Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715.

Bild:
<< vorherige Seite
Europäisches
gar von ihnen wäre dependent worden: wel-
ches aber wieder alle fundamenta historica
und bey nahe auf ein absurdum hinaus lauf-
fen würde. Und wem ist unwissende, daß dieje-
nigen Königreiche, welche sich von der Juris-
diction
des Pabstes entzogen, gleichwohl noch
biß dato in vielen Stücken das Päbstl. Recht
behalten, und dem Juri Civili vorziehen? wo-
durch aber nicht inferiret werden kan, daß sie
den Pabst noch für ihren Oberen erkennen,
sondern sie haben es darumb behalten, weil sie
in dem Jure Canonico mehr Billigkeit und
besseren Entscheid der Casuum finden, als aus
dem Jure Civili ziehen können. Jch weiß wohl
daß Arturius Duck in seinem Tractat de
usu & authoritate Jur. Civil.
hin und wieder
darzuthun trachtet, daß fast alle Reiche Euro-
pae
solches Jus Civile oder Romanum intro-
duci
ret, und also einige Dependentz von den
Röm. Kaysern gehabt; allein man muß sich
dabey auch bescheiden, daß die meisten dersel-
ben Reiche von den Römern überwunden, zu
Provintzien gemacht, und das Jus Romanum
jure & impositione victoris, non sponta-
nea receptione
in selbigen eingeführet, und
als auch nachgehends das imperium der
Römer in solchen Reichen aufgehöret, es den-
noch, theils weil man sich daran gewehnet,
theils weil man es für gut befunden, geraume
Zeit
Europaͤiſches
gar von ihnen waͤre dependent worden: wel-
ches aber wieder alle fundamenta hiſtorica
und bey nahe auf ein abſurdum hinaus lauf-
fen wuͤrde. Und wem iſt unwiſſende, daß dieje-
nigen Koͤnigreiche, welche ſich von der Juris-
diction
des Pabſtes entzogen, gleichwohl noch
biß dato in vielen Stuͤcken das Paͤbſtl. Recht
behalten, und dem Juri Civili vorziehen? wo-
durch aber nicht inferiret werden kan, daß ſie
den Pabſt noch fuͤr ihren Oberen erkennen,
ſondern ſie haben es darumb behalten, weil ſie
in dem Jure Canonico mehr Billigkeit und
beſſeren Entſcheid der Caſuum finden, als aus
dem Jure Civili ziehen koͤnnen. Jch weiß wohl
daß Arturius Duck in ſeinem Tractat de
uſu & authoritate Jur. Civil.
hin und wieder
darzuthun trachtet, daß faſt alle Reiche Euro-
ſolches Jus Civile oder Romanum intro-
duci
ret, und alſo einige Dependentz von den
Roͤm. Kayſern gehabt; allein man muß ſich
dabey auch beſcheiden, daß die meiſten derſel-
ben Reiche von den Roͤmern uͤberwunden, zu
Provintzien gemacht, und das Jus Romanum
jure & impoſitione victoris, non ſponta-
nea receptione
in ſelbigen eingefuͤhret, und
als auch nachgehends das imperium der
Roͤmer in ſolchen Reichen aufgehoͤret, es den-
noch, theils weil man ſich daran gewehnet,
theils weil man es fuͤr gut befunden, geraume
Zeit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <list>
              <item><pb facs="#f0092" n="64"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Europa&#x0364;i&#x017F;ches</hi></fw><lb/>
gar von ihnen wa&#x0364;re <hi rendition="#aq">dependent</hi> worden: wel-<lb/>
ches aber wieder alle <hi rendition="#aq">fundamenta hi&#x017F;torica</hi><lb/>
und bey nahe auf ein <hi rendition="#aq">ab&#x017F;urdum</hi> hinaus lauf-<lb/>
fen wu&#x0364;rde. Und wem i&#x017F;t unwi&#x017F;&#x017F;ende, daß dieje-<lb/>
nigen Ko&#x0364;nigreiche, welche &#x017F;ich von der <hi rendition="#aq">Juris-<lb/>
diction</hi> des Pab&#x017F;tes entzogen, gleichwohl noch<lb/>
