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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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steine hatten, die nicht getüncht waren; allein durch
Zeit und Wetter werden sich auch die erneuerten
Steinoberflächen wieder dunkler färben.

Man ging, da man eine Weile gesprochen hatte,
obwohl ein eigentliches Urtheil nicht gefällt worden
war, wieder in das Haus zurück, und auch die Die¬
nerschaft, welche zugeschaut hatte, ging auseinander,
gleichsam als ob die Sache jezt aus wäre.

In dem Hause zerstreuten sich die Gäste, manche
begaben sich in Zimmer, manche gingen in das Freie.

Ich nahm in meinem Schlafgemache, wozu mir
das nehmliche Zimmer, welches ich früher bewohnt
hatte, angewiesen worden war, einen leichteren Hut,
und einen bequemeren Rock, und ging dann auch in
den Garten. Ich ging ganz allein in einem dunkeln
Gange zwischen Gebüschen hin, und es war mir
wohl, daß ich allein war. Ich schlug die abgelegenen
wenig gangbaren und auch weniger im Stande ge¬
haltenen Wege ein, damit ich niemanden begegne,
und damit sich niemand zu mir geselle. Es war auch
wirklich kein Mensch in den Gängen, und ich sah nur
kleine Vögel, welche ungescheut in ihnen liefen, und
Futter von der Erde pickten. Ich umging den Linden¬
plaz, und kam hinter ihm aus dem Gebüsche heraus.

ſteine hatten, die nicht getüncht waren; allein durch
Zeit und Wetter werden ſich auch die erneuerten
Steinoberflächen wieder dunkler färben.

Man ging, da man eine Weile geſprochen hatte,
obwohl ein eigentliches Urtheil nicht gefällt worden
war, wieder in das Haus zurück, und auch die Die¬
nerſchaft, welche zugeſchaut hatte, ging auseinander,
gleichſam als ob die Sache jezt aus wäre.

In dem Hauſe zerſtreuten ſich die Gäſte, manche
begaben ſich in Zimmer, manche gingen in das Freie.

Ich nahm in meinem Schlafgemache, wozu mir
das nehmliche Zimmer, welches ich früher bewohnt
hatte, angewieſen worden war, einen leichteren Hut,
und einen bequemeren Rock, und ging dann auch in
den Garten. Ich ging ganz allein in einem dunkeln
Gange zwiſchen Gebüſchen hin, und es war mir
wohl, daß ich allein war. Ich ſchlug die abgelegenen
wenig gangbaren und auch weniger im Stande ge¬
haltenen Wege ein, damit ich niemanden begegne,
und damit ſich niemand zu mir geſelle. Es war auch
wirklich kein Menſch in den Gängen, und ich ſah nur
kleine Vögel, welche ungeſcheut in ihnen liefen, und
Futter von der Erde pickten. Ich umging den Linden¬
plaz, und kam hinter ihm aus dem Gebüſche heraus.

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[346/0360] ſteine hatten, die nicht getüncht waren; allein durch Zeit und Wetter werden ſich auch die erneuerten Steinoberflächen wieder dunkler färben. Man ging, da man eine Weile geſprochen hatte, obwohl ein eigentliches Urtheil nicht gefällt worden war, wieder in das Haus zurück, und auch die Die¬ nerſchaft, welche zugeſchaut hatte, ging auseinander, gleichſam als ob die Sache jezt aus wäre. In dem Hauſe zerſtreuten ſich die Gäſte, manche begaben ſich in Zimmer, manche gingen in das Freie. Ich nahm in meinem Schlafgemache, wozu mir das nehmliche Zimmer, welches ich früher bewohnt hatte, angewieſen worden war, einen leichteren Hut, und einen bequemeren Rock, und ging dann auch in den Garten. Ich ging ganz allein in einem dunkeln Gange zwiſchen Gebüſchen hin, und es war mir wohl, daß ich allein war. Ich ſchlug die abgelegenen wenig gangbaren und auch weniger im Stande ge¬ haltenen Wege ein, damit ich niemanden begegne, und damit ſich niemand zu mir geſelle. Es war auch wirklich kein Menſch in den Gängen, und ich ſah nur kleine Vögel, welche ungeſcheut in ihnen liefen, und Futter von der Erde pickten. Ich umging den Linden¬ plaz, und kam hinter ihm aus dem Gebüſche heraus.

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/360>, abgerufen am 20.05.2024.