Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

dieser Funktion hervorgehenden Rechte bilden das Recht der Banken,
das ganz wesentlich verschieden ist von dem der Creditinstitute. Wir
haben dieß in eingehender Weise, mit specieller Beziehung auf das
Bankwesen und das Bankrecht Englands, Frankreichs und Deutschlands
nachgewiesen in dem Jahrbuch für Gesetzkunde und Statistik, 1862
(das Bankwesen Europas und die Gesetzgebung S. 113 -- 165), auf
welche Darstellung wir uns auch für den folgenden Begriff berufen
müssen.

So bildet das Bankwesen den zweiten Theil der Organisation des
Credits. Das Papiergeldwesen ist nur ein Theil desselben; und
wieder begegnen wir hier der Thatsache, daß man das letztere eben
wegen dieses Zusammenhanges sowohl bei der Behandlung des Werth-
umlaufes, als bei der der Organisation des Credits darstellen kann.
Freilich bringt es die Natur der Banken mit sich, daß es passender in
das letztere fällt; es ist nur nothwendig, sich den Zusammenhang mit
dem Geldwesen klar zu vergegenwärtigen.

3) Der Unternehmungscredit entsteht endlich da, wo die
Arbeit im weitesten Sinne des Werthkapitals eines andern bedarf.
Für seinen Unterschied vom Zahlungscredit verweisen wir auf den oben
citirten Aufsatz. Allerdings nun erscheint erst im Unternehmungscredit
die wahre gewaltige Kraft des Credits; nur er umfaßt alle Lebens-
verhältnisse, und nur durch ihn erfüllt sich erst die eigentlich sociale
Bedeutung des Credits. Er hat daher auch seinerseits nicht eben eine
einfache Form, sondern erscheint in vielen Formen zugleich, und mit
Recht bildet er daher auch dasjenige Gebiet, an welches man zunächst
denkt, wenn von der Organisation des Credits die Rede ist. Demnach
lassen sich alle Verhältnisse, auf welche er sich bezieht, auf drei große
Grundformen zurückführen, die ihrerseits wieder dem Vereinswesen an-
gehören, und in denen die Aufgabe der Verwaltung daher nicht durch
die staatliche Gewalt, sondern durch die freie Thätigkeit des Staats-
bürgerthums vollzogen wird. In der That versteht man die mächtige
Bedeutung des Vereinswesens überhaupt erst gerade auf dem Gebiete
dieser Organisation des Credits; es ist das seine natürliche Heimath
und der Hauptbeweis, daß ohne das Vereinswesen auch die Selbst-
verwaltung nicht auszureichen vermag. Jene Grundformen sind aber
die folgenden.

Die erste ist diejenige, welche wir als die eigentlichen Er-
werbsgesellschaften
bezeichnen. Das Wesen jeder Erwerbsgesell-
schaft besteht darin, daß jedes Mitglied einer, durch die Gesellschaft
aufgestellten Unternehmung einen gewissen Beitrag leistet, daß aus
diesem Beitrag ein Capital wird, das allen gehört, und daß endlich

dieſer Funktion hervorgehenden Rechte bilden das Recht der Banken,
das ganz weſentlich verſchieden iſt von dem der Creditinſtitute. Wir
haben dieß in eingehender Weiſe, mit ſpecieller Beziehung auf das
Bankweſen und das Bankrecht Englands, Frankreichs und Deutſchlands
nachgewieſen in dem Jahrbuch für Geſetzkunde und Statiſtik, 1862
(das Bankweſen Europas und die Geſetzgebung S. 113 — 165), auf
welche Darſtellung wir uns auch für den folgenden Begriff berufen
müſſen.

So bildet das Bankweſen den zweiten Theil der Organiſation des
Credits. Das Papiergeldweſen iſt nur ein Theil deſſelben; und
wieder begegnen wir hier der Thatſache, daß man das letztere eben
wegen dieſes Zuſammenhanges ſowohl bei der Behandlung des Werth-
umlaufes, als bei der der Organiſation des Credits darſtellen kann.
Freilich bringt es die Natur der Banken mit ſich, daß es paſſender in
das letztere fällt; es iſt nur nothwendig, ſich den Zuſammenhang mit
dem Geldweſen klar zu vergegenwärtigen.

