Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

zu streiten; gewiß ist die Post ein wirthschaftliches Hoheitsrecht und
damit ein Zweig der Verwaltung der wichtigsten wirthschaftlichen In-
teressen. Das Postwesen ist daher ein eigenes Rechtsgebiet, das seine
eigene Darstellung fordert.

Die zweite Anstalt ist die Eisenbahn. Das Eisenbahnwesen ist
eben so unzweifelhaft ein Gebiet der Verwaltung; daß die meisten Ei-
senbahnen auf Vereinen beruhen, ändert natürlich in dieser Sache
nichts. Das Eisenbahnrecht ist schon jetzt ein selbständiger Theil der
öffentlichen Rechtslehre.

Den Eisenbahnen zur Seite steht die Dampfschifffahrt, die
sich von der übrigen Seeschifffahrt so wesentlich in ihren Verhältnissen
und Grundlagen unterscheidet, daß wir sie selbst da, wo sie nicht direkt
von der Verwaltung gegründet ist oder vom Staate subventionirt wird,
dennoch mit ihrem ganzen Rechtsverhältniß als eine öffentliche Anstalt
betrachten müssen.

Daß das Gleiche für das Telegraphenwesen der Fall ist, be-
darf keiner weitern Erörterung.

Mit diesen Gebieten ist nun das (eigentliche) Verkehrswesen er-
schöpft.

B. Der Werthumlauf hat nun zunächst denselben Charakter,
wie der Verkehr. Es ist die einzelne Persönlichkeit, welche denselben
in hundert und aber hundert Verträgen, Traditionen, Zahlungen und
Leistungen täglich vermittelt. Es ist eben die zweite große Form des
Verkehrs, nur eine besondere dadurch, daß sein Objekt hier nicht mehr
eine Person oder ein Gut, sondern speciell eben der selbständige
Werth ist. Was kann dabei der Gegenstand der Verwaltung sein?

Offenbar, hier hat die Verwaltung weder die Bewegung zu er-
möglichen, noch auch sie selbst herzustellen. Das ist Sache der Ein-
zelnen. Allein Eine Bedingung derselben gibt es, die der Einzelne
sich in diesem die ganze Welt umfassenden Werthumlauf nicht verschaffen
kann; und das ist die objektive Gewißheit für das richtige Maß des
Werthes, das er im Umlaufe empfängt. Die Aufgabe der Verwaltung
entsteht für den Werthumlauf daher an diesem Punkte. Die Verwal-
tung muß so viel als möglich die Thätigkeit des Einzelnen ersetzen,
mit der er sich über das Werthmaß die absolut nothwendige Gewiß-
heit verschaffen mußte. Das nun geschieht in drei Hauptformen. Die
erste ist die durch die Verwaltung festgestellte öffentlich-rechtliche Maß-
und Gewichtsordnung
, die zweite ist das Münzwesen, das
die Ordnung des Geldes regelt, und das dritte endlich ist das öffent-
liche Recht der Werthpapiere. Diese Punkte bezeichnen die Auf-
gabe und die Gränze dessen, was die Verwaltung für den Werthumlauf

zu ſtreiten; gewiß iſt die Poſt ein wirthſchaftliches Hoheitsrecht und
damit ein Zweig der Verwaltung der wichtigſten wirthſchaftlichen In-
tereſſen. Das Poſtweſen iſt daher ein eigenes Rechtsgebiet, das ſeine
eigene Darſtellung fordert.

Die zweite Anſtalt iſt die Eiſenbahn. Das Eiſenbahnweſen iſt
eben ſo unzweifelhaft ein Gebiet der Verwaltung; daß die meiſten Ei-
ſenbahnen auf Vereinen beruhen, ändert natürlich in dieſer Sache
nichts. Das Eiſenbahnrecht iſt ſchon jetzt ein ſelbſtändiger Theil der
öffentlichen Rechtslehre.

