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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.

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dieß Capital zur Produktion von Gütern verwendet wird. Durch
diese Aufgabe, eine Güterproduktion mit dem Gesellschaftscapital her-
vorzurufen, unterscheidet sich die eigentliche Erwerbsgesellschaft von den
übrigen Erwerbsvereinen. Daß die Grundform des Beitrages in der
Aktie besteht, ist richtig, aber nicht absolut wesentlich (Kuxe, Com-
manditen). Die Einzahlung auf die betreffenden Aktien ist aber in
der That ein Unternehmungscredit, den das Mitglied der Unterneh-
mung gibt, und den wir deßhalb auch an einem andern Orte (System
der Volkswirthschaft S. 217) den industriellen Credit genannt haben.

Die zweite Form ist die, welche wir als die Creditanstalten
oder Creditinstitute (credit mobilier) bezeichnen. Hier wird in ganz
gleicher Weise ein Unternehmungscapital zusammen gebracht; die Credit-
anstalten aber unterscheiden sich wesentlich von den Erwerbsgesellschaften
dadurch, daß ihr Zweck nicht mehr die Produktion von Gütern, son-
dern ein Erwerb durch Gewährung von Credit ist. Dieser Credit
ist nun allerdings eben so gut wie bei der Bank ein Zahlungscredit,
aber er ist das weder nothwendigerweise, noch ist er darauf gesetzlich
beschränkt, wie bei der Bank. Im Gegentheil ist es eine der Haupt-
aufgaben der Creditanstalten, Unternehmungscredit zu geben, und sich
selbst bei Unternehmungen zu betheiligen. Auf diesem Moment be-
ruht der große, das ganze Recht derselben beherrschende Unterschied
zwischen Banken und Creditanstalten, wie das von uns dargelegt ist;
und hier beginnt die Aufgabe der Verwaltungslehre neben der der Na-
tionalökonomie.

Die dritte Form endlich ist die, welche wir in allen ihren verschie-
denen Gestalten als die der Vorschußkassen oder Volksbanken zu
bezeichnen haben. Auch sie sind zugleich für Unternehmungs- und
Zahlungscredit bestimmt. Ihre Organisation kann eine sehr verschie-
dene sein. Sie können entweder auf einem Aktiencapital, oder auf
einer gegenseitigen Haftung, oder auf beiden zugleich, oder auf Ein-
lagen, oder auf Pfändern beruhen, wonach natürlich die Organe und
innere Ordnung wesentlich modificirt erscheinen. Immer aber ist die
Organisation des Credits für das vorwiegend persönliche Ca-
pital
, während die beiden obigen Formen wesentlich auf dem Vor-
handensein von Gütern und Werthcapital beruhen. Und das ist es,
was ihnen ihre eigentlich sociale Stellung gibt. Es liegt wohl außer-
halb unsrer Aufgabe, dieß hier weiter zu verfolgen. Uns muß es
genügen, dieß hochwichtige Gebiet hier charakterisirt und in seine
organische Stellung zur Organisation des Credits überhaupt gebracht
zu haben. Die weitere Ausführung gehört dann der besondern Arbeit.

Dieß sind nun diejenigen Begriffe und Verhältnisse, welche als

dieß Capital zur Produktion von Gütern verwendet wird. Durch
dieſe Aufgabe, eine Güterproduktion mit dem Geſellſchaftscapital her-
vorzurufen, unterſcheidet ſich die eigentliche Erwerbsgeſellſchaft von den
übrigen Erwerbsvereinen. Daß die Grundform des Beitrages in der
Aktie beſteht, iſt richtig, aber nicht abſolut weſentlich (Kuxe, Com-
manditen). Die Einzahlung auf die betreffenden Aktien iſt aber in
der That ein Unternehmungscredit, den das Mitglied der Unterneh-
mung gibt, und den wir deßhalb auch an einem andern Orte (Syſtem
der Volkswirthſchaft S. 217) den induſtriellen Credit genannt haben.

Die zweite Form iſt die, welche wir als die Creditanſtalten
oder Creditinſtitute (crédit mobilier) bezeichnen. Hier wird in ganz
gleicher Weiſe ein Unternehmungscapital zuſammen gebracht; die Credit-
anſtalten aber unterſcheiden ſich weſentlich von den Erwerbsgeſellſchaften
dadurch, daß ihr Zweck nicht mehr die Produktion von Gütern, ſon-
dern ein Erwerb durch Gewährung von Credit iſt. Dieſer Credit
iſt nun allerdings eben ſo gut wie bei der Bank ein Zahlungscredit,
aber er iſt das weder nothwendigerweiſe, noch iſt er darauf geſetzlich
beſchränkt, wie bei der Bank. Im Gegentheil iſt es eine der Haupt-
aufgaben der Creditanſtalten, Unternehmungscredit zu geben, und ſich
ſelbſt bei Unternehmungen zu betheiligen. Auf dieſem Moment be-
ruht der große, das ganze Recht derſelben beherrſchende Unterſchied
zwiſchen Banken und Creditanſtalten, wie das von uns dargelegt iſt;
und hier beginnt die Aufgabe der Verwaltungslehre neben der der Na-
tionalökonomie.

