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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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zu lassen. Da die Nachbarn dieses Verfahren allmäh¬
lich nachahmten, so erhielt die Gegend das eigen¬
thümliche und wohlgefällige Ansehen, das sie von
den umliegenden Ländereien unterschied.

Die Gemälde, welche sich in den Wohnzimmern
Mathildens und Nataliens befanden, hatten nach
meiner Meinung im Ganzen genommen zwar nicht
den Werth wie die im Asperhofe, aber es waren
manche darunter, welche mir nach meinen jezigen An¬
sichten mit der größten Meisterschaft gemacht schienen.
Ich sagte die Sache meinem Gastfreunde, er bestät¬
tigte sie, und zeigte mir Gemälde von Tizian Guido
Reni Paul Veronese Van Dyk und Holbein. Unbe¬
deutende oder gar schlechte Bilder, wie ich sie, so weit
mir jezt dieses meine Rückerinnerung plözlich und wie¬
derholt vor Augen brachte, in manchen Sammlungen,
die mir in früheren Jahren zugänglich gewesen waren,
gesehen hatte, befanden sich weder in der Wohnung
Mathildens noch in dem Asperhofe. Wir sprachen auch
hier so wie in dem Rosenhause von den Gemälden und
es gehörte zu den schönsten Augenblicken, wenn ein Bild
auf die Staffelei gethan worden war, wenn man die
Fenster, die ein störendes Licht hätten senden können,
verhüllt hatte, wenn das Bild in die rechte Helle

zu laſſen. Da die Nachbarn dieſes Verfahren allmäh¬
lich nachahmten, ſo erhielt die Gegend das eigen¬
thümliche und wohlgefällige Anſehen, das ſie von
den umliegenden Ländereien unterſchied.

Die Gemälde, welche ſich in den Wohnzimmern
Mathildens und Nataliens befanden, hatten nach
meiner Meinung im Ganzen genommen zwar nicht
den Werth wie die im Asperhofe, aber es waren
manche darunter, welche mir nach meinen jezigen An¬
ſichten mit der größten Meiſterſchaft gemacht ſchienen.
Ich ſagte die Sache meinem Gaſtfreunde, er beſtät¬
tigte ſie, und zeigte mir Gemälde von Tizian Guido
Reni Paul Veroneſe Van Dyk und Holbein. Unbe¬
deutende oder gar ſchlechte Bilder, wie ich ſie, ſo weit
mir jezt dieſes meine Rückerinnerung plözlich und wie¬
derholt vor Augen brachte, in manchen Sammlungen,
die mir in früheren Jahren zugänglich geweſen waren,
geſehen hatte, befanden ſich weder in der Wohnung
Mathildens noch in dem Asperhofe. Wir ſprachen auch
hier ſo wie in dem Roſenhauſe von den Gemälden und
es gehörte zu den ſchönſten Augenblicken, wenn ein Bild
auf die Staffelei gethan worden war, wenn man die
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[185/0199] zu laſſen. Da die Nachbarn dieſes Verfahren allmäh¬ lich nachahmten, ſo erhielt die Gegend das eigen¬ thümliche und wohlgefällige Anſehen, das ſie von den umliegenden Ländereien unterſchied. Die Gemälde, welche ſich in den Wohnzimmern Mathildens und Nataliens befanden, hatten nach meiner Meinung im Ganzen genommen zwar nicht den Werth wie die im Asperhofe, aber es waren manche darunter, welche mir nach meinen jezigen An¬ ſichten mit der größten Meiſterſchaft gemacht ſchienen. Ich ſagte die Sache meinem Gaſtfreunde, er beſtät¬ tigte ſie, und zeigte mir Gemälde von Tizian Guido Reni Paul Veroneſe Van Dyk und Holbein. Unbe¬ deutende oder gar ſchlechte Bilder, wie ich ſie, ſo weit mir jezt dieſes meine Rückerinnerung plözlich und wie¬ derholt vor Augen brachte, in manchen Sammlungen, die mir in früheren Jahren zugänglich geweſen waren, geſehen hatte, befanden ſich weder in der Wohnung Mathildens noch in dem Asperhofe. Wir ſprachen auch hier ſo wie in dem Roſenhauſe von den Gemälden und es gehörte zu den ſchönſten Augenblicken, wenn ein Bild auf die Staffelei gethan worden war, wenn man die Fenſter, die ein ſtörendes Licht hätten ſenden können, verhüllt hatte, wenn das Bild in die rechte Helle

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/199>, abgerufen am 03.05.2024.