3) Der Unternehmungscredit entſteht endlich da, wo die
Arbeit im weiteſten Sinne des Werthkapitals eines andern bedarf.
Für ſeinen Unterſchied vom Zahlungscredit verweiſen wir auf den oben
citirten Aufſatz. Allerdings nun erſcheint erſt im Unternehmungscredit
die wahre gewaltige Kraft des Credits; nur er umfaßt alle Lebens-
verhältniſſe, und nur durch ihn erfüllt ſich erſt die eigentlich ſociale
Bedeutung des Credits. Er hat daher auch ſeinerſeits nicht eben eine
einfache Form, ſondern erſcheint in vielen Formen zugleich, und mit
Recht bildet er daher auch dasjenige Gebiet, an welches man zunächſt
denkt, wenn von der Organiſation des Credits die Rede iſt. Demnach
laſſen ſich alle Verhältniſſe, auf welche er ſich bezieht, auf drei große
Grundformen zurückführen, die ihrerſeits wieder dem Vereinsweſen an-
gehören, und in denen die Aufgabe der Verwaltung daher nicht durch
die ſtaatliche Gewalt, ſondern durch die freie Thätigkeit des Staats-
bürgerthums vollzogen wird. In der That verſteht man die mächtige
Bedeutung des Vereinsweſens überhaupt erſt gerade auf dem Gebiete
dieſer Organiſation des Credits; es iſt das ſeine natürliche Heimath
und der Hauptbeweis, daß ohne das Vereinsweſen auch die Selbſt-
verwaltung nicht auszureichen vermag. Jene Grundformen ſind aber
die folgenden.

