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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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und Personalsteuer. Im Jahre 1821 ward das Wegmauthgefäll neu geordnet. Das Jahr 1828 brachte die Aufhebung der freien Befugniß Tabak zu erzeugen - eine Maßregel, welche unbequem war, obgleich die Betheiligten nach gerechtem Maßstabe entschädigt wurden. Seit dieser Zeit ist der Tabak, wie in den übrigen Erbländern, Staatsmonopol. Im Jahre 1829 wurde endlich auch die allgemeine Verzehrungssteuer eingeführt, wogegen allerdings die derselben bisher entsprechenden Gefälle, so wie auch die Classen- und Personensteuer erloschen. Das Heer der Gefällaufseher, der "Finanzler," das tagtäglich in Kaufläden und Kellern herumwühlt, fällt höchst lästig. Dazu kamen noch schwere Gemeindeumlagen, um die in der Noth von Anno Neun entstandenen Schulden zu tilgen, und ein weiterer finanzieller Nachtheil ging wenigstens der südlichen Hälfte des Landes dadurch zu, daß an der bayerischen Gränze wieder Zollschranken auferstanden waren.

Es ist begreiflich, daß sich der Tiroler nach all diesem fragte, um wie viel er nunmehr besser daran sey als Anno Achte? Und die Antwort lautete im allgemeinen nicht günstig für seine neuen Erwerbungen. Die Wiedererlangung der alten Freiheiten schien ihm um diesen Preis jedenfalls zu theuer und er wunderte sich, warum man ihn zu den Waffen gerufen, wenn man ihm doch kein leichteres Joch zu geben gedachte, als jenes, das er abschütteln sollte.

Dieser Stimmung hat es gelingen müssen, das Gedächtniß des glorreichen Aufstandes ganz und gar zu depoetisiren. Daß man den zükunftseligen Erinnerungstaumel, wie er im Jahre Vierzehn hervorbrach, eben sowohl wegen der wünschenswerthen Beruhigung des aufgeregten Landes als wegen der Beziehungen zu dem Nachbarstaate baldmöglichst in ein harmloses, bescheidenes Angedenken hätte hinüber beschwichtigen mögen, - daß man die monumentale Erscheinung nicht als ein dauerndes Staatsfideicommiß betrachtet, sondern eher der stillen Aufbewahrung der Familien heimgegeben wissen wollte, schien durch manches angedeutet, früher schon wie später auch durch die kühle, fast bedenkliche Aufnahme, welche den drei muthigen Jäger-Officieren zu Theil wurde, die freilich ohne

und Personalsteuer. Im Jahre 1821 ward das Wegmauthgefäll neu geordnet. Das Jahr 1828 brachte die Aufhebung der freien Befugniß Tabak zu erzeugen – eine Maßregel, welche unbequem war, obgleich die Betheiligten nach gerechtem Maßstabe entschädigt wurden. Seit dieser Zeit ist der Tabak, wie in den übrigen Erbländern, Staatsmonopol. Im Jahre 1829 wurde endlich auch die allgemeine Verzehrungssteuer eingeführt, wogegen allerdings die derselben bisher entsprechenden Gefälle, so wie auch die Classen- und Personensteuer erloschen. Das Heer der Gefällaufseher, der „Finanzler,“ das tagtäglich in Kaufläden und Kellern herumwühlt, fällt höchst lästig. Dazu kamen noch schwere Gemeindeumlagen, um die in der Noth von Anno Neun entstandenen Schulden zu tilgen, und ein weiterer finanzieller Nachtheil ging wenigstens der südlichen Hälfte des Landes dadurch zu, daß an der bayerischen Gränze wieder Zollschranken auferstanden waren.

Es ist begreiflich, daß sich der Tiroler nach all diesem fragte, um wie viel er nunmehr besser daran sey als Anno Achte? Und die Antwort lautete im allgemeinen nicht günstig für seine neuen Erwerbungen. Die Wiedererlangung der alten Freiheiten schien ihm um diesen Preis jedenfalls zu theuer und er wunderte sich, warum man ihn zu den Waffen gerufen, wenn man ihm doch kein leichteres Joch zu geben gedachte, als jenes, das er abschütteln sollte.

Dieser Stimmung hat es gelingen müssen, das Gedächtniß des glorreichen Aufstandes ganz und gar zu depoetisiren. Daß man den zükunftseligen Erinnerungstaumel, wie er im Jahre Vierzehn hervorbrach, eben sowohl wegen der wünschenswerthen Beruhigung des aufgeregten Landes als wegen der Beziehungen zu dem Nachbarstaate baldmöglichst in ein harmloses, bescheidenes Angedenken hätte hinüber beschwichtigen mögen, – daß man die monumentale Erscheinung nicht als ein dauerndes Staatsfideicommiß betrachtet, sondern eher der stillen Aufbewahrung der Familien heimgegeben wissen wollte, schien durch manches angedeutet, früher schon wie später auch durch die kühle, fast bedenkliche Aufnahme, welche den drei muthigen Jäger-Officieren zu Theil wurde, die freilich ohne

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[626/0630] und Personalsteuer. Im Jahre 1821 ward das Wegmauthgefäll neu geordnet. Das Jahr 1828 brachte die Aufhebung der freien Befugniß Tabak zu erzeugen – eine Maßregel, welche unbequem war, obgleich die Betheiligten nach gerechtem Maßstabe entschädigt wurden. Seit dieser Zeit ist der Tabak, wie in den übrigen Erbländern, Staatsmonopol. Im Jahre 1829 wurde endlich auch die allgemeine Verzehrungssteuer eingeführt, wogegen allerdings die derselben bisher entsprechenden Gefälle, so wie auch die Classen- und Personensteuer erloschen. Das Heer der Gefällaufseher, der „Finanzler,“ das tagtäglich in Kaufläden und Kellern herumwühlt, fällt höchst lästig. Dazu kamen noch schwere Gemeindeumlagen, um die in der Noth von Anno Neun entstandenen Schulden zu tilgen, und ein weiterer finanzieller Nachtheil ging wenigstens der südlichen Hälfte des Landes dadurch zu, daß an der bayerischen Gränze wieder Zollschranken auferstanden waren. Es ist begreiflich, daß sich der Tiroler nach all diesem fragte, um wie viel er nunmehr besser daran sey als Anno Achte? Und die Antwort lautete im allgemeinen nicht günstig für seine neuen Erwerbungen. Die Wiedererlangung der alten Freiheiten schien ihm um diesen Preis jedenfalls zu theuer und er wunderte sich, warum man ihn zu den Waffen gerufen, wenn man ihm doch kein leichteres Joch zu geben gedachte, als jenes, das er abschütteln sollte. Dieser Stimmung hat es gelingen müssen, das Gedächtniß des glorreichen Aufstandes ganz und gar zu depoetisiren. Daß man den zükunftseligen Erinnerungstaumel, wie er im Jahre Vierzehn hervorbrach, eben sowohl wegen der wünschenswerthen Beruhigung des aufgeregten Landes als wegen der Beziehungen zu dem Nachbarstaate baldmöglichst in ein harmloses, bescheidenes Angedenken hätte hinüber beschwichtigen mögen, – daß man die monumentale Erscheinung nicht als ein dauerndes Staatsfideicommiß betrachtet, sondern eher der stillen Aufbewahrung der Familien heimgegeben wissen wollte, schien durch manches angedeutet, früher schon wie später auch durch die kühle, fast bedenkliche Aufnahme, welche den drei muthigen Jäger-Officieren zu Theil wurde, die freilich ohne

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/630>, abgerufen am 28.07.2024.