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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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mich zu Gesprächen einladen ließ, die dann gewöhn¬
lich zwischen ihr ihrer Gesellschafterin und mir vor¬
fielen -- selten geschah es, daß einer ihrer Söhne ge¬
legentlich anwesend war oder eine Enkelin oder jemand
von ihren näheren Anverwandten -- und bei denen
meistens die Geschichte der Erde oder etwas in die
Naturlehre Einschlägiges der Gegenstand war. Öfter
machte ich auch selber einen kurzen Besuch, um mich
um den Zustand ihrer Gesundheit zu erkundigen.
Auch die Abende kamen in Bezug auf mich in eine
andere Gestalt. Da wir einmal von Dichtungen ge¬
redet hatten, mit denen ich mich in der lezten Zeit be¬
schäftigte, und da gerade diese Dichtungen aus einer
vergangenen Zeit stammten, die nichts mit den Ta¬
geserzeugnissen gemein hatte, da die Fürstin sich
in ihren jezigen Jahren mit diesen Dingen nicht be¬
schäftigte, und die Zeit schon ziemlich weit hinter
ihr lag, in der sie Kenntniß von solchen Werken ge¬
nommen hatte: so wurde beschlossen, wieder das
eine oder das andere vorzunehmen, und es gemein¬
schaftlich zu genießen. Das geschah an Abenden,
und ich mußte oft die Pflicht des Vorlesers überneh¬
men, besonders wenn die Gesellschaft nicht zahlreich
war, was sich gerne an Abenden ereignete, in denen

mich zu Geſprächen einladen ließ, die dann gewöhn¬
lich zwiſchen ihr ihrer Geſellſchafterin und mir vor¬
fielen — ſelten geſchah es, daß einer ihrer Söhne ge¬
legentlich anweſend war oder eine Enkelin oder jemand
von ihren näheren Anverwandten — und bei denen
meiſtens die Geſchichte der Erde oder etwas in die
Naturlehre Einſchlägiges der Gegenſtand war. Öfter
machte ich auch ſelber einen kurzen Beſuch, um mich
um den Zuſtand ihrer Geſundheit zu erkundigen.
Auch die Abende kamen in Bezug auf mich in eine
andere Geſtalt. Da wir einmal von Dichtungen ge¬
redet hatten, mit denen ich mich in der lezten Zeit be¬
ſchäftigte, und da gerade dieſe Dichtungen aus einer
vergangenen Zeit ſtammten, die nichts mit den Ta¬
geserzeugniſſen gemein hatte, da die Fürſtin ſich
in ihren jezigen Jahren mit dieſen Dingen nicht be¬
ſchäftigte, und die Zeit ſchon ziemlich weit hinter
ihr lag, in der ſie Kenntniß von ſolchen Werken ge¬
nommen hatte: ſo wurde beſchloſſen, wieder das
eine oder das andere vorzunehmen, und es gemein¬
ſchaftlich zu genießen. Das geſchah an Abenden,
und ich mußte oft die Pflicht des Vorleſers überneh¬
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[269/0283] mich zu Geſprächen einladen ließ, die dann gewöhn¬ lich zwiſchen ihr ihrer Geſellſchafterin und mir vor¬ fielen — ſelten geſchah es, daß einer ihrer Söhne ge¬ legentlich anweſend war oder eine Enkelin oder jemand von ihren näheren Anverwandten — und bei denen meiſtens die Geſchichte der Erde oder etwas in die Naturlehre Einſchlägiges der Gegenſtand war. Öfter machte ich auch ſelber einen kurzen Beſuch, um mich um den Zuſtand ihrer Geſundheit zu erkundigen. Auch die Abende kamen in Bezug auf mich in eine andere Geſtalt. Da wir einmal von Dichtungen ge¬ redet hatten, mit denen ich mich in der lezten Zeit be¬ ſchäftigte, und da gerade dieſe Dichtungen aus einer vergangenen Zeit ſtammten, die nichts mit den Ta¬ geserzeugniſſen gemein hatte, da die Fürſtin ſich in ihren jezigen Jahren mit dieſen Dingen nicht be¬ ſchäftigte, und die Zeit ſchon ziemlich weit hinter ihr lag, in der ſie Kenntniß von ſolchen Werken ge¬ nommen hatte: ſo wurde beſchloſſen, wieder das eine oder das andere vorzunehmen, und es gemein¬ ſchaftlich zu genießen. Das geſchah an Abenden, und ich mußte oft die Pflicht des Vorleſers überneh¬ men, beſonders wenn die Geſellſchaft nicht zahlreich war, was ſich gerne an Abenden ereignete, in denen

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/283>, abgerufen am 22.11.2024.