Die dritte Form endlich iſt die, welche wir in allen ihren verſchie-
denen Geſtalten als die der Vorſchußkaſſen oder Volksbanken zu
bezeichnen haben. Auch ſie ſind zugleich für Unternehmungs- und
Zahlungscredit beſtimmt. Ihre Organiſation kann eine ſehr verſchie-
dene ſein. Sie können entweder auf einem Aktiencapital, oder auf
einer gegenſeitigen Haftung, oder auf beiden zugleich, oder auf Ein-
lagen, oder auf Pfändern beruhen, wonach natürlich die Organe und
innere Ordnung weſentlich modificirt erſcheinen. Immer aber iſt die
Organiſation des Credits für das vorwiegend perſönliche Ca-
pital
, während die beiden obigen Formen weſentlich auf dem Vor-
handenſein von Gütern und Werthcapital beruhen. Und das iſt es,
was ihnen ihre eigentlich ſociale Stellung gibt. Es liegt wohl außer-
halb unſrer Aufgabe, dieß hier weiter zu verfolgen. Uns muß es
genügen, dieß hochwichtige Gebiet hier charakteriſirt und in ſeine
organiſche Stellung zur Organiſation des Credits überhaupt gebracht
zu haben. Die weitere Ausführung gehört dann der beſondern Arbeit.

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[58/0076] dieß Capital zur Produktion von Gütern verwendet wird. Durch dieſe Aufgabe, eine Güterproduktion mit dem Geſellſchaftscapital her- vorzurufen, unterſcheidet ſich die eigentliche Erwerbsgeſellſchaft von den übrigen Erwerbsvereinen. Daß die Grundform des Beitrages in der Aktie beſteht, iſt richtig, aber nicht abſolut weſentlich (Kuxe, Com- manditen). Die Einzahlung auf die betreffenden Aktien iſt aber in der That ein Unternehmungscredit, den das Mitglied der Unterneh- mung gibt, und den wir deßhalb auch an einem andern Orte (Syſtem der Volkswirthſchaft S. 217) den induſtriellen Credit genannt haben. Die zweite Form iſt die, welche wir als die Creditanſtalten oder Creditinſtitute (crédit mobilier) bezeichnen. Hier wird in ganz gleicher Weiſe ein Unternehmungscapital zuſammen gebracht; die Credit- anſtalten aber unterſcheiden ſich weſentlich von den Erwerbsgeſellſchaften dadurch, daß ihr Zweck nicht mehr die Produktion von Gütern, ſon- dern ein Erwerb durch Gewährung von Credit iſt. Dieſer Credit iſt nun allerdings eben ſo gut wie bei der Bank ein Zahlungscredit, aber er iſt das weder nothwendigerweiſe, noch iſt er darauf geſetzlich beſchränkt, wie bei der Bank. Im Gegentheil iſt es eine der Haupt- aufgaben der Creditanſtalten, Unternehmungscredit zu geben, und ſich ſelbſt bei Unternehmungen zu betheiligen. Auf dieſem Moment be- ruht der große, das ganze Recht derſelben beherrſchende Unterſchied zwiſchen Banken und Creditanſtalten, wie das von uns dargelegt iſt; und hier beginnt die Aufgabe der Verwaltungslehre neben der der Na- tionalökonomie. Die dritte Form endlich iſt die, welche wir in allen ihren verſchie- denen Geſtalten als die der Vorſchußkaſſen oder Volksbanken zu bezeichnen haben. Auch ſie ſind zugleich für Unternehmungs- und Zahlungscredit beſtimmt. Ihre Organiſation kann eine ſehr verſchie- dene ſein. Sie können entweder auf einem Aktiencapital, oder auf einer gegenſeitigen Haftung, oder auf beiden zugleich, oder auf Ein- lagen, oder auf Pfändern beruhen, wonach natürlich die Organe und innere Ordnung weſentlich modificirt erſcheinen. Immer aber iſt die Organiſation des Credits für das vorwiegend perſönliche Ca- pital, während die beiden obigen Formen weſentlich auf dem Vor- handenſein von Gütern und Werthcapital beruhen. Und das iſt es, was ihnen ihre eigentlich ſociale Stellung gibt. Es liegt wohl außer- halb unſrer Aufgabe, dieß hier weiter zu verfolgen. Uns muß es genügen, dieß hochwichtige Gebiet hier charakteriſirt und in ſeine organiſche Stellung zur Organiſation des Credits überhaupt gebracht zu haben. Die weitere Ausführung gehört dann der beſondern Arbeit. Dieß ſind nun diejenigen Begriffe und Verhältniſſe, welche als

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/76>, abgerufen am 27.04.2024.