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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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nur die im Garten, sondern auch die in der nächsten
und in der in ziemliche Ferne reichenden Umgebung.
Ich hatte bei meiner Herreise eigens auf diesen Um¬
stand mein Augenmerk gerichtet. Dennoch entbehrte
der Garten nicht des schönen Schmuckes der Faltern;
denn einerseits konnten die Vögel doch nicht alle und
jede Raupen verzehren, und andererseits wehte der
Wind diese schönen lebendigen Blumen in unsern
Garten, oder sie kamen auf ihren Wanderungen, die
sie manchmal in große Entfernungen antreten, selber
hieher. Der Gesang der Vögel war mir wieder wie
im vorigen Jahre eigenthümlich, und er war mir wie¬
der ganz besonders schmelzend. Dadurch, daß sie in
verschiedenen Fernen sind, die Laute also mit unglei¬
cher Stärke an das Ohr schlagen, dadurch, daß sie
sich gelegenheitlich unterbrechen, da sie inzwischen al¬
lerlei zu thun haben, eine Speise zu haschen, auf
ein Junges zu merken, wird ein reizender Schmelz
veranlaßt wie in einem Walde, während die besten
Singvögel in vielen Käfichen nahe bei einander nur
ein Geschrei machen, und dadurch, daß sie in dem
Garten sich doch wieder näher sind als im Walde,
wird der Schmelz kräftiger, während er im Walde
zuweilen dünn und einsam ist. Ich sah die Nester,

Stifter, Nachsommer. I. 24

nur die im Garten, ſondern auch die in der nächſten
und in der in ziemliche Ferne reichenden Umgebung.
Ich hatte bei meiner Herreiſe eigens auf dieſen Um¬
ſtand mein Augenmerk gerichtet. Dennoch entbehrte
der Garten nicht des ſchönen Schmuckes der Faltern;
denn einerſeits konnten die Vögel doch nicht alle und
jede Raupen verzehren, und andererſeits wehte der
Wind dieſe ſchönen lebendigen Blumen in unſern
Garten, oder ſie kamen auf ihren Wanderungen, die
ſie manchmal in große Entfernungen antreten, ſelber
hieher. Der Geſang der Vögel war mir wieder wie
im vorigen Jahre eigenthümlich, und er war mir wie¬
der ganz beſonders ſchmelzend. Dadurch, daß ſie in
verſchiedenen Fernen ſind, die Laute alſo mit unglei¬
cher Stärke an das Ohr ſchlagen, dadurch, daß ſie
ſich gelegenheitlich unterbrechen, da ſie inzwiſchen al¬
lerlei zu thun haben, eine Speiſe zu haſchen, auf
ein Junges zu merken, wird ein reizender Schmelz
veranlaßt wie in einem Walde, während die beſten
Singvögel in vielen Käfichen nahe bei einander nur
ein Geſchrei machen, und dadurch, daß ſie in dem
Garten ſich doch wieder näher ſind als im Walde,
wird der Schmelz kräftiger, während er im Walde
zuweilen dünn und einſam iſt. Ich ſah die Neſter,

Stifter, Nachſommer. I. 24
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[369/0383] nur die im Garten, ſondern auch die in der nächſten und in der in ziemliche Ferne reichenden Umgebung. Ich hatte bei meiner Herreiſe eigens auf dieſen Um¬ ſtand mein Augenmerk gerichtet. Dennoch entbehrte der Garten nicht des ſchönen Schmuckes der Faltern; denn einerſeits konnten die Vögel doch nicht alle und jede Raupen verzehren, und andererſeits wehte der Wind dieſe ſchönen lebendigen Blumen in unſern Garten, oder ſie kamen auf ihren Wanderungen, die ſie manchmal in große Entfernungen antreten, ſelber hieher. Der Geſang der Vögel war mir wieder wie im vorigen Jahre eigenthümlich, und er war mir wie¬ der ganz beſonders ſchmelzend. Dadurch, daß ſie in verſchiedenen Fernen ſind, die Laute alſo mit unglei¬ cher Stärke an das Ohr ſchlagen, dadurch, daß ſie ſich gelegenheitlich unterbrechen, da ſie inzwiſchen al¬ lerlei zu thun haben, eine Speiſe zu haſchen, auf ein Junges zu merken, wird ein reizender Schmelz veranlaßt wie in einem Walde, während die beſten Singvögel in vielen Käfichen nahe bei einander nur ein Geſchrei machen, und dadurch, daß ſie in dem Garten ſich doch wieder näher ſind als im Walde, wird der Schmelz kräftiger, während er im Walde zuweilen dünn und einſam iſt. Ich ſah die Neſter, Stifter, Nachſommer. I. 24

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/383>, abgerufen am 22.11.2024.