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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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und den Bodensee auf eigenem Grunde einen Zugang begehrten zu den vorderösterreichischen Gebieten in Schwaben, welche von den Herzogthümern und Grafschaften, die Kaiser Rudolphs Nachkommen im Ostreiche und im Gebirge erworben, völlig abgeschnitten waren. Von dieser Zeit an nannten die Herzoge von Oesterreich, Grafen zu Tirol, welche zu Innsbruck Hof hielten, die ehemalig montfortischen Herrschaften an der Ill und dem Rheine ihre Länder vor dem Arlberge, und dieser in Tirol entstandene Name ist dann mit der Zeit auch bei den Eingebornen in Gebrauch gekommen.

Im Jahre 1523 überließ Hugo Graf von Montfort auch die eine ihm zuletzt noch gebliebene Hälfte der Stadt Bregenz an den Erzherzog Ferdinand, den spätern Kaiser, und seit diesem Jahre hatten die Montforte kein Besitzthum mehr in Vorarlberg, das ihnen ehedem schier ganz zu eigen gewesen war. Sie haben hernach noch fast drei Jahrhunderte lang, aber ruhmlos in Schwaben gelebt.

Die vier Herrschaften vor dem Arlberge, nämlich Feldkirch, Bregenz, Sonnenberg und Bludenz wurden indessen nach ihrer Erwerbung durch die österreichischen Fürsten nicht zur Grafschaft Tirol geschlagen, sondern zu den vorderösterreichischen Ländern. Deßwegen standen sie auch nicht unter der Regierung zn Innsbruck, sondern unter jener zu Freiburg im Breisgau. Erst Kaiser Joseph II. vereinigte dieses Gebiet, jedoch unbeschadet seiner eigenen ständischen Verfassung, mit Tirol. Nach der Abtretung an Bayern kam es zum Illerkreise, dessen Hauptstadt Kempten war. Seit dem Jahre 1814 ist das Land in der Verwaltung wieder mit Tirol verbunden, steht unter dem Landesgubernium zu Innsbruck und bildet einen Kreis für sich, dessen Hauptmann seinen Sitz zu Bregenz hat. Das schöne Amt Weiler, welches ehedem zu Vorarlberg gehörte, ist in den Verträgen von besagtem Jahre der Krone Bayern verblieben. Früher schon waren dem Lande die ehemals reichsunmittelbaren Herrschaften Hohenems, Blumeneck, St. Gerold und Lustenau zugefallen.

Vorarlberg hatte bis zum Jahre 1806 oder genauer genommen bis zum 1 Mai 1808 seine eigenen Stände. Man

und den Bodensee auf eigenem Grunde einen Zugang begehrten zu den vorderösterreichischen Gebieten in Schwaben, welche von den Herzogthümern und Grafschaften, die Kaiser Rudolphs Nachkommen im Ostreiche und im Gebirge erworben, völlig abgeschnitten waren. Von dieser Zeit an nannten die Herzoge von Oesterreich, Grafen zu Tirol, welche zu Innsbruck Hof hielten, die ehemalig montfortischen Herrschaften an der Ill und dem Rheine ihre Länder vor dem Arlberge, und dieser in Tirol entstandene Name ist dann mit der Zeit auch bei den Eingebornen in Gebrauch gekommen.

Im Jahre 1523 überließ Hugo Graf von Montfort auch die eine ihm zuletzt noch gebliebene Hälfte der Stadt Bregenz an den Erzherzog Ferdinand, den spätern Kaiser, und seit diesem Jahre hatten die Montforte kein Besitzthum mehr in Vorarlberg, das ihnen ehedem schier ganz zu eigen gewesen war. Sie haben hernach noch fast drei Jahrhunderte lang, aber ruhmlos in Schwaben gelebt.

Die vier Herrschaften vor dem Arlberge, nämlich Feldkirch, Bregenz, Sonnenberg und Bludenz wurden indessen nach ihrer Erwerbung durch die österreichischen Fürsten nicht zur Grafschaft Tirol geschlagen, sondern zu den vorderösterreichischen Ländern. Deßwegen standen sie auch nicht unter der Regierung zn Innsbruck, sondern unter jener zu Freiburg im Breisgau. Erst Kaiser Joseph II. vereinigte dieses Gebiet, jedoch unbeschadet seiner eigenen ständischen Verfassung, mit Tirol. Nach der Abtretung an Bayern kam es zum Illerkreise, dessen Hauptstadt Kempten war. Seit dem Jahre 1814 ist das Land in der Verwaltung wieder mit Tirol verbunden, steht unter dem Landesgubernium zu Innsbruck und bildet einen Kreis für sich, dessen Hauptmann seinen Sitz zu Bregenz hat. Das schöne Amt Weiler, welches ehedem zu Vorarlberg gehörte, ist in den Verträgen von besagtem Jahre der Krone Bayern verblieben. Früher schon waren dem Lande die ehemals reichsunmittelbaren Herrschaften Hohenems, Blumeneck, St. Gerold und Lustenau zugefallen.

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[4/0009] und den Bodensee auf eigenem Grunde einen Zugang begehrten zu den vorderösterreichischen Gebieten in Schwaben, welche von den Herzogthümern und Grafschaften, die Kaiser Rudolphs Nachkommen im Ostreiche und im Gebirge erworben, völlig abgeschnitten waren. Von dieser Zeit an nannten die Herzoge von Oesterreich, Grafen zu Tirol, welche zu Innsbruck Hof hielten, die ehemalig montfortischen Herrschaften an der Ill und dem Rheine ihre Länder vor dem Arlberge, und dieser in Tirol entstandene Name ist dann mit der Zeit auch bei den Eingebornen in Gebrauch gekommen. Im Jahre 1523 überließ Hugo Graf von Montfort auch die eine ihm zuletzt noch gebliebene Hälfte der Stadt Bregenz an den Erzherzog Ferdinand, den spätern Kaiser, und seit diesem Jahre hatten die Montforte kein Besitzthum mehr in Vorarlberg, das ihnen ehedem schier ganz zu eigen gewesen war. Sie haben hernach noch fast drei Jahrhunderte lang, aber ruhmlos in Schwaben gelebt. Die vier Herrschaften vor dem Arlberge, nämlich Feldkirch, Bregenz, Sonnenberg und Bludenz wurden indessen nach ihrer Erwerbung durch die österreichischen Fürsten nicht zur Grafschaft Tirol geschlagen, sondern zu den vorderösterreichischen Ländern. Deßwegen standen sie auch nicht unter der Regierung zn Innsbruck, sondern unter jener zu Freiburg im Breisgau. Erst Kaiser Joseph II. vereinigte dieses Gebiet, jedoch unbeschadet seiner eigenen ständischen Verfassung, mit Tirol. Nach der Abtretung an Bayern kam es zum Illerkreise, dessen Hauptstadt Kempten war. Seit dem Jahre 1814 ist das Land in der Verwaltung wieder mit Tirol verbunden, steht unter dem Landesgubernium zu Innsbruck und bildet einen Kreis für sich, dessen Hauptmann seinen Sitz zu Bregenz hat. Das schöne Amt Weiler, welches ehedem zu Vorarlberg gehörte, ist in den Verträgen von besagtem Jahre der Krone Bayern verblieben. Früher schon waren dem Lande die ehemals reichsunmittelbaren Herrschaften Hohenems, Blumeneck, St. Gerold und Lustenau zugefallen. Vorarlberg hatte bis zum Jahre 1806 oder genauer genommen bis zum 1 Mai 1808 seine eigenen Stände. Man

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/9>, abgerufen am 23.11.2024.