Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

Rosenhause trugen, aber dieselben, so edel der Stoff
war, zeigten doch keine übermäßige Verzierung oder
gar Überladung. Mein Gastfreund Gustav und ich
waren gekleidet, wie man es zu ländlichen Besuchen
zu sein pflegt. So ließen wir uns in die prachtvollen
Polster, die hier überall ausgelegt waren, nieder. Auf
einem Tische, über den ein schöner Teppich gebreitet
war, standen Erfrischungen verschiedener Art. Andere
Tische, die noch in dem Zimmer standen, waren un¬
bedeckt. Die Geräthe waren von Mahagoniholz und
schienen aus der ersten Werkstätte der Stadt zu stam¬
men. Eben so waren die Spiegel die Kronleuch¬
ter und andere Dinge des Zimmers. Eine Ecke an
einem Fenster nahm ein sehr schönes Clavier ein. Die
ersten Gespräche betrafen die gewöhnlichen Dinge
über Wohlbefinden über Wetter über Gedeihen der
Feld- und Gartengewächse. Die Männer nannten
sich wechselweise Nachbar, die Frauen benannten sich
gar nicht.

Als man etwas Weniges von den dastehenden
Speisen genommen hatte, erhob man sich, und wir
gingen durch die Zimmer. Es war eine Reihe, deren
Fenster größtentheils gegen Mittag auf die Landschaft
hinaus gingen. Alle waren sehr schön nach neuer Art

Roſenhauſe trugen, aber dieſelben, ſo edel der Stoff
war, zeigten doch keine übermäßige Verzierung oder
gar Überladung. Mein Gaſtfreund Guſtav und ich
waren gekleidet, wie man es zu ländlichen Beſuchen
zu ſein pflegt. So ließen wir uns in die prachtvollen
Polſter, die hier überall ausgelegt waren, nieder. Auf
einem Tiſche, über den ein ſchöner Teppich gebreitet
war, ſtanden Erfriſchungen verſchiedener Art. Andere
Tiſche, die noch in dem Zimmer ſtanden, waren un¬
bedeckt. Die Geräthe waren von Mahagoniholz und
ſchienen aus der erſten Werkſtätte der Stadt zu ſtam¬
men. Eben ſo waren die Spiegel die Kronleuch¬
ter und andere Dinge des Zimmers. Eine Ecke an
einem Fenſter nahm ein ſehr ſchönes Clavier ein. Die
erſten Geſpräche betrafen die gewöhnlichen Dinge
über Wohlbefinden über Wetter über Gedeihen der
Feld- und Gartengewächſe. Die Männer nannten
ſich wechſelweiſe Nachbar, die Frauen benannten ſich
gar nicht.

Als man etwas Weniges von den daſtehenden
Speiſen genommen hatte, erhob man ſich, und wir
gingen durch die Zimmer. Es war eine Reihe, deren
Fenſter größtentheils gegen Mittag auf die Landſchaft
hinaus gingen. Alle waren ſehr ſchön nach neuer Art

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0438" n="424"/>
Ro&#x017F;enhau&#x017F;e trugen, aber die&#x017F;elben, &#x017F;o edel der Stoff<lb/>
war, zeigten doch keine übermäßige Verzierung oder<lb/>
gar Überladung. Mein Ga&#x017F;tfreund Gu&#x017F;tav und ich<lb/>
waren gekleidet, wie man es zu ländlichen Be&#x017F;uchen<lb/>
zu &#x017F;ein pflegt. So ließen wir uns in die prachtvollen<lb/>
Pol&#x017F;ter, die hier überall ausgelegt waren, nieder. Auf<lb/>
einem Ti&#x017F;che, über den ein &#x017F;chöner Teppich gebreitet<lb/>
war, &#x017F;tanden Erfri&#x017F;chungen ver&#x017F;chiedener Art. Andere<lb/>
Ti&#x017F;che, die noch in dem Zimmer &#x017F;tanden, waren un¬<lb/>
bedeckt. Die Geräthe waren von Mahagoniholz und<lb/>
&#x017F;chienen aus der er&#x017F;ten Werk&#x017F;tätte der Stadt zu &#x017F;tam¬<lb/>
men. Eben &#x017F;o waren die Spiegel die Kronleuch¬<lb/>
ter und andere Dinge des Zimmers. Eine Ecke an<lb/>
einem Fen&#x017F;ter nahm ein &#x017F;ehr &#x017F;chönes Clavier ein. Die<lb/>
er&#x017F;ten Ge&#x017F;präche betrafen die gewöhnlichen Dinge<lb/>
über Wohlbefinden über Wetter über Gedeihen der<lb/>
Feld- und Gartengewäch&#x017F;e. Die Männer nannten<lb/>
&#x017F;ich wech&#x017F;elwei&#x017F;e Nachbar, die Frauen benannten &#x017F;ich<lb/>
gar nicht.</p><lb/>
        <p>Als man etwas Weniges von den da&#x017F;tehenden<lb/>
Spei&#x017F;en genommen hatte, erhob man &#x017F;ich, und wir<lb/>
gingen durch die Zimmer. Es war eine Reihe, deren<lb/>
Fen&#x017F;ter größtentheils gegen Mittag auf die Land&#x017F;chaft<lb/>
hinaus gingen. Alle waren &#x017F;ehr &#x017F;chön nach neuer Art<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[424/0438] Roſenhauſe trugen, aber dieſelben, ſo edel der Stoff war, zeigten doch keine übermäßige Verzierung oder gar Überladung. Mein Gaſtfreund Guſtav und ich waren gekleidet, wie man es zu ländlichen Beſuchen zu ſein pflegt. So ließen wir uns in die prachtvollen Polſter, die hier überall ausgelegt waren, nieder. Auf einem Tiſche, über den ein ſchöner Teppich gebreitet war, ſtanden Erfriſchungen verſchiedener Art. Andere Tiſche, die noch in dem Zimmer ſtanden, waren un¬ bedeckt. Die Geräthe waren von Mahagoniholz und ſchienen aus der erſten Werkſtätte der Stadt zu ſtam¬ men. Eben ſo waren die Spiegel die Kronleuch¬ ter und andere Dinge des Zimmers. Eine Ecke an einem Fenſter nahm ein ſehr ſchönes Clavier ein. Die erſten Geſpräche betrafen die gewöhnlichen Dinge über Wohlbefinden über Wetter über Gedeihen der Feld- und Gartengewächſe. Die Männer nannten ſich wechſelweiſe Nachbar, die Frauen benannten ſich gar nicht. Als man etwas Weniges von den daſtehenden Speiſen genommen hatte, erhob man ſich, und wir gingen durch die Zimmer. Es war eine Reihe, deren Fenſter größtentheils gegen Mittag auf die Landſchaft hinaus gingen. Alle waren ſehr ſchön nach neuer Art

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/438
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/438>, abgerufen am 22.11.2024.