Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.Im Westen der Grafschaft Tirol zwischen dem Arlberg und dem jungen Rhein liegt ein kleines, bergiges Gebiet, das jetzt den Namen Vorarlberg führt. In den ältesten Zeiten war diese Landschaft frei, später mit den übrigen Alpenländern den Römern unterthan. Von den Orten, die während ihrer Herrschaft auf vorarlbergischem Boden genannt wurden, kennen wir wenigstens zwei, Brigantium nämlich und Clunia. Ersteres ist das heutige Bregenz am Ufer des Bodensees, letzteres will man bei Gösis in der Nähe von Feldkirch gefunden haben. Gewiß ist, daß damals die eingebornen Rhätier ihre angestammte Sprache aufgaben und die der Römer annahmen; daher das Romansch in Graubündten, welches jetzt zwar auf Hohenrhätien beschränkt ist, aber noch vor wenigen Jahrhunderten auch die Landessprache des südlichen Vorarlbergs war. Als das alte römische Reich den Germanen unterlag, brachen vom Bodensee herauf die Alemannen in das Land. Lange darnach unter den deutschen Kaisern that sich im Rheinthale ein alemannisches Herrengeschlecht, die von Starkenfels oder Montfort auf. Sie waren reich begütert um Werdenberg und Sargans auf der helvetischen Seite und geboten mit der Zeit in mehreren Zweigen auch fast über alles Land zwischen dem Arlberge und dem See. Von ihnen werden wir an verschiedenen Orten noch mehr zu erzählen haben. Innerer Verfall und äußere Nöthen zwangen die Montforte allmählig ihre schönen Herrschaften aufzugeben, und die habsburgischen Grafen von Tirol waren um so mehr geneigt, ihre Nachfolger zu werden, als sie über den Arlberg Im Westen der Grafschaft Tirol zwischen dem Arlberg und dem jungen Rhein liegt ein kleines, bergiges Gebiet, das jetzt den Namen Vorarlberg führt. In den ältesten Zeiten war diese Landschaft frei, später mit den übrigen Alpenländern den Römern unterthan. Von den Orten, die während ihrer Herrschaft auf vorarlbergischem Boden genannt wurden, kennen wir wenigstens zwei, Brigantium nämlich und Clunia. Ersteres ist das heutige Bregenz am Ufer des Bodensees, letzteres will man bei Gösis in der Nähe von Feldkirch gefunden haben. Gewiß ist, daß damals die eingebornen Rhätier ihre angestammte Sprache aufgaben und die der Römer annahmen; daher das Romansch in Graubündten, welches jetzt zwar auf Hohenrhätien beschränkt ist, aber noch vor wenigen Jahrhunderten auch die Landessprache des südlichen Vorarlbergs war. Als das alte römische Reich den Germanen unterlag, brachen vom Bodensee herauf die Alemannen in das Land. Lange darnach unter den deutschen Kaisern that sich im Rheinthale ein alemannisches Herrengeschlecht, die von Starkenfels oder Montfort auf. Sie waren reich begütert um Werdenberg und Sargans auf der helvetischen Seite und geboten mit der Zeit in mehreren Zweigen auch fast über alles Land zwischen dem Arlberge und dem See. Von ihnen werden wir an verschiedenen Orten noch mehr zu erzählen haben. Innerer Verfall und äußere Nöthen zwangen die Montforte allmählig ihre schönen Herrschaften aufzugeben, und die habsburgischen Grafen von Tirol waren um so mehr geneigt, ihre Nachfolger zu werden, als sie über den Arlberg <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0008" n="3"/> <p>Im Westen der Grafschaft Tirol zwischen dem Arlberg und dem jungen Rhein liegt ein kleines, bergiges Gebiet, das jetzt den Namen Vorarlberg führt. In den ältesten Zeiten war diese Landschaft frei, später mit den übrigen Alpenländern den Römern unterthan. Von den Orten, die während ihrer Herrschaft auf vorarlbergischem Boden genannt wurden, kennen wir wenigstens zwei, Brigantium nämlich und Clunia. Ersteres ist das heutige Bregenz am Ufer des Bodensees, letzteres will man bei Gösis in der Nähe von Feldkirch gefunden haben. Gewiß ist, daß damals die eingebornen Rhätier ihre angestammte Sprache aufgaben und die der Römer annahmen; daher das Romansch in Graubündten, welches jetzt zwar auf Hohenrhätien beschränkt ist, aber noch vor wenigen Jahrhunderten auch die Landessprache des südlichen Vorarlbergs war. Als das alte römische Reich den Germanen unterlag, brachen vom Bodensee herauf die Alemannen in das Land. Lange darnach unter den deutschen Kaisern that sich im Rheinthale ein alemannisches Herrengeschlecht, die von Starkenfels oder Montfort auf. Sie waren reich begütert um Werdenberg und Sargans auf der helvetischen Seite und geboten mit der Zeit in mehreren Zweigen auch fast über alles Land zwischen dem Arlberge und dem See. Von ihnen werden wir an verschiedenen Orten noch mehr zu erzählen haben. Innerer Verfall und äußere Nöthen zwangen die Montforte allmählig ihre schönen Herrschaften aufzugeben, und die habsburgischen Grafen von Tirol waren um so mehr geneigt, ihre Nachfolger zu werden, als sie über den Arlberg </p> </div> </body> </text> </TEI> [3/0008]
Im Westen der Grafschaft Tirol zwischen dem Arlberg und dem jungen Rhein liegt ein kleines, bergiges Gebiet, das jetzt den Namen Vorarlberg führt. In den ältesten Zeiten war diese Landschaft frei, später mit den übrigen Alpenländern den Römern unterthan. Von den Orten, die während ihrer Herrschaft auf vorarlbergischem Boden genannt wurden, kennen wir wenigstens zwei, Brigantium nämlich und Clunia. Ersteres ist das heutige Bregenz am Ufer des Bodensees, letzteres will man bei Gösis in der Nähe von Feldkirch gefunden haben. Gewiß ist, daß damals die eingebornen Rhätier ihre angestammte Sprache aufgaben und die der Römer annahmen; daher das Romansch in Graubündten, welches jetzt zwar auf Hohenrhätien beschränkt ist, aber noch vor wenigen Jahrhunderten auch die Landessprache des südlichen Vorarlbergs war. Als das alte römische Reich den Germanen unterlag, brachen vom Bodensee herauf die Alemannen in das Land. Lange darnach unter den deutschen Kaisern that sich im Rheinthale ein alemannisches Herrengeschlecht, die von Starkenfels oder Montfort auf. Sie waren reich begütert um Werdenberg und Sargans auf der helvetischen Seite und geboten mit der Zeit in mehreren Zweigen auch fast über alles Land zwischen dem Arlberge und dem See. Von ihnen werden wir an verschiedenen Orten noch mehr zu erzählen haben. Innerer Verfall und äußere Nöthen zwangen die Montforte allmählig ihre schönen Herrschaften aufzugeben, und die habsburgischen Grafen von Tirol waren um so mehr geneigt, ihre Nachfolger zu werden, als sie über den Arlberg
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