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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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Nachdem ich noch die Bitte um Beschleunigung
der Arbeit angebracht hatte, damit ich sie so bald als
möglich in den Garten des Vaters bringen könnte,
und nachdem ich versprochen hatte, in diesem Som¬
mer noch einen Besuch in der Anstalt zu machen, trat
ich den Rückweg in das Rosenhaus wieder an.

Ich bestieg auf meiner Wanderung, die ich in den
Bergen zu Fuße machte, das Eiskar, sezte mich auf
einen Steinblock, und sah beinahe den ganzen Nach¬
mittag in tiefem Sinnen auf die Landschaften, die
vor mir ausgebreitet waren, hinaus.

In dem Rosenhause beschäftigte ich mich wieder
mit Betrachtung der Bilder. Ich nahm sogar ein
Vergrößerungsglas, und sah die Gemälde an, wie
denn die verschiedenen alten Meister gemalt haben,
ob der eine einen stumpfen starren Pinsel genommen
habe, der andere einen langen weichen, ob sie mit
breitem oder spizigem gearbeitet, ob sie viel untermalt
haben, oder gleich mit den schweren undurchsichtigen
Farben darauf gegangen seien, ob sie in kleinen Flä¬
chen fertig gemacht, oder das Große vorerst angelegt,
und es in allen Theilen nach und nach der Vollen¬
dung zugeführt hätten.

Nachdem ich noch die Bitte um Beſchleunigung
der Arbeit angebracht hatte, damit ich ſie ſo bald als
möglich in den Garten des Vaters bringen könnte,
und nachdem ich verſprochen hatte, in dieſem Som¬
mer noch einen Beſuch in der Anſtalt zu machen, trat
ich den Rückweg in das Roſenhaus wieder an.

Ich beſtieg auf meiner Wanderung, die ich in den
Bergen zu Fuße machte, das Eiskar, ſezte mich auf
einen Steinblock, und ſah beinahe den ganzen Nach¬
mittag in tiefem Sinnen auf die Landſchaften, die
vor mir ausgebreitet waren, hinaus.

In dem Roſenhauſe beſchäftigte ich mich wieder
mit Betrachtung der Bilder. Ich nahm ſogar ein
Vergrößerungsglas, und ſah die Gemälde an, wie
denn die verſchiedenen alten Meiſter gemalt haben,
ob der eine einen ſtumpfen ſtarren Pinſel genommen
habe, der andere einen langen weichen, ob ſie mit
breitem oder ſpizigem gearbeitet, ob ſie viel untermalt
haben, oder gleich mit den ſchweren undurchſichtigen
Farben darauf gegangen ſeien, ob ſie in kleinen Flä¬
chen fertig gemacht, oder das Große vorerſt angelegt,
und es in allen Theilen nach und nach der Vollen¬
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[176/0190] Nachdem ich noch die Bitte um Beſchleunigung der Arbeit angebracht hatte, damit ich ſie ſo bald als möglich in den Garten des Vaters bringen könnte, und nachdem ich verſprochen hatte, in dieſem Som¬ mer noch einen Beſuch in der Anſtalt zu machen, trat ich den Rückweg in das Roſenhaus wieder an. Ich beſtieg auf meiner Wanderung, die ich in den Bergen zu Fuße machte, das Eiskar, ſezte mich auf einen Steinblock, und ſah beinahe den ganzen Nach¬ mittag in tiefem Sinnen auf die Landſchaften, die vor mir ausgebreitet waren, hinaus. In dem Roſenhauſe beſchäftigte ich mich wieder mit Betrachtung der Bilder. Ich nahm ſogar ein Vergrößerungsglas, und ſah die Gemälde an, wie denn die verſchiedenen alten Meiſter gemalt haben, ob der eine einen ſtumpfen ſtarren Pinſel genommen habe, der andere einen langen weichen, ob ſie mit breitem oder ſpizigem gearbeitet, ob ſie viel untermalt haben, oder gleich mit den ſchweren undurchſichtigen Farben darauf gegangen ſeien, ob ſie in kleinen Flä¬ chen fertig gemacht, oder das Große vorerſt angelegt, und es in allen Theilen nach und nach der Vollen¬ dung zugeführt hätten.

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/190>, abgerufen am 02.05.2024.