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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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lebte die Freude, daß endlich das Werk in ungemein
edlerer Vollendung dastand als früher. Selbst für
künftige Arbeiten hatte man durch dieses Verfahren
einen Anhaltspunkt gewonnen, und Hoffnungen ge¬
schöpft, sich in schönere und heiterere Kreise zu schwin¬
gen. Der Werkmeister sprach unverhohlen mit mir
über die Sache. Früher hatte man nach hergebrachten
Gestalten und Zeichnungen Gegenstände verfertigt,
dieselben versandt, und Preise dafür erhalten, die
solchen Waaren gewöhnlich zukommen, so daß die
Anstalt bestehen konnte, aber einer gehäbigen und
wohlhabenden Blüthe doch nicht theilhaftig war. Daß
man sich an Pflanzen als Vorbilder wenden könne,
war ihnen nicht eingefallen. Jezt richtete man den
Blick auf sie, und fand, daß alle Berge voll von Din¬
gen ständen, die ihnen Fingerzeige geben könnten,
wie sie ihre Werke zu verfertigen und zu veredeln
hätten.

Ich blieb so lange da, bis das Gipsblatt voll¬
kommen fertig war, und bis ich mich darüber beruhigt
hatte, welche Werkzeuge zum Messen angewendet
würden, damit die Gestalt des Vorbildes mit allen
ihren Verhältnissen in die Nachbildung übergehen
könnte.

lebte die Freude, daß endlich das Werk in ungemein
edlerer Vollendung daſtand als früher. Selbſt für
künftige Arbeiten hatte man durch dieſes Verfahren
einen Anhaltſpunkt gewonnen, und Hoffnungen ge¬
ſchöpft, ſich in ſchönere und heiterere Kreiſe zu ſchwin¬
gen. Der Werkmeiſter ſprach unverhohlen mit mir
über die Sache. Früher hatte man nach hergebrachten
Geſtalten und Zeichnungen Gegenſtände verfertigt,
dieſelben verſandt, und Preiſe dafür erhalten, die
ſolchen Waaren gewöhnlich zukommen, ſo daß die
Anſtalt beſtehen konnte, aber einer gehäbigen und
wohlhabenden Blüthe doch nicht theilhaftig war. Daß
man ſich an Pflanzen als Vorbilder wenden könne,
war ihnen nicht eingefallen. Jezt richtete man den
Blick auf ſie, und fand, daß alle Berge voll von Din¬
gen ſtänden, die ihnen Fingerzeige geben könnten,
wie ſie ihre Werke zu verfertigen und zu veredeln
hätten.

Ich blieb ſo lange da, bis das Gipsblatt voll¬
kommen fertig war, und bis ich mich darüber beruhigt
hatte, welche Werkzeuge zum Meſſen angewendet
würden, damit die Geſtalt des Vorbildes mit allen
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[175/0189] lebte die Freude, daß endlich das Werk in ungemein edlerer Vollendung daſtand als früher. Selbſt für künftige Arbeiten hatte man durch dieſes Verfahren einen Anhaltſpunkt gewonnen, und Hoffnungen ge¬ ſchöpft, ſich in ſchönere und heiterere Kreiſe zu ſchwin¬ gen. Der Werkmeiſter ſprach unverhohlen mit mir über die Sache. Früher hatte man nach hergebrachten Geſtalten und Zeichnungen Gegenſtände verfertigt, dieſelben verſandt, und Preiſe dafür erhalten, die ſolchen Waaren gewöhnlich zukommen, ſo daß die Anſtalt beſtehen konnte, aber einer gehäbigen und wohlhabenden Blüthe doch nicht theilhaftig war. Daß man ſich an Pflanzen als Vorbilder wenden könne, war ihnen nicht eingefallen. Jezt richtete man den Blick auf ſie, und fand, daß alle Berge voll von Din¬ gen ſtänden, die ihnen Fingerzeige geben könnten, wie ſie ihre Werke zu verfertigen und zu veredeln hätten. Ich blieb ſo lange da, bis das Gipsblatt voll¬ kommen fertig war, und bis ich mich darüber beruhigt hatte, welche Werkzeuge zum Meſſen angewendet würden, damit die Geſtalt des Vorbildes mit allen ihren Verhältniſſen in die Nachbildung übergehen könnte.

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/189>, abgerufen am 02.05.2024.