Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

sen war, und es ziemlich vernachlässigt hatte. Vor
ihm war es im Besize einer Verwandten gewesen,
deren Großvater es gekauft hatte. In der Zeit vorher
war ein häufiger Wechsel der Eigenthümer gewesen,
und das Gut war sehr herab gekommen. Mathilde
fing damit an, daß sie die zum Schlosse gehörigen
Unterthanen, welche Zehnte und Gaben in dasselbe zu
entrichten hatten, gegen ein vereinbartes Entgelt für
alle Zeiten von ihren Pflichten entband, und sie zu
unbeschränkten Eigenthümern auf ihrem Grunde
machte. Das zweite, was sie that, bestand darin, daß
sie die Liegenschaften des Schlosses selber zu bewirth¬
schaften begann, daß sie einen geschlossenen Haus¬
stand von Gesinde und ihrer eigenen Familie begrün¬
dete, und mit diesem Hausstande lebte. Sie richtete
den Meierhof zurecht, und brachte mit Hilfe thätiger
Leute, die sie aufnahm, die Felder die Wiesen und
Wälder in einen besseren Stand. Die schönen Zeilen
von Obstbäumen, welche durch die Fluren liefen, und
die mir bei meinem ersten Aufenthalte schon so sehr ge¬
fallen hatten, waren von ihr selber gepflanzt, und wenn
sie gute selbst ziemlich erwachsene Obstbäume irgendwo
erhalten konnte, so scheute sie nicht die Zeit und den
Aufwand, sie bringen und auf ihren Grund sezen

ſen war, und es ziemlich vernachläſſigt hatte. Vor
ihm war es im Beſize einer Verwandten geweſen,
deren Großvater es gekauft hatte. In der Zeit vorher
war ein häufiger Wechſel der Eigenthümer geweſen,
und das Gut war ſehr herab gekommen. Mathilde
fing damit an, daß ſie die zum Schloſſe gehörigen
Unterthanen, welche Zehnte und Gaben in dasſelbe zu
entrichten hatten, gegen ein vereinbartes Entgelt für
alle Zeiten von ihren Pflichten entband, und ſie zu
unbeſchränkten Eigenthümern auf ihrem Grunde
machte. Das zweite, was ſie that, beſtand darin, daß
ſie die Liegenſchaften des Schloſſes ſelber zu bewirth¬
ſchaften begann, daß ſie einen geſchloſſenen Haus¬
ſtand von Geſinde und ihrer eigenen Familie begrün¬
dete, und mit dieſem Hausſtande lebte. Sie richtete
den Meierhof zurecht, und brachte mit Hilfe thätiger
Leute, die ſie aufnahm, die Felder die Wieſen und
Wälder in einen beſſeren Stand. Die ſchönen Zeilen
von Obſtbäumen, welche durch die Fluren liefen, und
die mir bei meinem erſten Aufenthalte ſchon ſo ſehr ge¬
fallen hatten, waren von ihr ſelber gepflanzt, und wenn
ſie gute ſelbſt ziemlich erwachſene Obſtbäume irgendwo
erhalten konnte, ſo ſcheute ſie nicht die Zeit und den
Aufwand, ſie bringen und auf ihren Grund ſezen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0198" n="184"/>
&#x017F;en war, und es ziemlich vernachlä&#x017F;&#x017F;igt hatte. Vor<lb/>
ihm war es im Be&#x017F;ize einer Verwandten gewe&#x017F;en,<lb/>
deren Großvater es gekauft hatte. In der Zeit vorher<lb/>
war ein häufiger Wech&#x017F;el der Eigenthümer gewe&#x017F;en,<lb/>
und das Gut war &#x017F;ehr herab gekommen. Mathilde<lb/>
fing damit an, daß &#x017F;ie die zum Schlo&#x017F;&#x017F;e gehörigen<lb/>
Unterthanen, welche Zehnte und Gaben in das&#x017F;elbe zu<lb/>
entrichten hatten, gegen ein vereinbartes Entgelt für<lb/>
alle Zeiten von ihren Pflichten entband, und &#x017F;ie zu<lb/>
unbe&#x017F;chränkten Eigenthümern auf ihrem Grunde<lb/>
machte. Das zweite, was &#x017F;ie that, be&#x017F;tand darin, daß<lb/>
&#x017F;ie die Liegen&#x017F;chaften des Schlo&#x017F;&#x017F;es &#x017F;elber zu bewirth¬<lb/>
&#x017F;chaften begann, daß &#x017F;ie einen ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Haus¬<lb/>
&#x017F;tand von Ge&#x017F;inde und ihrer eigenen Familie begrün¬<lb/>
dete, und mit die&#x017F;em Haus&#x017F;tande lebte. Sie richtete<lb/>
den Meierhof zurecht, und brachte mit Hilfe thätiger<lb/>
Leute, die &#x017F;ie aufnahm, die Felder die Wie&#x017F;en und<lb/>
Wälder in einen be&#x017F;&#x017F;eren Stand. Die &#x017F;chönen Zeilen<lb/>
von Ob&#x017F;tbäumen, welche durch die Fluren liefen, und<lb/>
die mir bei meinem er&#x017F;ten Aufenthalte &#x017F;chon &#x017F;o &#x017F;ehr ge¬<lb/>
fallen hatten, waren von ihr &#x017F;elber gepflanzt, und wenn<lb/>
&#x017F;ie gute &#x017F;elb&#x017F;t ziemlich erwach&#x017F;ene Ob&#x017F;tbäume irgendwo<lb/>
erhalten konnte, &#x017F;o &#x017F;cheute &#x017F;ie nicht die Zeit und den<lb/>
Aufwand, &#x017F;ie bringen und auf ihren Grund &#x017F;ezen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0198] ſen war, und es ziemlich vernachläſſigt hatte. Vor ihm war es im Beſize einer Verwandten geweſen, deren Großvater es gekauft hatte. In der Zeit vorher war ein häufiger Wechſel der Eigenthümer geweſen, und das Gut war ſehr herab gekommen. Mathilde fing damit an, daß ſie die zum Schloſſe gehörigen Unterthanen, welche Zehnte und Gaben in dasſelbe zu entrichten hatten, gegen ein vereinbartes Entgelt für alle Zeiten von ihren Pflichten entband, und ſie zu unbeſchränkten Eigenthümern auf ihrem Grunde machte. Das zweite, was ſie that, beſtand darin, daß ſie die Liegenſchaften des Schloſſes ſelber zu bewirth¬ ſchaften begann, daß ſie einen geſchloſſenen Haus¬ ſtand von Geſinde und ihrer eigenen Familie begrün¬ dete, und mit dieſem Hausſtande lebte. Sie richtete den Meierhof zurecht, und brachte mit Hilfe thätiger Leute, die ſie aufnahm, die Felder die Wieſen und Wälder in einen beſſeren Stand. Die ſchönen Zeilen von Obſtbäumen, welche durch die Fluren liefen, und die mir bei meinem erſten Aufenthalte ſchon ſo ſehr ge¬ fallen hatten, waren von ihr ſelber gepflanzt, und wenn ſie gute ſelbſt ziemlich erwachſene Obſtbäume irgendwo erhalten konnte, ſo ſcheute ſie nicht die Zeit und den Aufwand, ſie bringen und auf ihren Grund ſezen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/198
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/198>, abgerufen am 02.05.2024.