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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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an der westlichen Grenze des Gartens lag, und in
früheren Zeiten zu den Steinarbeiten benuzt worden
war, einen Raum, den man ausgeleert hatte, und in
welchen ich Gegenstände, die ich gesammelt hätte,
bis auf weitere Verfügung niederlegen könnte. Sollte
ich mehr brauchen, so könne noch mehr geräumt wer¬
den, da jezt die Arbeiten mit den Steinen fast been¬
digt seien, und selten etwas gesägt geschliffen oder
geglättet werde. Ich war über diese Aufmerksamkeiten
so gerührt, daß ich fast keinen Dank dafür zu sagen
vermochte. Ich begrif nicht, was ich mir denn für
Verdienste um den Mann oder seine Umgebung er¬
worben habe, daß man solche Anstalten mache. Das
Eine gereichte zu meiner Beruhigung, daß ich aus
diesen Vorrichtungen sah, daß ich in dem Hause nicht
unwillkommen sei; denn sonst wäre man nicht auf den
Gedanken derselben gerathen. Dieses Bewußtsein ver¬
sprach meinen Bewegungen in den hiesigen Verhält¬
nissen viel mehr Freiheit zu geben. Ich stattete endlich
doch meinen Dank ab, und man nahm ihn mit Ver¬
gnügen auf.

Da ich in meiner Wohnung meine Wandersachen
abgelegt hatte, und die ersten allgemeinen Gespräche
vorüber waren, wollte ich einen übersichtlichen Gang

an der weſtlichen Grenze des Gartens lag, und in
früheren Zeiten zu den Steinarbeiten benuzt worden
war, einen Raum, den man ausgeleert hatte, und in
welchen ich Gegenſtände, die ich geſammelt hätte,
bis auf weitere Verfügung niederlegen könnte. Sollte
ich mehr brauchen, ſo könne noch mehr geräumt wer¬
den, da jezt die Arbeiten mit den Steinen faſt been¬
digt ſeien, und ſelten etwas geſägt geſchliffen oder
geglättet werde. Ich war über dieſe Aufmerkſamkeiten
ſo gerührt, daß ich faſt keinen Dank dafür zu ſagen
vermochte. Ich begrif nicht, was ich mir denn für
Verdienſte um den Mann oder ſeine Umgebung er¬
worben habe, daß man ſolche Anſtalten mache. Das
Eine gereichte zu meiner Beruhigung, daß ich aus
dieſen Vorrichtungen ſah, daß ich in dem Hauſe nicht
unwillkommen ſei; denn ſonſt wäre man nicht auf den
Gedanken derſelben gerathen. Dieſes Bewußtſein ver¬
ſprach meinen Bewegungen in den hieſigen Verhält¬
niſſen viel mehr Freiheit zu geben. Ich ſtattete endlich
doch meinen Dank ab, und man nahm ihn mit Ver¬
gnügen auf.

Da ich in meiner Wohnung meine Wanderſachen
abgelegt hatte, und die erſten allgemeinen Geſpräche
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[364/0378] an der weſtlichen Grenze des Gartens lag, und in früheren Zeiten zu den Steinarbeiten benuzt worden war, einen Raum, den man ausgeleert hatte, und in welchen ich Gegenſtände, die ich geſammelt hätte, bis auf weitere Verfügung niederlegen könnte. Sollte ich mehr brauchen, ſo könne noch mehr geräumt wer¬ den, da jezt die Arbeiten mit den Steinen faſt been¬ digt ſeien, und ſelten etwas geſägt geſchliffen oder geglättet werde. Ich war über dieſe Aufmerkſamkeiten ſo gerührt, daß ich faſt keinen Dank dafür zu ſagen vermochte. Ich begrif nicht, was ich mir denn für Verdienſte um den Mann oder ſeine Umgebung er¬ worben habe, daß man ſolche Anſtalten mache. Das Eine gereichte zu meiner Beruhigung, daß ich aus dieſen Vorrichtungen ſah, daß ich in dem Hauſe nicht unwillkommen ſei; denn ſonſt wäre man nicht auf den Gedanken derſelben gerathen. Dieſes Bewußtſein ver¬ ſprach meinen Bewegungen in den hieſigen Verhält¬ niſſen viel mehr Freiheit zu geben. Ich ſtattete endlich doch meinen Dank ab, und man nahm ihn mit Ver¬ gnügen auf. Da ich in meiner Wohnung meine Wanderſachen abgelegt hatte, und die erſten allgemeinen Geſpräche vorüber waren, wollte ich einen überſichtlichen Gang

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/378>, abgerufen am 01.06.2024.