nigs und seines Gefolges sind sehr begreiflich aber fast unheimlich. Beinahe herzzerreißend ist nun die treuherzige fast blöde Zuversicht des Königs, womit er die eine Tochter, die mit schnöden Worten seinen Handlungen entgegen getreten war, verläßt, um zu der anderen sanfteren zu gehen, die ihn mit noch här¬ terem Urtheile abweist. Sein Diener ist hier in den Stock geschlagen, er selber findet keine Aufnahme, weil man nicht vorbereitet ist, weil man die andere Schwester erwartet, die man aufnehmen muß, man räth dem König, zu der verlassenen Tochter zurückzu¬ kehren, und sich ihren Maßregeln zu fügen. Bei dem Könige war vorher blindes Vertrauen in die Töchter, Übereilung im Urtheile gegen Cordelia Leichtsinn in Vergebung der Würden: jezt entsteht Reue Scham Wuth und Raserei. Er will nicht zu der Tochter zu¬ rückkehren, eher geht er in den Sturm und in das Ungewitter auf die Haide hinaus, die gegen ihn wü¬ then dürfen, denen er ja nichts geschenkt hat. Er tritt in die Wüste bei Nacht Sturm und Ungewitter, der Greis gibt die weißen Haare den Winden preis, da er auf der Haide vorschreitet, von niemanden begleitet als von dem Narren, er wirft den Mantel in die Luft, und da er sich in Ausdrücken erschöpft hat, weiß er
nigs und ſeines Gefolges ſind ſehr begreiflich aber faſt unheimlich. Beinahe herzzerreißend iſt nun die treuherzige faſt blöde Zuverſicht des Königs, womit er die eine Tochter, die mit ſchnöden Worten ſeinen Handlungen entgegen getreten war, verläßt, um zu der anderen ſanfteren zu gehen, die ihn mit noch här¬ terem Urtheile abweist. Sein Diener iſt hier in den Stock geſchlagen, er ſelber findet keine Aufnahme, weil man nicht vorbereitet iſt, weil man die andere Schweſter erwartet, die man aufnehmen muß, man räth dem König, zu der verlaſſenen Tochter zurückzu¬ kehren, und ſich ihren Maßregeln zu fügen. Bei dem Könige war vorher blindes Vertrauen in die Töchter, Übereilung im Urtheile gegen Cordelia Leichtſinn in Vergebung der Würden: jezt entſteht Reue Scham Wuth und Raſerei. Er will nicht zu der Tochter zu¬ rückkehren, eher geht er in den Sturm und in das Ungewitter auf die Haide hinaus, die gegen ihn wü¬ then dürfen, denen er ja nichts geſchenkt hat. Er tritt in die Wüſte bei Nacht Sturm und Ungewitter, der Greis gibt die weißen Haare den Winden preis, da er auf der Haide vorſchreitet, von niemanden begleitet als von dem Narren, er wirft den Mantel in die Luft, und da er ſich in Ausdrücken erſchöpft hat, weiß er
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nigs und ſeines Gefolges ſind ſehr begreiflich aber
faſt unheimlich. Beinahe herzzerreißend iſt nun die
treuherzige faſt blöde Zuverſicht des Königs, womit
er die eine Tochter, die mit ſchnöden Worten ſeinen
Handlungen entgegen getreten war, verläßt, um zu
der anderen ſanfteren zu gehen, die ihn mit noch här¬
terem Urtheile abweist. Sein Diener iſt hier in den
Stock geſchlagen, er ſelber findet keine Aufnahme,
weil man nicht vorbereitet iſt, weil man die andere
Schweſter erwartet, die man aufnehmen muß, man
räth dem König, zu der verlaſſenen Tochter zurückzu¬
kehren, und ſich ihren Maßregeln zu fügen. Bei dem
Könige war vorher blindes Vertrauen in die Töchter,
Übereilung im Urtheile gegen Cordelia Leichtſinn in
Vergebung der Würden: jezt entſteht Reue Scham
Wuth und Raſerei. Er will nicht zu der Tochter zu¬
rückkehren, eher geht er in den Sturm und in das
Ungewitter auf die Haide hinaus, die gegen ihn wü¬
then dürfen, denen er ja nichts geſchenkt hat. Er tritt
in die Wüſte bei Nacht Sturm und Ungewitter, der
Greis gibt die weißen Haare den Winden preis, da
er auf der Haide vorſchreitet, von niemanden begleitet
als von dem Narren, er wirft den Mantel in die Luft,
und da er ſich in Ausdrücken erſchöpft hat, weiß er
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/316>, abgerufen am 16.02.2025.
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