Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

Wir begaben uns zuerst zu Gustav, und ich begrüßte
ihn. Er flog an mein Herz, und sein Ziehvater sagte
ihm, er dürfe uns in das Schreinerhaus begleiten.
Er nahm gar kein Überkleid, sondern verwechselte nur
seinen Zimmerrock mit einem etwas wärmeren, und
war bereit, uns zu folgen. Wir gingen über die ge¬
meinschaftliche Treppe hinab, und als wir unten an¬
gekommen waren, sah ich, daß mein Gastfreund auch
heute an dem unfreundlichen Wintertage barhäuptig
ging. Gustav hatte eine ganz leichte Kappe auf dem
Haupte. Wir gingen über den Sandplaz dem Ge¬
büsche zu. Die Eiskörner, welche eine bereifte weiße
und rauhe Gestalt hatten, mischten sich mit den weißen
Haaren meines Freundes, und sprangen auf seinem
zwar nicht leichten aber doch nicht für eine strenge
Winterkälte eingerichteten Überrocke. Die Bäume
des Gartens die uns nahe standen, seufzten in dem
Winde, der von den Höhen immer mehr gegen die
Niederungen herab kam, und an Heftigkeit mit jeder
Stunde wuchs. So gelangten wir gegen das Schrei¬
nerhaus. Wie bei meiner ersten Annäherung stieg
auch heute ein leichter Rauch aus demselben empor,
aber er ging nicht wie damals in einer geraden lufti¬
gen Säule in die Höhe, sondern wie er die Mauern

Wir begaben uns zuerſt zu Guſtav, und ich begrüßte
ihn. Er flog an mein Herz, und ſein Ziehvater ſagte
ihm, er dürfe uns in das Schreinerhaus begleiten.
Er nahm gar kein Überkleid, ſondern verwechſelte nur
ſeinen Zimmerrock mit einem etwas wärmeren, und
war bereit, uns zu folgen. Wir gingen über die ge¬
meinſchaftliche Treppe hinab, und als wir unten an¬
gekommen waren, ſah ich, daß mein Gaſtfreund auch
heute an dem unfreundlichen Wintertage barhäuptig
ging. Guſtav hatte eine ganz leichte Kappe auf dem
Haupte. Wir gingen über den Sandplaz dem Ge¬
büſche zu. Die Eiskörner, welche eine bereifte weiße
und rauhe Geſtalt hatten, miſchten ſich mit den weißen
Haaren meines Freundes, und ſprangen auf ſeinem
zwar nicht leichten aber doch nicht für eine ſtrenge
Winterkälte eingerichteten Überrocke. Die Bäume
des Gartens die uns nahe ſtanden, ſeufzten in dem
Winde, der von den Höhen immer mehr gegen die
Niederungen herab kam, und an Heftigkeit mit jeder
Stunde wuchs. So gelangten wir gegen das Schrei¬
nerhaus. Wie bei meiner erſten Annäherung ſtieg
auch heute ein leichter Rauch aus demſelben empor,
aber er ging nicht wie damals in einer geraden lufti¬
gen Säule in die Höhe, ſondern wie er die Mauern

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0183" n="169"/>
Wir begaben uns zuer&#x017F;t zu Gu&#x017F;tav, und ich begrüßte<lb/>
ihn. Er flog an mein Herz, und &#x017F;ein Ziehvater &#x017F;agte<lb/>
ihm, er dürfe uns in das Schreinerhaus begleiten.<lb/>
Er nahm gar kein Überkleid, &#x017F;ondern verwech&#x017F;elte nur<lb/>
&#x017F;einen Zimmerrock mit einem etwas wärmeren, und<lb/>
war bereit, uns zu folgen. Wir gingen über die ge¬<lb/>
mein&#x017F;chaftliche Treppe hinab, und als wir unten an¬<lb/>
gekommen waren, &#x017F;ah ich, daß mein Ga&#x017F;tfreund auch<lb/>
heute an dem unfreundlichen Wintertage barhäuptig<lb/>
ging. Gu&#x017F;tav hatte eine ganz leichte Kappe auf dem<lb/>
Haupte. Wir gingen über den Sandplaz dem Ge¬<lb/>&#x017F;che zu. Die Eiskörner, welche eine bereifte weiße<lb/>
und rauhe Ge&#x017F;talt hatten, mi&#x017F;chten &#x017F;ich mit den weißen<lb/>
Haaren meines Freundes, und &#x017F;prangen auf &#x017F;einem<lb/>
zwar nicht leichten aber doch nicht für eine &#x017F;trenge<lb/>
Winterkälte eingerichteten Überrocke. Die Bäume<lb/>
des Gartens die uns nahe &#x017F;tanden, &#x017F;eufzten in dem<lb/>
Winde, der von den Höhen immer mehr gegen die<lb/>
Niederungen herab kam, und an Heftigkeit mit jeder<lb/>
Stunde wuchs. So gelangten wir gegen das Schrei¬<lb/>
nerhaus. Wie bei meiner er&#x017F;ten Annäherung &#x017F;tieg<lb/>
auch heute ein leichter Rauch aus dem&#x017F;elben empor,<lb/>
aber er ging nicht wie damals in einer geraden lufti¬<lb/>
gen Säule in die Höhe, &#x017F;ondern wie er die Mauern<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[169/0183] Wir begaben uns zuerſt zu Guſtav, und ich begrüßte ihn. Er flog an mein Herz, und ſein Ziehvater ſagte ihm, er dürfe uns in das Schreinerhaus begleiten. Er nahm gar kein Überkleid, ſondern verwechſelte nur ſeinen Zimmerrock mit einem etwas wärmeren, und war bereit, uns zu folgen. Wir gingen über die ge¬ meinſchaftliche Treppe hinab, und als wir unten an¬ gekommen waren, ſah ich, daß mein Gaſtfreund auch heute an dem unfreundlichen Wintertage barhäuptig ging. Guſtav hatte eine ganz leichte Kappe auf dem Haupte. Wir gingen über den Sandplaz dem Ge¬ büſche zu. Die Eiskörner, welche eine bereifte weiße und rauhe Geſtalt hatten, miſchten ſich mit den weißen Haaren meines Freundes, und ſprangen auf ſeinem zwar nicht leichten aber doch nicht für eine ſtrenge Winterkälte eingerichteten Überrocke. Die Bäume des Gartens die uns nahe ſtanden, ſeufzten in dem Winde, der von den Höhen immer mehr gegen die Niederungen herab kam, und an Heftigkeit mit jeder Stunde wuchs. So gelangten wir gegen das Schrei¬ nerhaus. Wie bei meiner erſten Annäherung ſtieg auch heute ein leichter Rauch aus demſelben empor, aber er ging nicht wie damals in einer geraden lufti¬ gen Säule in die Höhe, ſondern wie er die Mauern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/183
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/183>, abgerufen am 22.11.2024.