Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

des Schornsteins verließ, wurde er von dem Winde
genommen, in Flatterzeug verwandelt, und nach ver¬
schiedenen Richtungen gerissen. Auch waren nicht die
grünen Wipfel da, an denen er damals empor gestie¬
gen war, sondern die nakten Äste mit den feinen Ru¬
then der Zweige standen empor, und neigten sich im
Winde über das Haus herüber. Auf dem Dache des¬
selben lag der Schnee. Von Tönen konnten wir bei
dieser Annäherung aus dem Innern nichts hören, weil
außen das Sausen des Windes um uns war.

Da wir eingetreten waren, kam uns Eustach ent¬
gegen, und er grüßte mich noch freundlicher und herz¬
licher, als er es sonst immer gethan hatte. Ich be¬
merkte, daß um zwei Arbeiter mehr als gewöhnlich in
dem Hause beschäftigt waren. Es mußte also viele
oder dringende Arbeit geben. Die Wärme gegen den
Wind draußen empfing uns angenehm und wohnlich
im Hause. Eustach geleitete uns durch die Werkstube
in sein Gemach. Ich sagte ihm, daß ich gekommen
sei, um auch einen kleinen Theil des Winters in dem
Asperhofe zu bleiben, den ich in demselben nie gesehen,
und den ich mir meistens in der Stadt verlebt habe,
wo seine Wesenheit durch die vielen Häuser und durch
die vielen Anstalten gegen ihn gebrochen werde.

des Schornſteins verließ, wurde er von dem Winde
genommen, in Flatterzeug verwandelt, und nach ver¬
ſchiedenen Richtungen geriſſen. Auch waren nicht die
grünen Wipfel da, an denen er damals empor geſtie¬
gen war, ſondern die nakten Äſte mit den feinen Ru¬
then der Zweige ſtanden empor, und neigten ſich im
Winde über das Haus herüber. Auf dem Dache des¬
ſelben lag der Schnee. Von Tönen konnten wir bei
dieſer Annäherung aus dem Innern nichts hören, weil
außen das Sauſen des Windes um uns war.

Da wir eingetreten waren, kam uns Euſtach ent¬
gegen, und er grüßte mich noch freundlicher und herz¬
licher, als er es ſonſt immer gethan hatte. Ich be¬
merkte, daß um zwei Arbeiter mehr als gewöhnlich in
dem Hauſe beſchäftigt waren. Es mußte alſo viele
oder dringende Arbeit geben. Die Wärme gegen den
Wind draußen empfing uns angenehm und wohnlich
im Hauſe. Euſtach geleitete uns durch die Werkſtube
in ſein Gemach. Ich ſagte ihm, daß ich gekommen
ſei, um auch einen kleinen Theil des Winters in dem
Asperhofe zu bleiben, den ich in demſelben nie geſehen,
und den ich mir meiſtens in der Stadt verlebt habe,
wo ſeine Weſenheit durch die vielen Häuſer und durch
die vielen Anſtalten gegen ihn gebrochen werde.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0184" n="170"/>
des Schorn&#x017F;teins verließ, wurde er von dem Winde<lb/>
genommen, in Flatterzeug verwandelt, und nach ver¬<lb/>
&#x017F;chiedenen Richtungen geri&#x017F;&#x017F;en. Auch waren nicht die<lb/>
grünen Wipfel da, an denen er damals empor ge&#x017F;tie¬<lb/>
gen war, &#x017F;ondern die nakten Ä&#x017F;te mit den feinen Ru¬<lb/>
then der Zweige &#x017F;tanden empor, und neigten &#x017F;ich im<lb/>
Winde über das Haus herüber. Auf dem Dache des¬<lb/>
&#x017F;elben lag der Schnee. Von Tönen konnten wir bei<lb/>
die&#x017F;er Annäherung aus dem Innern nichts hören, weil<lb/>
außen das Sau&#x017F;en des Windes um uns war.</p><lb/>
        <p>Da wir eingetreten waren, kam uns Eu&#x017F;tach ent¬<lb/>
gegen, und er grüßte mich noch freundlicher und herz¬<lb/>
licher, als er es &#x017F;on&#x017F;t immer gethan hatte. Ich be¬<lb/>
merkte, daß um zwei Arbeiter mehr als gewöhnlich in<lb/>
dem Hau&#x017F;e be&#x017F;chäftigt waren. Es mußte al&#x017F;o viele<lb/>
oder dringende Arbeit geben. Die Wärme gegen den<lb/>
Wind draußen empfing uns angenehm und wohnlich<lb/>
im Hau&#x017F;e. Eu&#x017F;tach geleitete uns durch die Werk&#x017F;tube<lb/>
in &#x017F;ein Gemach. Ich &#x017F;agte ihm, daß ich gekommen<lb/>
&#x017F;ei, um auch einen kleinen Theil des Winters in dem<lb/>
Asperhofe zu bleiben, den ich in dem&#x017F;elben nie ge&#x017F;ehen,<lb/>
und den ich mir mei&#x017F;tens in der Stadt verlebt habe,<lb/>
wo &#x017F;eine We&#x017F;enheit durch die vielen Häu&#x017F;er und durch<lb/>
die vielen An&#x017F;talten gegen ihn gebrochen werde.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0184] des Schornſteins verließ, wurde er von dem Winde genommen, in Flatterzeug verwandelt, und nach ver¬ ſchiedenen Richtungen geriſſen. Auch waren nicht die grünen Wipfel da, an denen er damals empor geſtie¬ gen war, ſondern die nakten Äſte mit den feinen Ru¬ then der Zweige ſtanden empor, und neigten ſich im Winde über das Haus herüber. Auf dem Dache des¬ ſelben lag der Schnee. Von Tönen konnten wir bei dieſer Annäherung aus dem Innern nichts hören, weil außen das Sauſen des Windes um uns war. Da wir eingetreten waren, kam uns Euſtach ent¬ gegen, und er grüßte mich noch freundlicher und herz¬ licher, als er es ſonſt immer gethan hatte. Ich be¬ merkte, daß um zwei Arbeiter mehr als gewöhnlich in dem Hauſe beſchäftigt waren. Es mußte alſo viele oder dringende Arbeit geben. Die Wärme gegen den Wind draußen empfing uns angenehm und wohnlich im Hauſe. Euſtach geleitete uns durch die Werkſtube in ſein Gemach. Ich ſagte ihm, daß ich gekommen ſei, um auch einen kleinen Theil des Winters in dem Asperhofe zu bleiben, den ich in demſelben nie geſehen, und den ich mir meiſtens in der Stadt verlebt habe, wo ſeine Weſenheit durch die vielen Häuſer und durch die vielen Anſtalten gegen ihn gebrochen werde.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/184
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/184>, abgerufen am 22.11.2024.