Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

dem Wohnhause, und bildeten eine eigene Abtheilung.
Von da führte der Weg durch eine Allee uralter gro¬
ßer Linden eine Strecke gegen das neue Haus. Die
Allee ist ein Bruchstück von derjenigen, die einmal
gegen die Zugbrücke des alten Schlosses hinauf ge¬
führt hatte; sie brach daher ab, und wir fuhren die
übrige Strecke durch schönen grünen Rasen, der mit
einzelnen Blumenhügeln geschmückt war, dem Hause
zu. Dasselbe war von weißlich grauer Farbe, und
hatte säulenartige Streifen und Friese. Alle Fen¬
ster, soweit die geöffneten Läden eine Einsicht zu¬
ließen, zeigten von Innen schwere Vorhänge. Als der
Wagen der Frauen unter dem Überdache der Vor¬
fahrt hielt, stand schon der Herr von Ingheim sammt
seiner Gattin und seinen Töchtern am Ende der Treppe
zur Bewillkommung. Sie waren alle mit Geschmack
gekleidet, so wie die Dienerschaft, die hinter ihnen
stand, in Festkleidern war. Der Herr half den Frauen
aus dem Wagen, und da wir mittlerweile auch aus¬
gestiegen und herzugekommen waren, wurden wir von
der ganzen Familie begrüßt und die Treppe hinauf
geleitet. Man führte uns in ein großes Empfang¬
zimmer, und wies uns Pläze an. Mathilde und Na¬
talie hatten zwar festlichere Kleider an, als sie im

dem Wohnhauſe, und bildeten eine eigene Abtheilung.
Von da führte der Weg durch eine Allee uralter gro¬
ßer Linden eine Strecke gegen das neue Haus. Die
Allee iſt ein Bruchſtück von derjenigen, die einmal
gegen die Zugbrücke des alten Schloſſes hinauf ge¬
führt hatte; ſie brach daher ab, und wir fuhren die
übrige Strecke durch ſchönen grünen Raſen, der mit
einzelnen Blumenhügeln geſchmückt war, dem Hauſe
zu. Daſſelbe war von weißlich grauer Farbe, und
hatte ſäulenartige Streifen und Frieſe. Alle Fen¬
ſter, ſoweit die geöffneten Läden eine Einſicht zu¬
ließen, zeigten von Innen ſchwere Vorhänge. Als der
Wagen der Frauen unter dem Überdache der Vor¬
fahrt hielt, ſtand ſchon der Herr von Ingheim ſammt
ſeiner Gattin und ſeinen Töchtern am Ende der Treppe
zur Bewillkommung. Sie waren alle mit Geſchmack
gekleidet, ſo wie die Dienerſchaft, die hinter ihnen
ſtand, in Feſtkleidern war. Der Herr half den Frauen
aus dem Wagen, und da wir mittlerweile auch aus¬
geſtiegen und herzugekommen waren, wurden wir von
der ganzen Familie begrüßt und die Treppe hinauf
geleitet. Man führte uns in ein großes Empfang¬
zimmer, und wies uns Pläze an. Mathilde und Na¬
talie hatten zwar feſtlichere Kleider an, als ſie im

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0437" n="423"/>
dem Wohnhau&#x017F;e, und bildeten eine eigene Abtheilung.<lb/>
Von da führte der Weg durch eine Allee uralter gro¬<lb/>
ßer Linden eine Strecke gegen das neue Haus. Die<lb/>
Allee i&#x017F;t ein Bruch&#x017F;tück von derjenigen, die einmal<lb/>
gegen die Zugbrücke des alten Schlo&#x017F;&#x017F;es hinauf ge¬<lb/>
führt hatte; &#x017F;ie brach daher ab, und wir fuhren die<lb/>
übrige Strecke durch &#x017F;chönen grünen Ra&#x017F;en, der mit<lb/>
einzelnen Blumenhügeln ge&#x017F;chmückt war, dem Hau&#x017F;e<lb/>
zu. Da&#x017F;&#x017F;elbe war von weißlich grauer Farbe, und<lb/>
hatte &#x017F;äulenartige Streifen und Frie&#x017F;e. Alle Fen¬<lb/>
&#x017F;ter, &#x017F;oweit die geöffneten Läden eine Ein&#x017F;icht zu¬<lb/>
ließen, zeigten von Innen &#x017F;chwere Vorhänge. Als der<lb/>
Wagen der Frauen unter dem Überdache der Vor¬<lb/>
fahrt hielt, &#x017F;tand &#x017F;chon der Herr von Ingheim &#x017F;ammt<lb/>
&#x017F;einer Gattin und &#x017F;einen Töchtern am Ende der Treppe<lb/>
zur Bewillkommung. Sie waren alle mit Ge&#x017F;chmack<lb/>
gekleidet, &#x017F;o wie die Diener&#x017F;chaft, die hinter ihnen<lb/>
&#x017F;tand, in Fe&#x017F;tkleidern war. Der Herr half den Frauen<lb/>
aus dem Wagen, und da wir mittlerweile auch aus¬<lb/>
ge&#x017F;tiegen und herzugekommen waren, wurden wir von<lb/>
der ganzen Familie begrüßt und die Treppe hinauf<lb/>
geleitet. Man führte uns in ein großes Empfang¬<lb/>
zimmer, und wies uns Pläze an. Mathilde und Na¬<lb/>
talie hatten zwar fe&#x017F;tlichere Kleider an, als &#x017F;ie im<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[423/0437] dem Wohnhauſe, und bildeten eine eigene Abtheilung. Von da führte der Weg durch eine Allee uralter gro¬ ßer Linden eine Strecke gegen das neue Haus. Die Allee iſt ein Bruchſtück von derjenigen, die einmal gegen die Zugbrücke des alten Schloſſes hinauf ge¬ führt hatte; ſie brach daher ab, und wir fuhren die übrige Strecke durch ſchönen grünen Raſen, der mit einzelnen Blumenhügeln geſchmückt war, dem Hauſe zu. Daſſelbe war von weißlich grauer Farbe, und hatte ſäulenartige Streifen und Frieſe. Alle Fen¬ ſter, ſoweit die geöffneten Läden eine Einſicht zu¬ ließen, zeigten von Innen ſchwere Vorhänge. Als der Wagen der Frauen unter dem Überdache der Vor¬ fahrt hielt, ſtand ſchon der Herr von Ingheim ſammt ſeiner Gattin und ſeinen Töchtern am Ende der Treppe zur Bewillkommung. Sie waren alle mit Geſchmack gekleidet, ſo wie die Dienerſchaft, die hinter ihnen ſtand, in Feſtkleidern war. Der Herr half den Frauen aus dem Wagen, und da wir mittlerweile auch aus¬ geſtiegen und herzugekommen waren, wurden wir von der ganzen Familie begrüßt und die Treppe hinauf geleitet. Man führte uns in ein großes Empfang¬ zimmer, und wies uns Pläze an. Mathilde und Na¬ talie hatten zwar feſtlichere Kleider an, als ſie im

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/437
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/437>, abgerufen am 22.11.2024.