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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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feine Kinderangesichtchen, wenn sie von Pelzwerk um¬
geben sind, noch feiner aussehen. Ein sanftes Roth
war auf seinen Wangen braune Haarfülle um die
Stirne, und die großen schwarzen Augen waren wie
bei einem Mädchen. Es war, obwohl er sehr heiter
war, fast etwas Trauerndes in ihnen.

Wir gingen dem Plaze zu, auf welchem sein Zieh¬
vater beschäftigt war. Ich erzählte ihm auf dem Wege
von meinen Angehörigen; von meiner Mutter von
meinem Vater und von meiner lieblichen Schwester.
Auch erzählte ich ihm von der Stadt, wie man dort
lebe, was sie für Vergnügungen biethe, was sie für
Unannehmlichkeiten habe, und wie ich in ihr meine
Zeit hinbringe. Er sagte mir, daß er jezt schon in die
Naturlehre eingerückt sei, daß ihm der Vater Versuche
zeige, und daß ihn die Sache sehr freue.

Wir blieben eine Weile bei dem Ziehvater. Gu¬
stav zeigte mir allerlei, und machte mich bald auf diese
bald auf jene Veränderung aufmerksam, welche sich
seit meiner früheren Anwesenheit ergeben habe.

Der Mittag vereinigte uns in dem Hause.

Da ich so, da die Speisen erschienen, meinem
alten Gastfreunde gegenüber saß, fiel mir plözlich
auf, was der Mann für schöne Zähne habe. Sehr

feine Kinderangeſichtchen, wenn ſie von Pelzwerk um¬
geben ſind, noch feiner ausſehen. Ein ſanftes Roth
war auf ſeinen Wangen braune Haarfülle um die
Stirne, und die großen ſchwarzen Augen waren wie
bei einem Mädchen. Es war, obwohl er ſehr heiter
war, faſt etwas Trauerndes in ihnen.

Wir gingen dem Plaze zu, auf welchem ſein Zieh¬
vater beſchäftigt war. Ich erzählte ihm auf dem Wege
von meinen Angehörigen; von meiner Mutter von
meinem Vater und von meiner lieblichen Schweſter.
Auch erzählte ich ihm von der Stadt, wie man dort
lebe, was ſie für Vergnügungen biethe, was ſie für
Unannehmlichkeiten habe, und wie ich in ihr meine
Zeit hinbringe. Er ſagte mir, daß er jezt ſchon in die
Naturlehre eingerückt ſei, daß ihm der Vater Verſuche
zeige, und daß ihn die Sache ſehr freue.

Wir blieben eine Weile bei dem Ziehvater. Gu¬
ſtav zeigte mir allerlei, und machte mich bald auf dieſe
bald auf jene Veränderung aufmerkſam, welche ſich
ſeit meiner früheren Anweſenheit ergeben habe.

Der Mittag vereinigte uns in dem Hauſe.

Da ich ſo, da die Speiſen erſchienen, meinem
alten Gaſtfreunde gegenüber ſaß, fiel mir plözlich
auf, was der Mann für ſchöne Zähne habe. Sehr

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[331/0345] feine Kinderangeſichtchen, wenn ſie von Pelzwerk um¬ geben ſind, noch feiner ausſehen. Ein ſanftes Roth war auf ſeinen Wangen braune Haarfülle um die Stirne, und die großen ſchwarzen Augen waren wie bei einem Mädchen. Es war, obwohl er ſehr heiter war, faſt etwas Trauerndes in ihnen. Wir gingen dem Plaze zu, auf welchem ſein Zieh¬ vater beſchäftigt war. Ich erzählte ihm auf dem Wege von meinen Angehörigen; von meiner Mutter von meinem Vater und von meiner lieblichen Schweſter. Auch erzählte ich ihm von der Stadt, wie man dort lebe, was ſie für Vergnügungen biethe, was ſie für Unannehmlichkeiten habe, und wie ich in ihr meine Zeit hinbringe. Er ſagte mir, daß er jezt ſchon in die Naturlehre eingerückt ſei, daß ihm der Vater Verſuche zeige, und daß ihn die Sache ſehr freue. Wir blieben eine Weile bei dem Ziehvater. Gu¬ ſtav zeigte mir allerlei, und machte mich bald auf dieſe bald auf jene Veränderung aufmerkſam, welche ſich ſeit meiner früheren Anweſenheit ergeben habe. Der Mittag vereinigte uns in dem Hauſe. Da ich ſo, da die Speiſen erſchienen, meinem alten Gaſtfreunde gegenüber ſaß, fiel mir plözlich auf, was der Mann für ſchöne Zähne habe. Sehr

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/345>, abgerufen am 29.06.2024.