Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

kann indessen ihr Daseyn nicht weiter hinauf nachweisen als bis zum Jahre 1518, wo Kaiser Maximilian die schwäbisch-österreichischen und vorarlbergischen Stände auf einen Landtag nach Augsburg rief. Die Herrschaften, welche damals noch in den Händen adeliger Geschlechter lagen, waren reichsfrei, wie z.B. die Grafschaft Hohenems, daher keine Adelsbank, und die Geistlichkeit gelangte ebensowenig zur Standschaft. Deßhalb traten auf den vorarlbergischen Landtagen, welche in gewöhnlichen Zeiten jährlich zu Feldkirch gehalten wurden, nur Bürger und Bauern auf - für jene, die Bürgermeister der drei Städte Feldkirch, Bregenz und Bludenz, für diese die Vertreter der einundzwanzig bäuerlichen Standesbezirke, in welche das Ländchen getheilt war, im Ganzen also vierundzwanzig Abgeordnete. In den Wirkungskreis der Stände gehörte zunächst das Steuerwesen - das landesfürstliche Postulat betrug 39,400 fl. - und die Vertheidigung des Landes. Zu letzterem Ende hatten sie bei Feindesgefahr die gesammte Landmiliz aufzubieten, welche auf 6000 Mann gestellt war. In Behauptung ihrer ständischen Rechte und in Abweisung aller Anforderungen, die ihnen unbillig und nachtheilig schienen, haben sich die vorarlbergischen Stände immer sehr zäh und hartnäckig bewiesen. König Maximilian von Bayern hat wie die tirolischen, so die vorarlbergischen Stände aufgehoben. Als das Land wieder an Oesterreich fiel, sollte nun auch wie in Tirol so in Vorarlberg die ständische Verfassung neuerdings ins Leben treten, und zwar in der nämlichen Gestalt wie sie im Jahre 1805 bestanden, abgerechnet etliche kleine Aenderungen. Man ging im Jahre 1816 sogar schon so weit die ständischen Vertreter zu wählen. Da aber die endliche Organisation noch nicht erfolgt ist, so sind sie auch bis zum heutigen Tage noch nicht zusammenberufen worden. Auf den tirolischen Landtagen waren die Vorarlberger wegen jener politischen Getrenntheit, die in ihrem Ländchen eine eigene ständische Verfassung erblühen ließ, zu keiner Zeit, vertreten.

Der Kreis Vorarlberg hat nach seinem gegenwärtigen Bestande einen Flächeninhalts von 461/2 Geviertmeilen, und auf diesen wohnte im Jahre 1843 eine Bevölkerung von 101,320

kann indessen ihr Daseyn nicht weiter hinauf nachweisen als bis zum Jahre 1518, wo Kaiser Maximilian die schwäbisch-österreichischen und vorarlbergischen Stände auf einen Landtag nach Augsburg rief. Die Herrschaften, welche damals noch in den Händen adeliger Geschlechter lagen, waren reichsfrei, wie z.B. die Grafschaft Hohenems, daher keine Adelsbank, und die Geistlichkeit gelangte ebensowenig zur Standschaft. Deßhalb traten auf den vorarlbergischen Landtagen, welche in gewöhnlichen Zeiten jährlich zu Feldkirch gehalten wurden, nur Bürger und Bauern auf – für jene, die Bürgermeister der drei Städte Feldkirch, Bregenz und Bludenz, für diese die Vertreter der einundzwanzig bäuerlichen Standesbezirke, in welche das Ländchen getheilt war, im Ganzen also vierundzwanzig Abgeordnete. In den Wirkungskreis der Stände gehörte zunächst das Steuerwesen – das landesfürstliche Postulat betrug 39,400 fl. – und die Vertheidigung des Landes. Zu letzterem Ende hatten sie bei Feindesgefahr die gesammte Landmiliz aufzubieten, welche auf 6000 Mann gestellt war. In Behauptung ihrer ständischen Rechte und in Abweisung aller Anforderungen, die ihnen unbillig und nachtheilig schienen, haben sich die vorarlbergischen Stände immer sehr zäh und hartnäckig bewiesen. König Maximilian von Bayern hat wie die tirolischen, so die vorarlbergischen Stände aufgehoben. Als das Land wieder an Oesterreich fiel, sollte nun auch wie in Tirol so in Vorarlberg die ständische Verfassung neuerdings ins Leben treten, und zwar in der nämlichen Gestalt wie sie im Jahre 1805 bestanden, abgerechnet etliche kleine Aenderungen. Man ging im Jahre 1816 sogar schon so weit die ständischen Vertreter zu wählen. Da aber die endliche Organisation noch nicht erfolgt ist, so sind sie auch bis zum heutigen Tage noch nicht zusammenberufen worden. Auf den tirolischen Landtagen waren die Vorarlberger wegen jener politischen Getrenntheit, die in ihrem Ländchen eine eigene ständische Verfassung erblühen ließ, zu keiner Zeit, vertreten.

