Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

tisch den Bücherschrein und das Bett. Die größte
Wirkung erzielt man freilich, wenn man alte Geräthe
aus derselben und guten Zeit, die also denselben Geist
haben, und auch Geräthe des nehmlichen Zweckes in
ein Zimmer bringt. Da spricht nun in der Wirklichkeit
etwas ganz anderes als bei unseren neuen Dingen."

"Und das scheint mir hier der Fall zu sein,"
sagte ich.

"Es ist nicht alles alt," erwiederte er. "Viele
Dinge sind so unwiederbringlich verloren gegangen,
daß es fast unmöglich ist, eine ganze Wohnung mit
Gegenständen aus derselben Zeit einzurichten, daß
kein nothwendiges Stück fehlt. Wir haben daher lie¬
ber solche Stücke im alten Sinne neu gemacht als
alte Stücke von einer ganz anderen Zeit zugemischt.
Damit aber niemand irre geführt werde, ist an jedem
solchen altneuen Stücke ein Silberplättchen eingefügt,
auf welchem die Thatsache in Buchstaben eingegra¬
ben ist."

Er zeigte mir nun jene Gegenstände, welche in
dem Schreinerhause als Ergänzung hinzugemacht
worden sind.

Trozdem war bei mir der Eindruck immer der¬
selbe, und ich hatte beständig und beständig den Ge¬

30 *

tiſch den Bücherſchrein und das Bett. Die größte
Wirkung erzielt man freilich, wenn man alte Geräthe
aus derſelben und guten Zeit, die alſo denſelben Geiſt
haben, und auch Geräthe des nehmlichen Zweckes in
ein Zimmer bringt. Da ſpricht nun in der Wirklichkeit
etwas ganz anderes als bei unſeren neuen Dingen.“

„Und das ſcheint mir hier der Fall zu ſein,“
ſagte ich.

„Es iſt nicht alles alt,“ erwiederte er. „Viele
Dinge ſind ſo unwiederbringlich verloren gegangen,
daß es faſt unmöglich iſt, eine ganze Wohnung mit
Gegenſtänden aus derſelben Zeit einzurichten, daß
kein nothwendiges Stück fehlt. Wir haben daher lie¬
ber ſolche Stücke im alten Sinne neu gemacht als
alte Stücke von einer ganz anderen Zeit zugemiſcht.
Damit aber niemand irre geführt werde, iſt an jedem
ſolchen altneuen Stücke ein Silberplättchen eingefügt,
auf welchem die Thatſache in Buchſtaben eingegra¬
ben iſt.“

Er zeigte mir nun jene Gegenſtände, welche in
dem Schreinerhauſe als Ergänzung hinzugemacht
worden ſind.

Trozdem war bei mir der Eindruck immer der¬
ſelbe, und ich hatte beſtändig und beſtändig den Ge¬

30 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0481" n="467"/>
ti&#x017F;ch den Bücher&#x017F;chrein und das Bett. Die größte<lb/>
Wirkung erzielt man freilich, wenn man alte Geräthe<lb/>
aus der&#x017F;elben und guten Zeit, die al&#x017F;o den&#x017F;elben Gei&#x017F;t<lb/>
haben, und auch Geräthe des nehmlichen Zweckes in<lb/>
ein Zimmer bringt. Da &#x017F;pricht nun in der Wirklichkeit<lb/>
etwas ganz anderes als bei un&#x017F;eren neuen Dingen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und das &#x017F;cheint mir hier der Fall zu &#x017F;ein,&#x201C;<lb/>
&#x017F;agte ich.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Es i&#x017F;t nicht alles alt,&#x201C; erwiederte er. &#x201E;Viele<lb/>
Dinge &#x017F;ind &#x017F;o unwiederbringlich verloren gegangen,<lb/>
daß es fa&#x017F;t unmöglich i&#x017F;t, eine ganze Wohnung mit<lb/>
Gegen&#x017F;tänden aus der&#x017F;elben Zeit einzurichten, daß<lb/>
kein nothwendiges Stück fehlt. Wir haben daher lie¬<lb/>
ber &#x017F;olche Stücke im alten Sinne neu gemacht als<lb/>
alte Stücke von einer ganz anderen Zeit zugemi&#x017F;cht.<lb/>
Damit aber niemand irre geführt werde, i&#x017F;t an jedem<lb/>
&#x017F;olchen altneuen Stücke ein Silberplättchen eingefügt,<lb/>
auf welchem die That&#x017F;ache in Buch&#x017F;taben eingegra¬<lb/>
ben i&#x017F;t.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Er zeigte mir nun jene Gegen&#x017F;tände, welche in<lb/>
dem Schreinerhau&#x017F;e als Ergänzung hinzugemacht<lb/>
worden &#x017F;ind.</p><lb/>
        <p>Trozdem war bei mir der Eindruck immer der¬<lb/>
&#x017F;elbe, und ich hatte be&#x017F;tändig und be&#x017F;tändig den Ge¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">30 *<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[467/0481] tiſch den Bücherſchrein und das Bett. Die größte Wirkung erzielt man freilich, wenn man alte Geräthe aus derſelben und guten Zeit, die alſo denſelben Geiſt haben, und auch Geräthe des nehmlichen Zweckes in ein Zimmer bringt. Da ſpricht nun in der Wirklichkeit etwas ganz anderes als bei unſeren neuen Dingen.“ „Und das ſcheint mir hier der Fall zu ſein,“ ſagte ich. „Es iſt nicht alles alt,“ erwiederte er. „Viele Dinge ſind ſo unwiederbringlich verloren gegangen, daß es faſt unmöglich iſt, eine ganze Wohnung mit Gegenſtänden aus derſelben Zeit einzurichten, daß kein nothwendiges Stück fehlt. Wir haben daher lie¬ ber ſolche Stücke im alten Sinne neu gemacht als alte Stücke von einer ganz anderen Zeit zugemiſcht. Damit aber niemand irre geführt werde, iſt an jedem ſolchen altneuen Stücke ein Silberplättchen eingefügt, auf welchem die Thatſache in Buchſtaben eingegra¬ ben iſt.“ Er zeigte mir nun jene Gegenſtände, welche in dem Schreinerhauſe als Ergänzung hinzugemacht worden ſind. Trozdem war bei mir der Eindruck immer der¬ ſelbe, und ich hatte beſtändig und beſtändig den Ge¬ 30 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/481
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/481>, abgerufen am 22.07.2024.