biß <hi rendition="#aq">dato</hi> in vielen Stu&#x0364;cken das Pa&#x0364;b&#x017F;tl. Recht<lb/>
behalten, und dem <hi rendition="#aq">Juri Civili</hi> vorziehen? wo-<lb/>
durch aber nicht <hi rendition="#aq">inferi</hi>ret werden kan, daß &#x017F;ie<lb/>
den Pab&#x017F;t noch fu&#x0364;r ihren Oberen erkennen,<lb/>
&#x017F;ondern &#x017F;ie haben es darumb behalten, weil &#x017F;ie<lb/>
in dem <hi rendition="#aq">Jure Canonico</hi> mehr Billigkeit und<lb/>
be&#x017F;&#x017F;eren Ent&#x017F;cheid der <hi rendition="#aq">Ca&#x017F;uum</hi> finden, als aus<lb/>
dem <hi rendition="#aq">Jure Civili</hi> ziehen ko&#x0364;nnen. Jch weiß wohl<lb/>
daß <hi rendition="#aq">Arturius Duck</hi> in &#x017F;einem <hi rendition="#aq">Tractat de<lb/>
u&#x017F;u &amp; authoritate Jur. Civil.</hi> hin und wieder<lb/>
darzuthun trachtet, daß fa&#x017F;t alle Reiche <hi rendition="#aq">Euro-<lb/></hi> &#x017F;olches <hi rendition="#aq">Jus Civile</hi> oder <hi rendition="#aq">Romanum intro-<lb/>
duci</hi>ret, und al&#x017F;o einige <hi rendition="#aq">Depende</hi>ntz von den<lb/>
Ro&#x0364;m. Kay&#x017F;ern gehabt; allein man muß &#x017F;ich<lb/>
dabey auch be&#x017F;cheiden, daß die mei&#x017F;ten der&#x017F;el-<lb/>
ben Reiche von den Ro&#x0364;mern u&#x0364;berwunden, zu<lb/>
Provintzien gemacht, und das <hi rendition="#aq">Jus Romanum<lb/>
jure &amp; impo&#x017F;itione victoris, non &#x017F;ponta-<lb/>
nea receptione</hi> in &#x017F;elbigen eingefu&#x0364;hret, und<lb/>
als auch nachgehends das <hi rendition="#aq">imperium</hi> der<lb/>
Ro&#x0364;mer in &#x017F;olchen Reichen aufgeho&#x0364;ret, es den-<lb/>
noch, theils weil man &#x017F;ich daran gewehnet,<lb/>
theils weil man es fu&#x0364;r gut befunden, geraume<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Zeit</fw><lb/></item>
            </list>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0092] Europaͤiſches gar von ihnen waͤre dependent worden: wel- ches aber wieder alle fundamenta hiſtorica und bey nahe auf ein abſurdum hinaus lauf- fen wuͤrde. Und wem iſt unwiſſende, daß dieje- nigen Koͤnigreiche, welche ſich von der Juris- diction des Pabſtes entzogen, gleichwohl noch biß dato in vielen Stuͤcken das Paͤbſtl. Recht behalten, und dem Juri Civili vorziehen? wo- durch aber nicht inferiret werden kan, daß ſie den Pabſt noch fuͤr ihren Oberen erkennen, ſondern ſie haben es darumb behalten, weil ſie in dem Jure Canonico mehr Billigkeit und beſſeren Entſcheid der Caſuum finden, als aus dem Jure Civili ziehen koͤnnen. Jch weiß wohl daß Arturius Duck in ſeinem Tractat de uſu & authoritate Jur. Civil. hin und wieder darzuthun trachtet, daß faſt alle Reiche Euro- pæ ſolches Jus Civile oder Romanum intro- duciret, und alſo einige Dependentz von den Roͤm. Kayſern gehabt; allein man muß ſich dabey auch beſcheiden, daß die meiſten derſel- ben Reiche von den Roͤmern uͤberwunden, zu Provintzien gemacht, und das Jus Romanum jure & impoſitione victoris, non ſponta- nea receptione in ſelbigen eingefuͤhret, und als auch nachgehends das imperium der Roͤmer in ſolchen Reichen aufgehoͤret, es den- noch, theils weil man ſich daran gewehnet, theils weil man es fuͤr gut befunden, geraume Zeit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/92
Zitationshilfe: Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/92>, abgerufen am 23.04.2024.