Winter ein Freund iſt. Selbſt die Nebenpfade waren gut ausge¬ treten, und an manchen Stellen ſah ich, daß man nach dauerndem Schneefalle auch die Schaufel ange¬ wendet habe. Die zarteren Bäumchen und Gewächſe waren mit Stroh verwahrt, alles, was hinter Glas ſtehen ſollte, war wohl geſchloſſen und durch Ver¬ dämmungen geſchüzt, und alle Beete und alle Räume, die in ihrer Schneehülle dalagen, waren durch die um ſie geführten Wege gleichſam eingerahmt und geord¬ net. Die Zweige der Bäume waren von ihrem Reife befreit, der Schnee, der in kleinen Kügelchen daher jagte, konnte auf ihnen nicht haften, und ſie ſtanden deſto dunkler und beinahe ſchwarz von dem umgeben¬ den Schnee ab. Sie beugten ſich im Winde, und ſauſten dort, wo ſie in mächtigen Abtheilungen einem großen Baume angehörten, und in ihrer Dichtheit
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Hierauf machte ich einen Spaziergang. Ich ging
in dem Garten meinen gewöhnlichen Weg zu dem
großen Kirſchbaume hinauf. Aus dem in dem Schnee
wohl ausgetretenen Pfade ſah ich, daß hier häufig
gegangen werde, und daß der Garten im Winter
nicht verwaiſt iſt, wie es bei ſo vielen Gärten ge¬
ſchieht, und wie es aber auch bei meinen Eltern nicht
geduldet wird, denen der Garten auch im Winter ein
Freund iſt. Selbſt die Nebenpfade waren gut ausge¬
treten, und an manchen Stellen ſah ich, daß man
nach dauerndem Schneefalle auch die Schaufel ange¬
wendet habe. Die zarteren Bäumchen und Gewächſe
waren mit Stroh verwahrt, alles, was hinter Glas
ſtehen ſollte, war wohl geſchloſſen und durch Ver¬
dämmungen geſchüzt, und alle Beete und alle Räume,
die in ihrer Schneehülle dalagen, waren durch die um
ſie geführten Wege gleichſam eingerahmt und geord¬
net. Die Zweige der Bäume waren von ihrem Reife
befreit, der Schnee, der in kleinen Kügelchen daher
jagte, konnte auf ihnen nicht haften, und ſie ſtanden
deſto dunkler und beinahe ſchwarz von dem umgeben¬
den Schnee ab. Sie beugten ſich im Winde, und
ſauſten dort, wo ſie in mächtigen Abtheilungen einem
großen Baume angehörten, und in ihrer Dichtheit
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/188>, abgerufen am 25.11.2024.
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