Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

und hatten gleiche Rahmen. Sie waren die schönsten,
die mein Gastfreund besaß. Je mehr man sie be¬
trachtete, desto mehr fesselten sie die Seele. Ich bath
ihn fast zu oft, mir diese vier Bildchen zu zeigen, und
er ermüdete nicht, mir immer die Frauengemächer auf¬
zuschließen, mich in das Zimmerchen zu führen, mich
die Bilder betrachten zu lassen, und mit mir darüber
zu sprechen. Er nahm sie öfter herab, und stellte sie
auf dem Tische oder auf einem Sessel so auf, daß sie
in dem besten Lichte standen. Ich brachte merkwürdige
Tage in jener Zeit in dem Rosenhause meines Freun¬
des zu. Mein Wesen war in einer hohen in einer
edlen und veredelnden Stimmung.

Ich fragte ihn einmal, woher er denn die Bilder
erhalten habe.

"Sie sind recht nach und nach in das Haus ge¬
kommen, wie es der Sammelfleiß und mitunter auch
der Zufall gefügt hat," antwortete er. "Ich habe von
einem Oheime mehrere geerbt; sie waren aber nicht
die besten, wie ich sie jezt habe, ich verkaufte einen
Theil davon, um mir andere wenn auch wenigere
aber bessere zu kaufen. Ich habe euch schon einmal
gesagt, daß ich in Italien gewesen bin. Ich habe drei
Reisen in dieses Land gemacht. Da hat sich manches

und hatten gleiche Rahmen. Sie waren die ſchönſten,
die mein Gaſtfreund beſaß. Je mehr man ſie be¬
trachtete, deſto mehr feſſelten ſie die Seele. Ich bath
ihn faſt zu oft, mir dieſe vier Bildchen zu zeigen, und
er ermüdete nicht, mir immer die Frauengemächer auf¬
zuſchließen, mich in das Zimmerchen zu führen, mich
die Bilder betrachten zu laſſen, und mit mir darüber
zu ſprechen. Er nahm ſie öfter herab, und ſtellte ſie
auf dem Tiſche oder auf einem Seſſel ſo auf, daß ſie
in dem beſten Lichte ſtanden. Ich brachte merkwürdige
Tage in jener Zeit in dem Roſenhauſe meines Freun¬
des zu. Mein Weſen war in einer hohen in einer
edlen und veredelnden Stimmung.

Ich fragte ihn einmal, woher er denn die Bilder
erhalten habe.

„Sie ſind recht nach und nach in das Haus ge¬
kommen, wie es der Sammelfleiß und mitunter auch
der Zufall gefügt hat,“ antwortete er. „Ich habe von
einem Oheime mehrere geerbt; ſie waren aber nicht
die beſten, wie ich ſie jezt habe, ich verkaufte einen
Theil davon, um mir andere wenn auch wenigere
aber beſſere zu kaufen. Ich habe euch ſchon einmal
geſagt, daß ich in Italien geweſen bin. Ich habe drei
Reiſen in dieſes Land gemacht. Da hat ſich manches

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0164" n="150"/>
und hatten gleiche Rahmen. Sie waren die &#x017F;chön&#x017F;ten,<lb/>
die mein Ga&#x017F;tfreund be&#x017F;aß. Je mehr man &#x017F;ie be¬<lb/>
trachtete, de&#x017F;to mehr fe&#x017F;&#x017F;elten &#x017F;ie die Seele. Ich bath<lb/>
ihn fa&#x017F;t zu oft, mir die&#x017F;e vier Bildchen zu zeigen, und<lb/>
er ermüdete nicht, mir immer die Frauengemächer auf¬<lb/>
zu&#x017F;chließen, mich in das Zimmerchen zu führen, mich<lb/>
die Bilder betrachten zu la&#x017F;&#x017F;en, und mit mir darüber<lb/>
zu &#x017F;prechen. Er nahm &#x017F;ie öfter herab, und &#x017F;tellte &#x017F;ie<lb/>
auf dem Ti&#x017F;che oder auf einem Se&#x017F;&#x017F;el &#x017F;o auf, daß &#x017F;ie<lb/>
in dem be&#x017F;ten Lichte &#x017F;tanden. Ich brachte merkwürdige<lb/>
Tage in jener Zeit in dem Ro&#x017F;enhau&#x017F;e meines Freun¬<lb/>
des zu. Mein We&#x017F;en war in einer hohen in einer<lb/>
edlen und veredelnden Stimmung.</p><lb/>
        <p>Ich fragte ihn einmal, woher er denn die Bilder<lb/>
erhalten habe.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie &#x017F;ind recht nach und nach in das Haus ge¬<lb/>
kommen, wie es der Sammelfleiß und mitunter auch<lb/>
der Zufall gefügt hat,&#x201C; antwortete er. &#x201E;Ich habe von<lb/>
einem Oheime mehrere geerbt; &#x017F;ie waren aber nicht<lb/>
die be&#x017F;ten, wie ich &#x017F;ie jezt habe, ich verkaufte einen<lb/>
Theil davon, um mir andere wenn auch wenigere<lb/>
aber be&#x017F;&#x017F;ere zu kaufen. Ich habe euch &#x017F;chon einmal<lb/>
ge&#x017F;agt, daß ich in Italien gewe&#x017F;en bin. Ich habe drei<lb/>
Rei&#x017F;en in die&#x017F;es Land gemacht. Da hat &#x017F;ich manches<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0164] und hatten gleiche Rahmen. Sie waren die ſchönſten, die mein Gaſtfreund beſaß. Je mehr man ſie be¬ trachtete, deſto mehr feſſelten ſie die Seele. Ich bath ihn faſt zu oft, mir dieſe vier Bildchen zu zeigen, und er ermüdete nicht, mir immer die Frauengemächer auf¬ zuſchließen, mich in das Zimmerchen zu führen, mich die Bilder betrachten zu laſſen, und mit mir darüber zu ſprechen. Er nahm ſie öfter herab, und ſtellte ſie auf dem Tiſche oder auf einem Seſſel ſo auf, daß ſie in dem beſten Lichte ſtanden. Ich brachte merkwürdige Tage in jener Zeit in dem Roſenhauſe meines Freun¬ des zu. Mein Weſen war in einer hohen in einer edlen und veredelnden Stimmung. Ich fragte ihn einmal, woher er denn die Bilder erhalten habe. „Sie ſind recht nach und nach in das Haus ge¬ kommen, wie es der Sammelfleiß und mitunter auch der Zufall gefügt hat,“ antwortete er. „Ich habe von einem Oheime mehrere geerbt; ſie waren aber nicht die beſten, wie ich ſie jezt habe, ich verkaufte einen Theil davon, um mir andere wenn auch wenigere aber beſſere zu kaufen. Ich habe euch ſchon einmal geſagt, daß ich in Italien geweſen bin. Ich habe drei Reiſen in dieſes Land gemacht. Da hat ſich manches

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/164
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/164>, abgerufen am 24.11.2024.