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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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war, hatte zu seinem großen Vermögen noch Erb¬
schaften gemacht. Er verlegte sich auf Sammlungen.
Er hatte Münzen, er hatte Siegel, er hatte keltische
und römische Alterthümer, Musikgeräthe Tulpen und
Georginen Bücher Gemälde und Bildsäulen. Er
baute in seinem Garten an sein Haus, welches etwas
erhöht stand, eine große Fläche, die er mit Steinen
pflasterte, und von welcher künstliche steinerne Stufen
in mehreren Richtungen nach dem Garten hinab gin¬
gen. Auf die Brüstungen dieser Fläche und auf die
Einfassungen der Treppen wurden Bildsäulen gesezt.
Es gehörte zu den größten Vergnügungen des Man¬
nes, auf der Fläche hin und her zu gehen. Das that
er auch oft, wenn die heißeste Sonne am Himmel
stand, und das Pflaster in die Sohlen brannte.
Außerdem hatte er auch noch Bildsäulen auf den Trep¬
pen des Hauses und in den Zimmern. Die Nimphe,
welche jezt Mathilde besizt, hatte er in einem Brun¬
nentempel im Garten. Er hatte sie von seinem Gro߬
oheime geerbt. Sie soll zu den Jugendzeiten dessel¬
ben von einem italienischen Bildhauer für einen Für¬
sten verfertigt worden sein, dessen schneller Tod¬
fall das Übergehen an ihre Bestimmung vereitelte.
So kam sie nach mehreren Zufällen an den Gro߬

war, hatte zu ſeinem großen Vermögen noch Erb¬
ſchaften gemacht. Er verlegte ſich auf Sammlungen.
Er hatte Münzen, er hatte Siegel, er hatte keltiſche
und römiſche Alterthümer, Muſikgeräthe Tulpen und
Georginen Bücher Gemälde und Bildſäulen. Er
baute in ſeinem Garten an ſein Haus, welches etwas
erhöht ſtand, eine große Fläche, die er mit Steinen
pflaſterte, und von welcher künſtliche ſteinerne Stufen
in mehreren Richtungen nach dem Garten hinab gin¬
gen. Auf die Brüſtungen dieſer Fläche und auf die
Einfaſſungen der Treppen wurden Bildſäulen geſezt.
Es gehörte zu den größten Vergnügungen des Man¬
nes, auf der Fläche hin und her zu gehen. Das that
er auch oft, wenn die heißeſte Sonne am Himmel
ſtand, und das Pflaſter in die Sohlen brannte.
Außerdem hatte er auch noch Bildſäulen auf den Trep¬
pen des Hauſes und in den Zimmern. Die Nimphe,
welche jezt Mathilde beſizt, hatte er in einem Brun¬
nentempel im Garten. Er hatte ſie von ſeinem Gro߬
oheime geerbt. Sie ſoll zu den Jugendzeiten desſel¬
ben von einem italieniſchen Bildhauer für einen Für¬
ſten verfertigt worden ſein, deſſen ſchneller Tod¬
fall das Übergehen an ihre Beſtimmung vereitelte.
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[357/0371] war, hatte zu ſeinem großen Vermögen noch Erb¬ ſchaften gemacht. Er verlegte ſich auf Sammlungen. Er hatte Münzen, er hatte Siegel, er hatte keltiſche und römiſche Alterthümer, Muſikgeräthe Tulpen und Georginen Bücher Gemälde und Bildſäulen. Er baute in ſeinem Garten an ſein Haus, welches etwas erhöht ſtand, eine große Fläche, die er mit Steinen pflaſterte, und von welcher künſtliche ſteinerne Stufen in mehreren Richtungen nach dem Garten hinab gin¬ gen. Auf die Brüſtungen dieſer Fläche und auf die Einfaſſungen der Treppen wurden Bildſäulen geſezt. Es gehörte zu den größten Vergnügungen des Man¬ nes, auf der Fläche hin und her zu gehen. Das that er auch oft, wenn die heißeſte Sonne am Himmel ſtand, und das Pflaſter in die Sohlen brannte. Außerdem hatte er auch noch Bildſäulen auf den Trep¬ pen des Hauſes und in den Zimmern. Die Nimphe, welche jezt Mathilde beſizt, hatte er in einem Brun¬ nentempel im Garten. Er hatte ſie von ſeinem Gro߬ oheime geerbt. Sie ſoll zu den Jugendzeiten desſel¬ ben von einem italieniſchen Bildhauer für einen Für¬ ſten verfertigt worden ſein, deſſen ſchneller Tod¬ fall das Übergehen an ihre Beſtimmung vereitelte. So kam ſie nach mehreren Zufällen an den Gro߬

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/371>, abgerufen am 19.05.2024.