Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715.

Bild:
<< vorherige Seite
Hoff-Ceremoniel.
die Päbste nebst andern Mitteln auch da-
durch gelangen; weil sie bevor selbige auf
den Päbstl. Thron erhoben werden, viele
und beträchtliche Nunciaturen an den Hö-
fen Christlicher Potentaten verrichtet, und
das Absehen, Stärcke und Schwäche,
Furcht und Hoffnung, eines oder des an-
dern Hofes kennen lernen: welches Mittel
andern Potentaten nicht auf dergleichen
Art vorbehalten, und zu statten kommet.
Und ob es gleich auch etwan geschehen, daß
zu Zeiten ein Pabst einem Theile mehr fa-
vorisi
ret als dem andern, so ist und hat sol-
ches propter rationem status, welchen
der Pabst so wenig als ein anderer Poten-
tate negligiren kan, geschehen müssen; wenn
aber nur die Furcht für einem verschwun-
den, so hat sich auch denn der Favor, oder die
so genennete Partheylichkeit verlohren, und
hat die Päbstl. Mediation hernach jeder-
zeit den Character einer Billigkeit behal-
ten. Allein, wenn die Sache das blosse In-
teress
e Religionis Catholicae so wohl quo-
ad credenda, quam quoad Jura Ecclesiae
concerni
ret; so ist es der puren Unmög-
lichkeit, daß man dem Pabste die Media-
ti
on überlassen könne; weil er im Gewissen
verbunden, sein eignes, oder seines Glaubens-
Genossen Interesse, und die Catholische
Reli-
X 3
Hoff-Ceremoniel.
die Paͤbſte nebſt andern Mitteln auch da-
durch gelangen; weil ſie bevor ſelbige auf
den Paͤbſtl. Thron erhoben werden, viele
und betraͤchtliche Nunciaturen an den Hoͤ-
fen Chriſtlicher Potentaten verrichtet, und
das Abſehen, Staͤrcke und Schwaͤche,
Furcht und Hoffnung, eines oder des an-
dern Hofes kennen lernen: welches Mittel
andern Potentaten nicht auf dergleichen
Art vorbehalten, und zu ſtatten kommet.
Und ob es gleich auch etwan geſchehen, daß
zu Zeiten ein Pabſt einem Theile mehr fa-
voriſi
ret als dem andern, ſo iſt und hat ſol-
ches propter rationem ſtatus, welchen
der Pabſt ſo wenig als ein anderer Poten-
tate negligiren kan, geſchehen muͤſſen; wenn
aber nur die Furcht fuͤr einem verſchwun-
den, ſo hat ſich auch denn der Favor, oder die
ſo genennete Partheylichkeit verlohren, und
hat die Paͤbſtl. Mediation hernach jeder-
zeit den Character einer Billigkeit behal-
ten. Allein, wenn die Sache das bloſſe In-
tereſſ
e Religionis Catholicæ ſo wohl quo-
ad credenda, quam quoad Jura Eccleſiæ
concerni
ret; ſo iſt es der puren Unmoͤg-
lichkeit, daß man dem Pabſte die Media-
ti
on uͤberlaſſen koͤnne; weil er im Gewiſſen
verbunden, ſein eignes, odeꝛ ſeines Glaubens-
Genoſſen Intereſſe, und die Catholiſche
Reli-
X 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <list>
              <item><pb facs="#f0353" n="325"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Hoff-<hi rendition="#aq">Ceremoniel.</hi></hi></fw><lb/>
die Pa&#x0364;b&#x017F;te neb&#x017F;t andern Mitteln auch da-<lb/>
durch gelangen; weil &#x017F;ie bevor &#x017F;elbige auf<lb/>
den Pa&#x0364;b&#x017F;tl. Thron erhoben werden, viele<lb/>
und betra&#x0364;chtliche <hi rendition="#aq">Nunciatu</hi>ren an den Ho&#x0364;-<lb/>
fen Chri&#x017F;tlicher Potentaten verrichtet, und<lb/>
das Ab&#x017F;ehen, Sta&#x0364;rcke und Schwa&#x0364;che,<lb/>
Furcht und Hoffnung, eines oder des an-<lb/>
dern Hofes kennen lernen: welches Mittel<lb/>
