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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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Schwester die blauäugige Apollonia etwas weiter un¬
ten. Sie hatten sehr geschmackvolle Kleider an, das
Geschmeide, das sie trugen, hätte, wie ich meinte,
etwas weniger sein sollen. Neben beiden saßen die
jungen Männer Tillburg und Wachten. Natalie saß
zwischen Eustach und Roland. Ob es so angeordnet,
ob es ihre eigene Wahl war, wußte ich nicht. Man
trug ein einfaches Mahl auf, und fröhliche Gespräche
belebten es. Man sprach von den Begebnissen der
Gegend, man neckte sich mit kleinen Erlebnissen, man
theilte sich Erfahrungen mit, die man in seinem Kreise
gemacht hatte, man sprach von Büchern, die in der
Gegend neu waren, und beurtheilte sie, man erzählte,
was man im Bereiche seiner Liebhaberei Neues er¬
worben, was man für Reisen gemacht und was man
für fernere vorhabe. Auch auf die Geschichte des Lan¬
des kam es, auf seine Verwaltung, auf Verbesserun¬
gen, die zu machen wären, und aus Schäze, die noch
ungehoben liegen. Selbst Wissenschaft und Kunst
war nicht ausgeschlossen. Mancher Scherz erheiterte
die Anwesenden, und man schien sehr vergnügt, sich
so in einen Kreis versammelt zu haben, wo sich Neues
ergab, und wo man Altes wieder beleben konnte.

Nach ein paar schnell vergangenen Stunden stand

Schweſter die blauäugige Apollonia etwas weiter un¬
ten. Sie hatten ſehr geſchmackvolle Kleider an, das
Geſchmeide, das ſie trugen, hätte, wie ich meinte,
etwas weniger ſein ſollen. Neben beiden ſaßen die
jungen Männer Tillburg und Wachten. Natalie ſaß
zwiſchen Euſtach und Roland. Ob es ſo angeordnet,
ob es ihre eigene Wahl war, wußte ich nicht. Man
trug ein einfaches Mahl auf, und fröhliche Geſpräche
belebten es. Man ſprach von den Begebniſſen der
Gegend, man neckte ſich mit kleinen Erlebniſſen, man
theilte ſich Erfahrungen mit, die man in ſeinem Kreiſe
gemacht hatte, man ſprach von Büchern, die in der
Gegend neu waren, und beurtheilte ſie, man erzählte,
was man im Bereiche ſeiner Liebhaberei Neues er¬
worben, was man für Reiſen gemacht und was man
für fernere vorhabe. Auch auf die Geſchichte des Lan¬
des kam es, auf ſeine Verwaltung, auf Verbeſſerun¬
gen, die zu machen wären, und aus Schäze, die noch
ungehoben liegen. Selbſt Wiſſenſchaft und Kunſt
war nicht ausgeſchloſſen. Mancher Scherz erheiterte
die Anweſenden, und man ſchien ſehr vergnügt, ſich
ſo in einen Kreis verſammelt zu haben, wo ſich Neues
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Nach ein paar ſchnell vergangenen Stunden ſtand

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[341/0355] Schweſter die blauäugige Apollonia etwas weiter un¬ ten. Sie hatten ſehr geſchmackvolle Kleider an, das Geſchmeide, das ſie trugen, hätte, wie ich meinte, etwas weniger ſein ſollen. Neben beiden ſaßen die jungen Männer Tillburg und Wachten. Natalie ſaß zwiſchen Euſtach und Roland. Ob es ſo angeordnet, ob es ihre eigene Wahl war, wußte ich nicht. Man trug ein einfaches Mahl auf, und fröhliche Geſpräche belebten es. Man ſprach von den Begebniſſen der Gegend, man neckte ſich mit kleinen Erlebniſſen, man theilte ſich Erfahrungen mit, die man in ſeinem Kreiſe gemacht hatte, man ſprach von Büchern, die in der Gegend neu waren, und beurtheilte ſie, man erzählte, was man im Bereiche ſeiner Liebhaberei Neues er¬ worben, was man für Reiſen gemacht und was man für fernere vorhabe. Auch auf die Geſchichte des Lan¬ des kam es, auf ſeine Verwaltung, auf Verbeſſerun¬ gen, die zu machen wären, und aus Schäze, die noch ungehoben liegen. Selbſt Wiſſenſchaft und Kunſt war nicht ausgeſchloſſen. Mancher Scherz erheiterte die Anweſenden, und man ſchien ſehr vergnügt, ſich ſo in einen Kreis verſammelt zu haben, wo ſich Neues ergab, und wo man Altes wieder beleben konnte. Nach ein paar ſchnell vergangenen Stunden ſtand

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/355>, abgerufen am 22.11.2024.