Die erſte iſt diejenige, welche wir als die eigentlichen Er-
werbsgeſellſchaften
bezeichnen. Das Weſen jeder Erwerbsgeſell-
ſchaft beſteht darin, daß jedes Mitglied einer, durch die Geſellſchaft
aufgeſtellten Unternehmung einen gewiſſen Beitrag leiſtet, daß aus
dieſem Beitrag ein Capital wird, das allen gehört, und daß endlich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0075" n="57"/>
die&#x017F;er Funktion hervorgehenden Rechte bilden das Recht der Banken,<lb/>
das ganz we&#x017F;entlich ver&#x017F;chieden i&#x017F;t von dem der Creditin&#x017F;titute. Wir<lb/>
haben dieß in eingehender Wei&#x017F;e, mit &#x017F;pecieller Beziehung auf das<lb/>
Bankwe&#x017F;en und das Bankrecht Englands, Frankreichs und Deut&#x017F;chlands<lb/>
nachgewie&#x017F;en in dem <hi rendition="#g">Jahrbuch</hi> für Ge&#x017F;etzkunde und Stati&#x017F;tik, 1862<lb/>
(das Bankwe&#x017F;en Europas und die Ge&#x017F;etzgebung S. 113 &#x2014; 165), auf<lb/>
welche Dar&#x017F;tellung wir uns auch für den folgenden Begriff berufen<lb/>&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>So bildet das Bankwe&#x017F;en den zweiten Theil der Organi&#x017F;ation des<lb/>
Credits. Das <hi rendition="#g">Papiergeldwe&#x017F;en</hi> i&#x017F;t nur ein Theil de&#x017F;&#x017F;elben; und<lb/>
wieder begegnen wir hier der That&#x017F;ache, daß man das letztere eben<lb/>
wegen die&#x017F;es Zu&#x017F;ammenhanges &#x017F;owohl bei der Behandlung des Werth-<lb/>
umlaufes, als bei der der Organi&#x017F;ation des Credits dar&#x017F;tellen kann.<lb/>
Freilich bringt es die Natur der Banken mit &#x017F;ich, daß es pa&#x017F;&#x017F;ender in<lb/>
das letztere fällt; es i&#x017F;t nur nothwendig, &#x017F;ich den Zu&#x017F;ammenhang mit<lb/>
dem Geldwe&#x017F;en klar zu vergegenwärtigen.</p><lb/>
            <p>3) Der <hi rendition="#g">Unternehmungscredit</hi> ent&#x017F;teht endlich da, wo die<lb/>
Arbeit im weite&#x017F;ten Sinne des Werthkapitals eines andern bedarf.<lb/>
Für &#x017F;einen Unter&#x017F;chied vom Zahlungscredit verwei&#x017F;en wir auf den oben<lb/>
citirten Auf&#x017F;atz. Allerdings nun er&#x017F;cheint er&#x017F;t im Unternehmungscredit<lb/>
die wahre gewaltige Kraft des Credits; nur er umfaßt <hi rendition="#g">alle</hi> Lebens-<lb/>
verhältni&#x017F;&#x017F;e, und nur durch ihn erfüllt &#x017F;ich er&#x017F;t die eigentlich &#x017F;ociale<lb/>
Bedeutung des Credits. Er hat daher auch &#x017F;einer&#x017F;eits nicht eben eine<lb/>
einfache Form, &#x017F;ondern er&#x017F;cheint in vielen Formen zugleich, und mit<lb/>
Recht bildet er daher auch dasjenige Gebiet, an welches man zunäch&#x017F;t<lb/>
denkt, wenn von der Organi&#x017F;ation des Credits die Rede i&#x017F;t. Demnach<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich alle Verhältni&#x017F;&#x017F;e, auf welche er &#x017F;ich bezieht, auf drei große<lb/>
Grundformen zurückführen, die ihrer&#x017F;eits wieder dem Vereinswe&#x017F;en an-<lb/>
gehören, und in denen die Aufgabe der Verwaltung daher nicht durch<lb/>
die &#x017F;taatliche Gewalt, &#x017F;ondern durch die freie Thätigkeit des Staats-<lb/>
bürgerthums vollzogen wird. In der That ver&#x017F;teht man die mächtige<lb/>
Bedeutung des Vereinswe&#x017F;ens überhaupt er&#x017F;t gerade auf dem Gebiete<lb/>
die&#x017F;er Organi&#x017F;ation des Credits; es i&#x017F;t das &#x017F;eine natürliche Heimath<lb/>
und der Hauptbeweis, daß ohne das Vereinswe&#x017F;en auch die Selb&#x017F;t-<lb/>
verwaltung nicht auszureichen vermag. Jene Grundformen &#x017F;ind aber<lb/>
die folgenden.</p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#g">er&#x017F;te</hi> i&#x017F;t diejenige, welche wir als die <hi rendition="#g">eigentlichen Er-<lb/>
werbsge&#x017F;ell&#x017F;chaften</hi> bezeichnen. Das We&#x017F;en jeder Erwerbsge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chaft be&#x017F;teht darin, daß jedes Mitglied einer, durch die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
aufge&#x017F;tellten Unternehmung einen gewi&#x017F;&#x017F;en Beitrag lei&#x017F;tet, daß aus<lb/>
die&#x017F;em Beitrag ein <hi rendition="#g">Capital</hi> wird, das allen gehört, und daß endlich<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0075] dieſer Funktion hervorgehenden Rechte bilden das Recht der Banken, das ganz weſentlich verſchieden iſt von dem der Creditinſtitute. Wir haben dieß in eingehender Weiſe, mit ſpecieller Beziehung auf das Bankweſen und das Bankrecht Englands, Frankreichs und Deutſchlands nachgewieſen in dem Jahrbuch für Geſetzkunde und Statiſtik, 1862 (das Bankweſen Europas und die Geſetzgebung S. 113 — 165), auf welche Darſtellung wir uns auch für den folgenden Begriff berufen müſſen. So bildet das Bankweſen den zweiten Theil der Organiſation des Credits. Das Papiergeldweſen iſt nur ein Theil deſſelben; und wieder begegnen wir hier der Thatſache, daß man das letztere eben wegen dieſes Zuſammenhanges ſowohl bei der Behandlung des Werth- umlaufes, als bei der der Organiſation des Credits darſtellen kann. Freilich bringt es die Natur der Banken mit ſich, daß es paſſender in das letztere fällt; es iſt nur nothwendig, ſich den Zuſammenhang mit dem Geldweſen klar zu vergegenwärtigen. 3) Der Unternehmungscredit entſteht endlich da, wo die Arbeit im weiteſten Sinne des Werthkapitals eines andern bedarf. Für ſeinen Unterſchied vom Zahlungscredit verweiſen wir auf den oben citirten Aufſatz. Allerdings nun erſcheint erſt im Unternehmungscredit die wahre gewaltige Kraft des Credits; nur er umfaßt alle Lebens- verhältniſſe, und nur durch ihn erfüllt ſich erſt die eigentlich ſociale Bedeutung des Credits. Er hat daher auch ſeinerſeits nicht eben eine einfache Form, ſondern erſcheint in vielen Formen zugleich, und mit Recht bildet er daher auch dasjenige Gebiet, an welches man zunächſt denkt, wenn von der Organiſation des Credits die Rede iſt. Demnach laſſen ſich alle Verhältniſſe, auf welche er ſich bezieht, auf drei große Grundformen zurückführen, die ihrerſeits wieder dem Vereinsweſen an- gehören, und in denen die Aufgabe der Verwaltung daher nicht durch die ſtaatliche Gewalt, ſondern durch die freie Thätigkeit des Staats- bürgerthums vollzogen wird. In der That verſteht man die mächtige Bedeutung des Vereinsweſens überhaupt erſt gerade auf dem Gebiete dieſer Organiſation des Credits; es iſt das ſeine natürliche Heimath und der Hauptbeweis, daß ohne das Vereinsweſen auch die Selbſt- verwaltung nicht auszureichen vermag. Jene Grundformen ſind aber die folgenden. Die erſte iſt diejenige, welche wir als die eigentlichen Er- werbsgeſellſchaften bezeichnen. Das Weſen jeder Erwerbsgeſell- ſchaft beſteht darin, daß jedes Mitglied einer, durch die Geſellſchaft aufgeſtellten Unternehmung einen gewiſſen Beitrag leiſtet, daß aus dieſem Beitrag ein Capital wird, das allen gehört, und daß endlich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/75
Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/75>, abgerufen am 27.04.2024.