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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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nur daß sie von wärmerem Stoffe gemacht war. Die
weißen Haare hatte er wieder wie gewöhnlich un¬
bedeckt.

Er schien mir wieder so sehr ein Ganzes mit sei¬
ner Umgebung, wie er es mir im vorigen Sommer
geschienen hatte.

Man war damit beschäftigt, die Stämme der
Obstbäume mit Wasser und Seife zu reinigen. Auch
sah ich, wie hie und da Arbeiter auf Leitern neben
den Bäumen waren, um die abgestorbenen und über¬
flüssigen Äste abzuschneiden. Als ich im vorigen
Sommer fort gegangen war, hatte mein Gastfreund
gesagt, daß ich meine Wiederkunft vorher durch eine
Botschaft anzeigen möge, damit ich ihn zu Hause
treffe. Er hatte aber wahrscheinlich nicht bedacht, daß
dieses Schwierigkeiten habe, indem ich in der Regel
selber nicht wissen kann, wie sich durch Witterungs¬
verhältnisse oder andere Umstände meine Vorhaben
zu ändern gezwungen sein dürften. Ich habe ihm
also eine Botschaft nicht geschickt, und ihn auf meine
Gefahr hin überrascht. Er aber nahm mich so freund¬
lich auf, da er mich auf sich zuschreiten sah, wie er
mich bei dem vorigjährigen Aufenthalte in seinem
Hause freundlich behandelt hat.

nur daß ſie von wärmerem Stoffe gemacht war. Die
weißen Haare hatte er wieder wie gewöhnlich un¬
bedeckt.

Er ſchien mir wieder ſo ſehr ein Ganzes mit ſei¬
ner Umgebung, wie er es mir im vorigen Sommer
geſchienen hatte.

Man war damit beſchäftigt, die Stämme der
Obſtbäume mit Waſſer und Seife zu reinigen. Auch
ſah ich, wie hie und da Arbeiter auf Leitern neben
den Bäumen waren, um die abgeſtorbenen und über¬
flüſſigen Äſte abzuſchneiden. Als ich im vorigen
Sommer fort gegangen war, hatte mein Gaſtfreund
geſagt, daß ich meine Wiederkunft vorher durch eine
Botſchaft anzeigen möge, damit ich ihn zu Hauſe
treffe. Er hatte aber wahrſcheinlich nicht bedacht, daß
dieſes Schwierigkeiten habe, indem ich in der Regel
ſelber nicht wiſſen kann, wie ſich durch Witterungs¬
verhältniſſe oder andere Umſtände meine Vorhaben
zu ändern gezwungen ſein dürften. Ich habe ihm
alſo eine Botſchaft nicht geſchickt, und ihn auf meine
Gefahr hin überraſcht. Er aber nahm mich ſo freund¬
lich auf, da er mich auf ſich zuſchreiten ſah, wie er
mich bei dem vorigjährigen Aufenthalte in ſeinem
Hauſe freundlich behandelt hat.

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[324/0338] nur daß ſie von wärmerem Stoffe gemacht war. Die weißen Haare hatte er wieder wie gewöhnlich un¬ bedeckt. Er ſchien mir wieder ſo ſehr ein Ganzes mit ſei¬ ner Umgebung, wie er es mir im vorigen Sommer geſchienen hatte. Man war damit beſchäftigt, die Stämme der Obſtbäume mit Waſſer und Seife zu reinigen. Auch ſah ich, wie hie und da Arbeiter auf Leitern neben den Bäumen waren, um die abgeſtorbenen und über¬ flüſſigen Äſte abzuſchneiden. Als ich im vorigen Sommer fort gegangen war, hatte mein Gaſtfreund geſagt, daß ich meine Wiederkunft vorher durch eine Botſchaft anzeigen möge, damit ich ihn zu Hauſe treffe. Er hatte aber wahrſcheinlich nicht bedacht, daß dieſes Schwierigkeiten habe, indem ich in der Regel ſelber nicht wiſſen kann, wie ſich durch Witterungs¬ verhältniſſe oder andere Umſtände meine Vorhaben zu ändern gezwungen ſein dürften. Ich habe ihm alſo eine Botſchaft nicht geſchickt, und ihn auf meine Gefahr hin überraſcht. Er aber nahm mich ſo freund¬ lich auf, da er mich auf ſich zuſchreiten ſah, wie er mich bei dem vorigjährigen Aufenthalte in ſeinem Hauſe freundlich behandelt hat.

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/338>, abgerufen am 25.11.2024.