andern Potentaten nicht auf dergleichen<lb/>
Art vorbehalten, und zu &#x017F;tatten kommet.<lb/>
Und ob es gleich auch etwan ge&#x017F;chehen, daß<lb/>
zu Zeiten ein Pab&#x017F;t einem Theile mehr <hi rendition="#aq">fa-<lb/>
vori&#x017F;i</hi>ret als dem andern, &#x017F;o i&#x017F;t und hat &#x017F;ol-<lb/>
ches <hi rendition="#aq">propter rationem &#x017F;tatus,</hi> welchen<lb/>
der Pab&#x017F;t &#x017F;o wenig als ein anderer Poten-<lb/>
tate <hi rendition="#aq">negligi</hi>ren kan, ge&#x017F;chehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; wenn<lb/>
aber nur die Furcht fu&#x0364;r einem ver&#x017F;chwun-<lb/>
den, &#x017F;o hat &#x017F;ich auch denn der <hi rendition="#aq">Favor,</hi> oder die<lb/>
&#x017F;o genennete Partheylichkeit verlohren, und<lb/>
hat die Pa&#x0364;b&#x017F;tl. <hi rendition="#aq">Mediati</hi>on hernach jeder-<lb/>
zeit den <hi rendition="#aq">Charact</hi>er einer Billigkeit behal-<lb/>
ten. Allein, wenn die Sache das blo&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">In-<lb/>
tere&#x017F;&#x017F;</hi>e <hi rendition="#aq">Religionis Catholicæ</hi> &#x017F;o wohl <hi rendition="#aq">quo-<lb/>
ad credenda, quam quoad Jura Eccle&#x017F;<lb/>
concerni</hi>ret; &#x017F;o i&#x017F;t es der puren Unmo&#x0364;g-<lb/>
lichkeit, daß man dem Pab&#x017F;te die <hi rendition="#aq">Media-<lb/>
ti</hi>on u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nne; weil er im Gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
verbunden, &#x017F;ein eignes, ode&#xA75B; &#x017F;eines Glaubens-<lb/>
Geno&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">Intere&#x017F;&#x017F;</hi>e, und die Catholi&#x017F;che<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Reli-</fw><lb/></item>
            </list>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[325/0353] Hoff-Ceremoniel. die Paͤbſte nebſt andern Mitteln auch da- durch gelangen; weil ſie bevor ſelbige auf den Paͤbſtl. Thron erhoben werden, viele und betraͤchtliche Nunciaturen an den Hoͤ- fen Chriſtlicher Potentaten verrichtet, und das Abſehen, Staͤrcke und Schwaͤche, Furcht und Hoffnung, eines oder des an- dern Hofes kennen lernen: welches Mittel andern Potentaten nicht auf dergleichen Art vorbehalten, und zu ſtatten kommet. Und ob es gleich auch etwan geſchehen, daß zu Zeiten ein Pabſt einem Theile mehr fa- voriſiret als dem andern, ſo iſt und hat ſol- ches propter rationem ſtatus, welchen der Pabſt ſo wenig als ein anderer Poten- tate negligiren kan, geſchehen muͤſſen; wenn aber nur die Furcht fuͤr einem verſchwun- den, ſo hat ſich auch denn der Favor, oder die ſo genennete Partheylichkeit verlohren, und hat die Paͤbſtl. Mediation hernach jeder- zeit den Character einer Billigkeit behal- ten. Allein, wenn die Sache das bloſſe In- tereſſe Religionis Catholicæ ſo wohl quo- ad credenda, quam quoad Jura Eccleſiæ concerniret; ſo iſt es der puren Unmoͤg- lichkeit, daß man dem Pabſte die Media- tion uͤberlaſſen koͤnne; weil er im Gewiſſen verbunden, ſein eignes, odeꝛ ſeines Glaubens- Genoſſen Intereſſe, und die Catholiſche Reli- X 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/353
Zitationshilfe: Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/353>, abgerufen am 07.05.2024.