Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

zu finden, um uns zum letztenmale zu erfrischen für den Weg über die hohe Starzel, die ein sehr mühsames Joch ist und das Walserthal von dem Bregenzerwalde scheidet. Wir hörten aber bald daß das Bad eingegangen und nur der bedeutungslose Name geblieben sey. Doch zeigten sich die Leute die wir ansprachen gastlich, führten uns in das Haus und setzten uns Milch, Butter und Käse vor, von denen wir lange zu essen hatten, ehe wir ihren Wünschen Genüge gethan. Sie erzählten uns dabei allerlei Rühmliches von dem alten Daniel Müller, einem schlichten Bauern, bei dem verschiedene schöne und alterthümliche Sachen zu sehen seyen, insbesondere hundert Jahre altes Korn. Es dünkte uns ärgerlich an dem Alterthumsforscher des Thales, der seinen Hof auf den Bödmen bei Mittelberg hat, vorbeigegangen zu seyn, und da sich unterdessen die Sonne mehr und mehr gegen Abend geneigt hatte, auch etliche verdächtige Nebel auf der Starzel zusammen kamen, sogar einige Regentropfen fielen, ferner zwei Stunden auf die Höhe und zwei weitere Stunden von dort nach Schopernau in Walde angegeben waren, so schien es uns nachgerade rathsamer, in die gute Herberge von Mittelberg zurückzukehren und auf dem Wege Daniel Müller den Archäologen aufzusuchen, als heute noch den Weg übers Joch zu wagen. Daß da schon viele Menschen das Leben eingebüßt, war an unserm Entschlusse ohne alle Schuld, denn wir lasen die betreffende Stelle bei Waizenegger erst später.

So gingen wir denn durch waldigen Tobel am rauschenden Bache wieder abwärts und fragten auf den Bödmen nach Daniel Müller, wurden immer höflich gewiesen, um so mehr, da uns die Leute schon anzusehen glaubten, daß wir das uralte Korn, des Thales Wunder, beschauen wollten, fanden auch das Haus, aber die Thüre geschlossen und niemand darinnen - der Herr war mit den Seinen noch in der Kirche. So ließen wir die Falltische im Schopf herunter, setzten uns daran und verfielen in sanften Schlummer, alle drei - nach dem lustigen Vormittag in Riezlern und dem fröhlichen Mittag auf Hirscheck nicht zu verwundern. Wir haben nicht erfahren, was sich Daniel Müller gedacht, als er in seinem Schopf

zu finden, um uns zum letztenmale zu erfrischen für den Weg über die hohe Starzel, die ein sehr mühsames Joch ist und das Walserthal von dem Bregenzerwalde scheidet. Wir hörten aber bald daß das Bad eingegangen und nur der bedeutungslose Name geblieben sey. Doch zeigten sich die Leute die wir ansprachen gastlich, führten uns in das Haus und setzten uns Milch, Butter und Käse vor, von denen wir lange zu essen hatten, ehe wir ihren Wünschen Genüge gethan. Sie erzählten uns dabei allerlei Rühmliches von dem alten Daniel Müller, einem schlichten Bauern, bei dem verschiedene schöne und alterthümliche Sachen zu sehen seyen, insbesondere hundert Jahre altes Korn. Es dünkte uns ärgerlich an dem Alterthumsforscher des Thales, der seinen Hof auf den Bödmen bei Mittelberg hat, vorbeigegangen zu seyn, und da sich unterdessen die Sonne mehr und mehr gegen Abend geneigt hatte, auch etliche verdächtige Nebel auf der Starzel zusammen kamen, sogar einige Regentropfen fielen, ferner zwei Stunden auf die Höhe und zwei weitere Stunden von dort nach Schopernau in Walde angegeben waren, so schien es uns nachgerade rathsamer, in die gute Herberge von Mittelberg zurückzukehren und auf dem Wege Daniel Müller den Archäologen aufzusuchen, als heute noch den Weg übers Joch zu wagen. Daß da schon viele Menschen das Leben eingebüßt, war an unserm Entschlusse ohne alle Schuld, denn wir lasen die betreffende Stelle bei Waizenegger erst später.

