Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

hat. Jezt ist das Schloß von Innen viel natürlicher,
und, wenn auch nicht an eine Kunstzeit erinnernd,
doch in seiner Art zusammen stimmender als von
Außen."

"Das Grau der Mauer mit den grauen Stein¬
simsen der Fenster, die nicht ungeschickt gegliedert sind,
mit der Höhe und Breite der Fenster, deren Verhält¬
niß zu den festen Zwischenräumen ein richtiges ist,
würde, glaube ich, dem Hause ein schöneres Ansehen
geben, als man jezt ahnt," sagte Eustach.

Mir fielen bei dieser Äußerung die Worte ein,
welche mein Gastfreund einmal zu mir gesagt hatte,
daß alte Geräthe in neuen Häusern nicht gut stehen.
Ich erinnerte mich, daß in dem Saale und in den alt
eingerichteten Gemächern dieses Schlosses die hohen
Fenster die breiten Räume zwischen ihnen und die
eigenthümlich gestalteten Zimmerdecken den Geräthen
sehr zum Vortheile gereichten, was in Zimmern der
neuen Art gewiß nicht der Fall gewesen wäre.

Als wir so sprachen, kamen Natalie und Gustav,
die bei der Nymphe des Brunnens zurückgeblieben
waren, die Steintreppe zu uns empor. Die Angesich¬
ter waren sanft geröthet, die dunkeln Augen blickten
heiter in das Freie, und die beiden jugendlichen Ge¬

hat. Jezt iſt das Schloß von Innen viel natürlicher,
und, wenn auch nicht an eine Kunſtzeit erinnernd,
doch in ſeiner Art zuſammen ſtimmender als von
Außen.“

„Das Grau der Mauer mit den grauen Stein¬
ſimſen der Fenſter, die nicht ungeſchickt gegliedert ſind,
mit der Höhe und Breite der Fenſter, deren Verhält¬
niß zu den feſten Zwiſchenräumen ein richtiges iſt,
würde, glaube ich, dem Hauſe ein ſchöneres Anſehen
geben, als man jezt ahnt,“ ſagte Euſtach.

Mir fielen bei dieſer Äußerung die Worte ein,
welche mein Gaſtfreund einmal zu mir geſagt hatte,
daß alte Geräthe in neuen Häuſern nicht gut ſtehen.
Ich erinnerte mich, daß in dem Saale und in den alt
eingerichteten Gemächern dieſes Schloſſes die hohen
Fenſter die breiten Räume zwiſchen ihnen und die
eigenthümlich geſtalteten Zimmerdecken den Geräthen
ſehr zum Vortheile gereichten, was in Zimmern der
neuen Art gewiß nicht der Fall geweſen wäre.

Als wir ſo ſprachen, kamen Natalie und Guſtav,
die bei der Nymphe des Brunnens zurückgeblieben
waren, die Steintreppe zu uns empor. Die Angeſich¬
ter waren ſanft geröthet, die dunkeln Augen blickten
heiter in das Freie, und die beiden jugendlichen Ge¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0491" n="477"/>
hat. Jezt i&#x017F;t das Schloß von Innen viel natürlicher,<lb/>
und, wenn auch nicht an eine Kun&#x017F;tzeit erinnernd,<lb/>
doch in &#x017F;einer Art zu&#x017F;ammen &#x017F;timmender als von<lb/>
Außen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das Grau der Mauer mit den grauen Stein¬<lb/>
&#x017F;im&#x017F;en der Fen&#x017F;ter, die nicht unge&#x017F;chickt gegliedert &#x017F;ind,<lb/>
mit der Höhe und Breite der Fen&#x017F;ter, deren Verhält¬<lb/>
niß zu den fe&#x017F;ten Zwi&#x017F;chenräumen ein richtiges i&#x017F;t,<lb/>
würde, glaube ich, dem Hau&#x017F;e ein &#x017F;chöneres An&#x017F;ehen<lb/>
geben, als man jezt ahnt,&#x201C; &#x017F;agte Eu&#x017F;tach.</p><lb/>
        <p>Mir fielen bei die&#x017F;er Äußerung die Worte ein,<lb/>
welche mein Ga&#x017F;tfreund einmal zu mir ge&#x017F;agt hatte,<lb/>
daß alte Geräthe in neuen Häu&#x017F;ern nicht gut &#x017F;tehen.<lb/>
Ich erinnerte mich, daß in dem Saale und in den alt<lb/>
eingerichteten Gemächern die&#x017F;es Schlo&#x017F;&#x017F;es die hohen<lb/>
Fen&#x017F;ter die breiten Räume zwi&#x017F;chen ihnen und die<lb/>
eigenthümlich ge&#x017F;talteten Zimmerdecken den Geräthen<lb/>
&#x017F;ehr zum Vortheile gereichten, was in Zimmern der<lb/>
neuen Art gewiß nicht der Fall gewe&#x017F;en wäre.</p><lb/>
        <p>Als wir &#x017F;o &#x017F;prachen, kamen Natalie und Gu&#x017F;tav,<lb/>
die bei der Nymphe des Brunnens zurückgeblieben<lb/>
waren, die Steintreppe zu uns empor. Die Ange&#x017F;ich¬<lb/>
ter waren &#x017F;anft geröthet, die dunkeln Augen blickten<lb/>
heiter in das Freie, und die beiden jugendlichen Ge¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[477/0491] hat. Jezt iſt das Schloß von Innen viel natürlicher, und, wenn auch nicht an eine Kunſtzeit erinnernd, doch in ſeiner Art zuſammen ſtimmender als von Außen.“ „Das Grau der Mauer mit den grauen Stein¬ ſimſen der Fenſter, die nicht ungeſchickt gegliedert ſind, mit der Höhe und Breite der Fenſter, deren Verhält¬ niß zu den feſten Zwiſchenräumen ein richtiges iſt, würde, glaube ich, dem Hauſe ein ſchöneres Anſehen geben, als man jezt ahnt,“ ſagte Euſtach. Mir fielen bei dieſer Äußerung die Worte ein, welche mein Gaſtfreund einmal zu mir geſagt hatte, daß alte Geräthe in neuen Häuſern nicht gut ſtehen. Ich erinnerte mich, daß in dem Saale und in den alt eingerichteten Gemächern dieſes Schloſſes die hohen Fenſter die breiten Räume zwiſchen ihnen und die eigenthümlich geſtalteten Zimmerdecken den Geräthen ſehr zum Vortheile gereichten, was in Zimmern der neuen Art gewiß nicht der Fall geweſen wäre. Als wir ſo ſprachen, kamen Natalie und Guſtav, die bei der Nymphe des Brunnens zurückgeblieben waren, die Steintreppe zu uns empor. Die Angeſich¬ ter waren ſanft geröthet, die dunkeln Augen blickten heiter in das Freie, und die beiden jugendlichen Ge¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/491
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 477. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/491>, abgerufen am 22.07.2024.