ner Simon war gerufen worden, Eustach kam, und von den Leuten und Gartenarbeitern konnte kommen, wer da wollte. Sie machten auch Gebrauch davon. Die Rosen wurden einer sehr genauen Beurtheilung unterzogen. Man fragte sich, welche die schönsten seien, oder welche dem Einen oder dem Anderen mehr gefielen. Die Aussprüche erfolgten verschieden, und jedes suchte seine Meinung zu begründen. Es lagen Druckwerke und Abbildungen auf dem Tische, zu de¬ nen man dann seine Zuflucht nahm, ohne eben jedes Mal ihrem Ausspruche beizupflichten. Man that die Frage, ob man nicht Bäumchen versezen solle, um eine schönere Mischung der Farben zu erzielen. Der allgemeine Ausspruch ging dahin, daß man es nicht thun solle, es thäte den Bäumchen wehe, und wenn sie groß wären, könnten sie sogar eingehen; eine zu ängstliche Zusammenstellung der Farben verrathe die Absicht und störe die Wirkung; eine reizende Zufäl¬ ligkeit sei doch das Angenehmste. Es wurde also be¬ schlossen, die Bäume stehen zu lassen, wie sie standen. Man sprach sich nun über die Eigenschaften der ver¬ schiedenen Bäumchen aus, man beurtheilte ihre Treff¬ lichkeit an sich, ohne auf die Blumen Rücksicht zu nehmen, und oft wurde der Gärtner um Auskunft
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ner Simon war gerufen worden, Euſtach kam, und von den Leuten und Gartenarbeitern konnte kommen, wer da wollte. Sie machten auch Gebrauch davon. Die Roſen wurden einer ſehr genauen Beurtheilung unterzogen. Man fragte ſich, welche die ſchönſten ſeien, oder welche dem Einen oder dem Anderen mehr gefielen. Die Ausſprüche erfolgten verſchieden, und jedes ſuchte ſeine Meinung zu begründen. Es lagen Druckwerke und Abbildungen auf dem Tiſche, zu de¬ nen man dann ſeine Zuflucht nahm, ohne eben jedes Mal ihrem Ausſpruche beizupflichten. Man that die Frage, ob man nicht Bäumchen verſezen ſolle, um eine ſchönere Miſchung der Farben zu erzielen. Der allgemeine Ausſpruch ging dahin, daß man es nicht thun ſolle, es thäte den Bäumchen wehe, und wenn ſie groß wären, könnten ſie ſogar eingehen; eine zu ängſtliche Zuſammenſtellung der Farben verrathe die Abſicht und ſtöre die Wirkung; eine reizende Zufäl¬ ligkeit ſei doch das Angenehmſte. Es wurde alſo be¬ ſchloſſen, die Bäume ſtehen zu laſſen, wie ſie ſtanden. Man ſprach ſich nun über die Eigenſchaften der ver¬ ſchiedenen Bäumchen aus, man beurtheilte ihre Treff¬ lichkeit an ſich, ohne auf die Blumen Rückſicht zu nehmen, und oft wurde der Gärtner um Auskunft
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ner Simon war gerufen worden, Euſtach kam, und
von den Leuten und Gartenarbeitern konnte kommen,
wer da wollte. Sie machten auch Gebrauch davon.
Die Roſen wurden einer ſehr genauen Beurtheilung
unterzogen. Man fragte ſich, welche die ſchönſten
ſeien, oder welche dem Einen oder dem Anderen mehr
gefielen. Die Ausſprüche erfolgten verſchieden, und
jedes ſuchte ſeine Meinung zu begründen. Es lagen
Druckwerke und Abbildungen auf dem Tiſche, zu de¬
nen man dann ſeine Zuflucht nahm, ohne eben jedes
Mal ihrem Ausſpruche beizupflichten. Man that die
Frage, ob man nicht Bäumchen verſezen ſolle, um
eine ſchönere Miſchung der Farben zu erzielen. Der
allgemeine Ausſpruch ging dahin, daß man es nicht
thun ſolle, es thäte den Bäumchen wehe, und wenn
ſie groß wären, könnten ſie ſogar eingehen; eine zu
ängſtliche Zuſammenſtellung der Farben verrathe die
Abſicht und ſtöre die Wirkung; eine reizende Zufäl¬
ligkeit ſei doch das Angenehmſte. Es wurde alſo be¬
ſchloſſen, die Bäume ſtehen zu laſſen, wie ſie ſtanden.
Man ſprach ſich nun über die Eigenſchaften der ver¬
ſchiedenen Bäumchen aus, man beurtheilte ihre Treff¬
lichkeit an ſich, ohne auf die Blumen Rückſicht zu
nehmen, und oft wurde der Gärtner um Auskunft
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/417>, abgerufen am 22.11.2024.
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