So gingen wir denn durch waldigen Tobel am rauschenden Bache wieder abwärts und fragten auf den Bödmen nach Daniel Müller, wurden immer höflich gewiesen, um so mehr, da uns die Leute schon anzusehen glaubten, daß wir das uralte Korn, des Thales Wunder, beschauen wollten, fanden auch das Haus, aber die Thüre geschlossen und niemand darinnen – der Herr war mit den Seinen noch in der Kirche. So ließen wir die Falltische im Schopf herunter, setzten uns daran und verfielen in sanften Schlummer, alle drei – nach dem lustigen Vormittag in Riezlern und dem fröhlichen Mittag auf Hirscheck nicht zu verwundern. Wir haben nicht erfahren, was sich Daniel Müller gedacht, als er in seinem Schopf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0078" n="73"/>
zu finden, um uns zum letztenmale zu erfrischen für den Weg über die hohe Starzel, die ein sehr mühsames Joch ist und das Walserthal von dem Bregenzerwalde scheidet. Wir hörten aber bald daß das Bad eingegangen und nur der bedeutungslose Name geblieben sey. Doch zeigten sich die Leute die wir ansprachen gastlich, führten uns in das Haus und setzten uns Milch, Butter und Käse vor, von denen wir lange zu essen hatten, ehe wir ihren Wünschen Genüge gethan. Sie erzählten uns dabei allerlei Rühmliches von dem alten Daniel Müller, einem schlichten Bauern, bei dem verschiedene schöne und alterthümliche Sachen zu sehen seyen, insbesondere hundert Jahre altes Korn. Es dünkte uns ärgerlich an dem Alterthumsforscher des Thales, der seinen Hof auf den Bödmen bei Mittelberg hat, vorbeigegangen zu seyn, und da sich unterdessen die Sonne mehr und mehr gegen Abend geneigt hatte, auch etliche verdächtige Nebel auf der Starzel zusammen kamen, sogar einige Regentropfen fielen, ferner zwei Stunden auf die Höhe und zwei weitere Stunden von dort nach Schopernau in Walde angegeben waren, so schien es uns nachgerade rathsamer, in die gute Herberge von Mittelberg zurückzukehren und auf dem Wege Daniel Müller den Archäologen aufzusuchen, als heute noch den Weg übers Joch zu wagen. Daß da schon viele Menschen das Leben eingebüßt, war an unserm Entschlusse ohne alle Schuld, denn wir lasen die betreffende Stelle bei Waizenegger erst später.</p>
        <p>So gingen wir denn durch waldigen Tobel am rauschenden Bache wieder abwärts und fragten auf den Bödmen nach Daniel Müller, wurden immer höflich gewiesen, um so mehr, da uns die Leute schon anzusehen glaubten, daß wir das uralte Korn, des Thales Wunder, beschauen wollten, fanden auch das Haus, aber die Thüre geschlossen und niemand darinnen &#x2013; der Herr war mit den Seinen noch in der Kirche. So ließen wir die Falltische im Schopf herunter, setzten uns daran und verfielen in sanften Schlummer, alle drei &#x2013; nach dem lustigen Vormittag in Riezlern und dem fröhlichen Mittag auf Hirscheck nicht zu verwundern. Wir haben nicht erfahren, was sich Daniel Müller gedacht, als er in seinem Schopf
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0078] zu finden, um uns zum letztenmale zu erfrischen für den Weg über die hohe Starzel, die ein sehr mühsames Joch ist und das Walserthal von dem Bregenzerwalde scheidet. Wir hörten aber bald daß das Bad eingegangen und nur der bedeutungslose Name geblieben sey. Doch zeigten sich die Leute die wir ansprachen gastlich, führten uns in das Haus und setzten uns Milch, Butter und Käse vor, von denen wir lange zu essen hatten, ehe wir ihren Wünschen Genüge gethan. Sie erzählten uns dabei allerlei Rühmliches von dem alten Daniel Müller, einem schlichten Bauern, bei dem verschiedene schöne und alterthümliche Sachen zu sehen seyen, insbesondere hundert Jahre altes Korn. Es dünkte uns ärgerlich an dem Alterthumsforscher des Thales, der seinen Hof auf den Bödmen bei Mittelberg hat, vorbeigegangen zu seyn, und da sich unterdessen die Sonne mehr und mehr gegen Abend geneigt hatte, auch etliche verdächtige Nebel auf der Starzel zusammen kamen, sogar einige Regentropfen fielen, ferner zwei Stunden auf die Höhe und zwei weitere Stunden von dort nach Schopernau in Walde angegeben waren, so schien es uns nachgerade rathsamer, in die gute Herberge von Mittelberg zurückzukehren und auf dem Wege Daniel Müller den Archäologen aufzusuchen, als heute noch den Weg übers Joch zu wagen. Daß da schon viele Menschen das Leben eingebüßt, war an unserm Entschlusse ohne alle Schuld, denn wir lasen die betreffende Stelle bei Waizenegger erst später. So gingen wir denn durch waldigen Tobel am rauschenden Bache wieder abwärts und fragten auf den Bödmen nach Daniel Müller, wurden immer höflich gewiesen, um so mehr, da uns die Leute schon anzusehen glaubten, daß wir das uralte Korn, des Thales Wunder, beschauen wollten, fanden auch das Haus, aber die Thüre geschlossen und niemand darinnen – der Herr war mit den Seinen noch in der Kirche. So ließen wir die Falltische im Schopf herunter, setzten uns daran und verfielen in sanften Schlummer, alle drei – nach dem lustigen Vormittag in Riezlern und dem fröhlichen Mittag auf Hirscheck nicht zu verwundern. Wir haben nicht erfahren, was sich Daniel Müller gedacht, als er in seinem Schopf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-05T13:27:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-05T13:27:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-05T13:27:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Geviertstriche werden als Halbgeviertstriche wiedergegeben.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/78
Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/78>, abgerufen am 27.11.2024.