Der Kreis Vorarlberg hat nach seinem gegenwärtigen Bestande einen Flächeninhalts von 46½ Geviertmeilen, und auf diesen wohnte im Jahre 1843 eine Bevölkerung von 101,320

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0010" n="5"/>
kann indessen ihr Daseyn nicht weiter hinauf nachweisen als bis zum Jahre 1518, wo Kaiser Maximilian die schwäbisch-österreichischen und vorarlbergischen Stände auf einen Landtag nach Augsburg rief. Die Herrschaften, welche damals noch in den Händen adeliger Geschlechter lagen, waren reichsfrei, wie z.B. die Grafschaft Hohenems, daher keine Adelsbank, und die Geistlichkeit gelangte ebensowenig zur Standschaft. Deßhalb traten auf den vorarlbergischen Landtagen, welche in gewöhnlichen Zeiten jährlich zu Feldkirch gehalten wurden, nur Bürger und Bauern auf &#x2013; für jene, die Bürgermeister der drei Städte Feldkirch, Bregenz und Bludenz, für diese die Vertreter der einundzwanzig bäuerlichen Standesbezirke, in welche das Ländchen getheilt war, im Ganzen also vierundzwanzig Abgeordnete. In den Wirkungskreis der Stände gehörte zunächst das Steuerwesen &#x2013; das landesfürstliche Postulat betrug 39,400 fl. &#x2013; und die Vertheidigung des Landes. Zu letzterem Ende hatten sie bei Feindesgefahr die gesammte Landmiliz aufzubieten, welche auf 6000 Mann gestellt war. In Behauptung ihrer ständischen Rechte und in Abweisung aller Anforderungen, die ihnen unbillig und nachtheilig schienen, haben sich die vorarlbergischen Stände immer sehr zäh und hartnäckig bewiesen. König Maximilian von Bayern hat wie die tirolischen, so die vorarlbergischen Stände aufgehoben. Als das Land wieder an Oesterreich fiel, sollte nun auch wie in Tirol so in Vorarlberg die ständische Verfassung neuerdings ins Leben treten, und zwar in der nämlichen Gestalt wie sie im Jahre 1805 bestanden, abgerechnet etliche kleine Aenderungen. Man ging im Jahre 1816 sogar schon so weit die ständischen Vertreter zu wählen. Da aber die endliche Organisation noch nicht erfolgt ist, so sind sie auch bis zum heutigen Tage noch nicht zusammenberufen worden. Auf den tirolischen Landtagen waren die Vorarlberger wegen jener politischen Getrenntheit, die in ihrem Ländchen eine eigene ständische Verfassung erblühen ließ, zu keiner Zeit, vertreten.</p>
        <p>Der Kreis Vorarlberg hat nach seinem gegenwärtigen Bestande einen Flächeninhalts von 46½ Geviertmeilen, und auf diesen wohnte im Jahre 1843 eine Bevölkerung von 101,320
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0010] kann indessen ihr Daseyn nicht weiter hinauf nachweisen als bis zum Jahre 1518, wo Kaiser Maximilian die schwäbisch-österreichischen und vorarlbergischen Stände auf einen Landtag nach Augsburg rief. Die Herrschaften, welche damals noch in den Händen adeliger Geschlechter lagen, waren reichsfrei, wie z.B. die Grafschaft Hohenems, daher keine Adelsbank, und die Geistlichkeit gelangte ebensowenig zur Standschaft. Deßhalb traten auf den vorarlbergischen Landtagen, welche in gewöhnlichen Zeiten jährlich zu Feldkirch gehalten wurden, nur Bürger und Bauern auf – für jene, die Bürgermeister der drei Städte Feldkirch, Bregenz und Bludenz, für diese die Vertreter der einundzwanzig bäuerlichen Standesbezirke, in welche das Ländchen getheilt war, im Ganzen also vierundzwanzig Abgeordnete. In den Wirkungskreis der Stände gehörte zunächst das Steuerwesen – das landesfürstliche Postulat betrug 39,400 fl. – und die Vertheidigung des Landes. Zu letzterem Ende hatten sie bei Feindesgefahr die gesammte Landmiliz aufzubieten, welche auf 6000 Mann gestellt war. In Behauptung ihrer ständischen Rechte und in Abweisung aller Anforderungen, die ihnen unbillig und nachtheilig schienen, haben sich die vorarlbergischen Stände immer sehr zäh und hartnäckig bewiesen. König Maximilian von Bayern hat wie die tirolischen, so die vorarlbergischen Stände aufgehoben. Als das Land wieder an Oesterreich fiel, sollte nun auch wie in Tirol so in Vorarlberg die ständische Verfassung neuerdings ins Leben treten, und zwar in der nämlichen Gestalt wie sie im Jahre 1805 bestanden, abgerechnet etliche kleine Aenderungen. Man ging im Jahre 1816 sogar schon so weit die ständischen Vertreter zu wählen. Da aber die endliche Organisation noch nicht erfolgt ist, so sind sie auch bis zum heutigen Tage noch nicht zusammenberufen worden. Auf den tirolischen Landtagen waren die Vorarlberger wegen jener politischen Getrenntheit, die in ihrem Ländchen eine eigene ständische Verfassung erblühen ließ, zu keiner Zeit, vertreten. Der Kreis Vorarlberg hat nach seinem gegenwärtigen Bestande einen Flächeninhalts von 46½ Geviertmeilen, und auf diesen wohnte im Jahre 1843 eine Bevölkerung von 101,320

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-05T13:27:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-05T13:27:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-05T13:27:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Geviertstriche werden als Halbgeviertstriche wiedergegeben.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/10
Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/10>, abgerufen am 27.11.2024.