Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

um ihnen Obdach zu geben, haben nichts Denkmal¬
artiges, sei es ein Denkmal für den Glanz einer Fa¬
milie, sei es ein Denkmal der abgeschlossenen und
wohlgenossenen Wohnlichkeit für irgend ein Ge¬
schlecht. Darum werden sie fachartig aus Ziegeln ge¬
baut, und mit einer Schicht überstrichen, wie man
auch lackirtes Geräthe macht, oder künstliches Gestein
malt. Schon die aus bloßem Holze zur Wohnung
eines Geschlechtes in unsern Gebirgsländern (nicht
zur Spielerei in Gärten) erbauten Häuser haben
Denkmalartiges, noch mehr die Schlösser, die aus
festen Steinen gefügt sind, die Thorbogen die Pfeiler
die Brücken und noch mehr die aus Stein gebauten
Kirchen. Daraus ergab sich mir von selber, daß die¬
jenigen, die dieses Schloß so bauten, daß die Außen¬
seiten der Wände fest gefügte viereckige unbestrichene
Steine sind, Recht gehabt haben, und daß die, welche
die Steine bestrichen, im Unrechte waren, und daß
die, welche sie wieder blos legen, abermals im Rechte
sind. Ich sah, daß man an sämmtlichen Steinen,
weil sonst die Kalktünche nicht zu vertilgen gewesen
wäre, die Oberfläche mit scharfen Hämmern erneuert
hatte. Dies gab wohl den Steinen etwas, das ein
lichteres Grau ist, als die alten Simse und Trag¬

um ihnen Obdach zu geben, haben nichts Denkmal¬
artiges, ſei es ein Denkmal für den Glanz einer Fa¬
milie, ſei es ein Denkmal der abgeſchloſſenen und
wohlgenoſſenen Wohnlichkeit für irgend ein Ge¬
ſchlecht. Darum werden ſie fachartig aus Ziegeln ge¬
baut, und mit einer Schicht überſtrichen, wie man
auch lackirtes Geräthe macht, oder künſtliches Geſtein
malt. Schon die aus bloßem Holze zur Wohnung
eines Geſchlechtes in unſern Gebirgsländern (nicht
zur Spielerei in Gärten) erbauten Häuſer haben
Denkmalartiges, noch mehr die Schlöſſer, die aus
feſten Steinen gefügt ſind, die Thorbogen die Pfeiler
die Brücken und noch mehr die aus Stein gebauten
Kirchen. Daraus ergab ſich mir von ſelber, daß die¬
jenigen, die dieſes Schloß ſo bauten, daß die Außen¬
ſeiten der Wände feſt gefügte viereckige unbeſtrichene
Steine ſind, Recht gehabt haben, und daß die, welche
die Steine beſtrichen, im Unrechte waren, und daß
die, welche ſie wieder blos legen, abermals im Rechte
ſind. Ich ſah, daß man an ſämmtlichen Steinen,
weil ſonſt die Kalktünche nicht zu vertilgen geweſen
wäre, die Oberfläche mit ſcharfen Hämmern erneuert
hatte. Dies gab wohl den Steinen etwas, das ein
lichteres Grau iſt, als die alten Simſe und Trag¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0359" n="345"/>
um ihnen Obdach zu geben, haben nichts Denkmal¬<lb/>
artiges, &#x017F;ei es ein Denkmal für den Glanz einer Fa¬<lb/>
milie, &#x017F;ei es ein Denkmal der abge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen und<lb/>
wohlgeno&#x017F;&#x017F;enen Wohnlichkeit für irgend ein Ge¬<lb/>
&#x017F;chlecht. Darum werden &#x017F;ie fachartig aus Ziegeln ge¬<lb/>
baut, und mit einer Schicht über&#x017F;trichen, wie man<lb/>
auch lackirtes Geräthe macht, oder kün&#x017F;tliches Ge&#x017F;tein<lb/>
malt. Schon die aus bloßem Holze zur Wohnung<lb/>
eines Ge&#x017F;chlechtes in un&#x017F;ern Gebirgsländern (nicht<lb/>
zur Spielerei in Gärten) erbauten Häu&#x017F;er haben<lb/>
Denkmalartiges, noch mehr die Schlö&#x017F;&#x017F;er, die aus<lb/>
fe&#x017F;ten Steinen gefügt &#x017F;ind, die Thorbogen die Pfeiler<lb/>
die Brücken und noch mehr die aus Stein gebauten<lb/>
Kirchen. Daraus ergab &#x017F;ich mir von &#x017F;elber, daß die¬<lb/>
jenigen, die die&#x017F;es Schloß &#x017F;o bauten, daß die Außen¬<lb/>
&#x017F;eiten der Wände fe&#x017F;t gefügte viereckige unbe&#x017F;trichene<lb/>
Steine &#x017F;ind, Recht gehabt haben, und daß die, welche<lb/>
die Steine be&#x017F;trichen, im Unrechte waren, und daß<lb/>
die, welche &#x017F;ie wieder blos legen, abermals im Rechte<lb/>
&#x017F;ind. Ich &#x017F;ah, daß man an &#x017F;ämmtlichen Steinen,<lb/>
weil &#x017F;on&#x017F;t die Kalktünche nicht zu vertilgen gewe&#x017F;en<lb/>
wäre, die Oberfläche mit &#x017F;charfen Hämmern erneuert<lb/>
hatte. Dies gab wohl den Steinen etwas, das ein<lb/>
lichteres Grau i&#x017F;t, als die alten Sim&#x017F;e und Trag¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[345/0359] um ihnen Obdach zu geben, haben nichts Denkmal¬ artiges, ſei es ein Denkmal für den Glanz einer Fa¬ milie, ſei es ein Denkmal der abgeſchloſſenen und wohlgenoſſenen Wohnlichkeit für irgend ein Ge¬ ſchlecht. Darum werden ſie fachartig aus Ziegeln ge¬ baut, und mit einer Schicht überſtrichen, wie man auch lackirtes Geräthe macht, oder künſtliches Geſtein malt. Schon die aus bloßem Holze zur Wohnung eines Geſchlechtes in unſern Gebirgsländern (nicht zur Spielerei in Gärten) erbauten Häuſer haben Denkmalartiges, noch mehr die Schlöſſer, die aus feſten Steinen gefügt ſind, die Thorbogen die Pfeiler die Brücken und noch mehr die aus Stein gebauten Kirchen. Daraus ergab ſich mir von ſelber, daß die¬ jenigen, die dieſes Schloß ſo bauten, daß die Außen¬ ſeiten der Wände feſt gefügte viereckige unbeſtrichene Steine ſind, Recht gehabt haben, und daß die, welche die Steine beſtrichen, im Unrechte waren, und daß die, welche ſie wieder blos legen, abermals im Rechte ſind. Ich ſah, daß man an ſämmtlichen Steinen, weil ſonſt die Kalktünche nicht zu vertilgen geweſen wäre, die Oberfläche mit ſcharfen Hämmern erneuert hatte. Dies gab wohl den Steinen etwas, das ein lichteres Grau iſt, als die alten Simſe und Trag¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/359
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/359>, abgerufen am 22.11.2024.