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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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Verzierungen verfertigt, so wie der Schnitt nichts
Auffälliges hatte, weder eine zur Schau getragene
Ländlichkeit noch ein zu strenge festgehaltenes städti¬
sches Wesen.

Es standen mehrere Diener herum, so wie Ka¬
tharina, die mich geholt hatte, auch wieder hinter mir
in das Zimmer gegangen war, und sich zu den da¬
stehenden Mägden gesellt hatte. Selbst der Gärtner
Simon war zugegen.

Als ich in die Nähe des Tisches gekommen war,
stand mein Gastfreund auf, umging den Tisch, führte
mich vor die Frau, und sagte: "Erlaube, daß ich dir
den jungen Mann vorstelle, von dem ich dir erzählt
habe."

Hierauf wendete er sich gegen mich, und sagte:
"Diese Frau ist Gustavs Mutter, Mathildis."

Die Frau sagte in dem ersten Augenblicke nichts,
sondern richtete ein Weilchen die dunkeln Augen auf
mich.

Dann wies er mit der Hand auf das Mädchen,
und sagte: "Diese ist Gustavs Schwester Natalie."

Ich wußte nicht, waren die Wangen des Mäd¬
chens überhaupt so roth, oder war es erröthet. Ich
war sehr befangen, und konnte kein Wort hervor

Verzierungen verfertigt, ſo wie der Schnitt nichts
Auffälliges hatte, weder eine zur Schau getragene
Ländlichkeit noch ein zu ſtrenge feſtgehaltenes ſtädti¬
ſches Weſen.

Es ſtanden mehrere Diener herum, ſo wie Ka¬
tharina, die mich geholt hatte, auch wieder hinter mir
in das Zimmer gegangen war, und ſich zu den da¬
ſtehenden Mägden geſellt hatte. Selbſt der Gärtner
Simon war zugegen.

Als ich in die Nähe des Tiſches gekommen war,
ſtand mein Gaſtfreund auf, umging den Tiſch, führte
mich vor die Frau, und ſagte: „Erlaube, daß ich dir
den jungen Mann vorſtelle, von dem ich dir erzählt
habe.“

Hierauf wendete er ſich gegen mich, und ſagte:
„Dieſe Frau iſt Guſtavs Mutter, Mathildis.“

Die Frau ſagte in dem erſten Augenblicke nichts,
ſondern richtete ein Weilchen die dunkeln Augen auf
mich.

Dann wies er mit der Hand auf das Mädchen,
und ſagte: „Dieſe iſt Guſtavs Schweſter Natalie.“

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chens überhaupt ſo roth, oder war es erröthet. Ich
war ſehr befangen, und konnte kein Wort hervor

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[376/0390] Verzierungen verfertigt, ſo wie der Schnitt nichts Auffälliges hatte, weder eine zur Schau getragene Ländlichkeit noch ein zu ſtrenge feſtgehaltenes ſtädti¬ ſches Weſen. Es ſtanden mehrere Diener herum, ſo wie Ka¬ tharina, die mich geholt hatte, auch wieder hinter mir in das Zimmer gegangen war, und ſich zu den da¬ ſtehenden Mägden geſellt hatte. Selbſt der Gärtner Simon war zugegen. Als ich in die Nähe des Tiſches gekommen war, ſtand mein Gaſtfreund auf, umging den Tiſch, führte mich vor die Frau, und ſagte: „Erlaube, daß ich dir den jungen Mann vorſtelle, von dem ich dir erzählt habe.“ Hierauf wendete er ſich gegen mich, und ſagte: „Dieſe Frau iſt Guſtavs Mutter, Mathildis.“ Die Frau ſagte in dem erſten Augenblicke nichts, ſondern richtete ein Weilchen die dunkeln Augen auf mich. Dann wies er mit der Hand auf das Mädchen, und ſagte: „Dieſe iſt Guſtavs Schweſter Natalie.“ Ich wußte nicht, waren die Wangen des Mäd¬ chens überhaupt ſo roth, oder war es erröthet. Ich war ſehr befangen, und konnte kein Wort hervor

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/390>, abgerufen am 22.11.2024.