Franckreich die Praecedentz vor ihnen absolut haben wolte, erkläreten sie sich hautement, daß sie denen Fantzosen im geringsten nicht wei- chen würden, sagende: Daß ob gleich Franck- reich Schweden an Force überlegen, so besässe doch dieses eben dieselbige dignite, und zwar in einem eben so hohen degre, als jenes; und weil sie also Majestate und independentia pares, so könte auch keines von dem andern den mindersten Vorzug praetendiren, inter aequales enim non daretur magis aut minus. Die Contestatio- nes waren von beyden Theilen dermassen hitzig und hartnäckich, daß man kein Mittel mehr sahe selbige zu moderiren, ausser dem eintzigen: daß man diese zwey in dem Kriege beysammen gestan- dene, bey nunmehro zu erfolgendem Frieden aber über dem blossen Ceremoniel mit einander verfal- lende separirte, und die Frantzosen in Münster, die Schweden aber in Oßnabrüg ihren sejour zu nehmen anwiese: welches Expediens zwar von beyden Theilen beliebet und angenommen, aber dem gantzen Ceremonien-Werck dadurch noch kein sicheres und unstreitiges Reglement gege- ben wurde: weil nicht zugleich abgeredet worden war, wer unter diesen beyden dem andern die Vi- site d' honneur abstatten solte.
§. 4.
Es ist zwar von Ablegung der Visiten, welche die Ambassadeurs und respective En- voyes abzustatten pflegen, schon in dem III. Theil
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Hoff-Ceremoniel.
Franckreich die Præcedentz vor ihnen abſolut haben wolte, erklaͤreten ſie ſich hautement, daß ſie denen Fantzoſen im geringſten nicht wei- chen wuͤrden, ſagende: Daß ob gleich Franck- reich Schweden an Force uͤberlegen, ſo beſaͤſſe doch dieſes eben dieſelbige dignité, und zwar in einem eben ſo hohen degré, als jenes; und weil ſie alſo Majeſtate und independentia pares, ſo koͤnte auch keines von dem andern den minderſten Vorzug prætendiren, inter æquales enim non daretur magis aut minus. Die Conteſtatio- nes waren von beyden Theilen dermaſſen hitzig und hartnaͤckich, daß man kein Mittel mehr ſahe ſelbige zu moderiren, auſſer dem eintzigen: daß man dieſe zwey in dem Kriege beyſammen geſtan- dene, bey nunmehro zu erfolgendem Frieden aber uͤber dem bloſſen Ceremoniel mit einander verfal- lende ſeparirte, und die Frantzoſen in Muͤnſter, die Schweden aber in Oßnabruͤg ihren ſejour zu nehmen anwieſe: welches Expediens zwar von beyden Theilen beliebet und angenommen, aber dem gantzen Ceremonien-Werck dadurch noch kein ſicheres und unſtreitiges Reglement gege- ben wurde: weil nicht zugleich abgeredet worden war, wer unter dieſen beyden dem andern die Vi- ſite d’ honneur abſtatten ſolte.
§. 4.
Es iſt zwar von Ablegung der Viſiten, welche die Ambaſſadeurs und reſpective En- voyés abzuſtatten pflegen, ſchon in dem III. Theil
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Hoff-Ceremoniel.
Franckreich die Præcedentz vor ihnen abſolut
haben wolte, erklaͤreten ſie ſich hautement,
daß ſie denen Fantzoſen im geringſten nicht wei-
chen wuͤrden, ſagende: Daß ob gleich Franck-
reich Schweden an Force uͤberlegen, ſo beſaͤſſe
doch dieſes eben dieſelbige dignité, und zwar in
einem eben ſo hohen degré, als jenes; und weil ſie
alſo Majeſtate und independentia pares, ſo
koͤnte auch keines von dem andern den minderſten
Vorzug prætendiren, inter æquales enim non
daretur magis aut minus. Die Conteſtatio-
nes waren von beyden Theilen dermaſſen hitzig
und hartnaͤckich, daß man kein Mittel mehr ſahe
ſelbige zu moderiren, auſſer dem eintzigen: daß
man dieſe zwey in dem Kriege beyſammen geſtan-
dene, bey nunmehro zu erfolgendem Frieden aber
uͤber dem bloſſen Ceremoniel mit einander verfal-
lende ſeparirte, und die Frantzoſen in Muͤnſter, die
Schweden aber in Oßnabruͤg ihren ſejour zu
nehmen anwieſe: welches Expediens zwar von
beyden Theilen beliebet und angenommen, aber
dem gantzen Ceremonien-Werck dadurch noch
kein ſicheres und unſtreitiges Reglement gege-
ben wurde: weil nicht zugleich abgeredet worden
war, wer unter dieſen beyden dem andern die Vi-
ſite d’ honneur abſtatten ſolte.
§. 4. Es iſt zwar von Ablegung der Viſiten,
welche die Ambaſſadeurs und reſpective En-
voyés abzuſtatten pflegen, ſchon in dem III. Theil
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Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/389>, abgerufen am 06.05.2024.
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