Den Eiſenbahnen zur Seite ſteht die Dampfſchifffahrt, die
ſich von der übrigen Seeſchifffahrt ſo weſentlich in ihren Verhältniſſen
und Grundlagen unterſcheidet, daß wir ſie ſelbſt da, wo ſie nicht direkt
von der Verwaltung gegründet iſt oder vom Staate ſubventionirt wird,
dennoch mit ihrem ganzen Rechtsverhältniß als eine öffentliche Anſtalt
betrachten müſſen.

Daß das Gleiche für das Telegraphenweſen der Fall iſt, be-
darf keiner weitern Erörterung.

Mit dieſen Gebieten iſt nun das (eigentliche) Verkehrsweſen er-
ſchöpft.

B. Der Werthumlauf hat nun zunächſt denſelben Charakter,
wie der Verkehr. Es iſt die einzelne Perſönlichkeit, welche denſelben
in hundert und aber hundert Verträgen, Traditionen, Zahlungen und
Leiſtungen täglich vermittelt. Es iſt eben die zweite große Form des
Verkehrs, nur eine beſondere dadurch, daß ſein Objekt hier nicht mehr
eine Perſon oder ein Gut, ſondern ſpeciell eben der ſelbſtändige
Werth iſt. Was kann dabei der Gegenſtand der Verwaltung ſein?

Offenbar, hier hat die Verwaltung weder die Bewegung zu er-
möglichen, noch auch ſie ſelbſt herzuſtellen. Das iſt Sache der Ein-
zelnen. Allein Eine Bedingung derſelben gibt es, die der Einzelne
ſich in dieſem die ganze Welt umfaſſenden Werthumlauf nicht verſchaffen
kann; und das iſt die objektive Gewißheit für das richtige Maß des
Werthes, das er im Umlaufe empfängt. Die Aufgabe der Verwaltung
entſteht für den Werthumlauf daher an dieſem Punkte. Die Verwal-
tung muß ſo viel als möglich die Thätigkeit des Einzelnen erſetzen,
mit der er ſich über das Werthmaß die abſolut nothwendige Gewiß-
heit verſchaffen mußte. Das nun geſchieht in drei Hauptformen. Die
erſte iſt die durch die Verwaltung feſtgeſtellte öffentlich-rechtliche Maß-
und Gewichtsordnung
, die zweite iſt das Münzweſen, das
die Ordnung des Geldes regelt, und das dritte endlich iſt das öffent-
liche Recht der Werthpapiere. Dieſe Punkte bezeichnen die Auf-
gabe und die Gränze deſſen, was die Verwaltung für den Werthumlauf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0070" n="52"/>
zu &#x017F;treiten; gewiß i&#x017F;t die Po&#x017F;t ein wirth&#x017F;chaftliches Hoheitsrecht und<lb/>
damit ein Zweig der Verwaltung der wichtig&#x017F;ten wirth&#x017F;chaftlichen In-<lb/>
tere&#x017F;&#x017F;en. Das Po&#x017F;twe&#x017F;en i&#x017F;t daher ein eigenes Rechtsgebiet, das &#x017F;eine<lb/>
eigene Dar&#x017F;tellung fordert.</p><lb/>
            <p>Die zweite An&#x017F;talt i&#x017F;t die <hi rendition="#g">Ei&#x017F;enbahn</hi>. Das Ei&#x017F;enbahnwe&#x017F;en i&#x017F;t<lb/>
eben &#x017F;o unzweifelhaft ein Gebiet der Verwaltung; daß die mei&#x017F;ten Ei-<lb/>
&#x017F;enbahnen auf Vereinen beruhen, ändert natürlich in die&#x017F;er Sache<lb/>
nichts. Das Ei&#x017F;enbah<hi rendition="#g">nrecht</hi> i&#x017F;t &#x017F;chon jetzt ein &#x017F;elb&#x017F;tändiger Theil der<lb/>
öffentlichen Rechtslehre.</p><lb/>
            <p>Den Ei&#x017F;enbahnen zur Seite &#x017F;teht die <hi rendition="#g">Dampf&#x017F;chifffahrt</hi>, die<lb/>
&#x017F;ich von der übrigen See&#x017F;chifffahrt &#x017F;o we&#x017F;entlich in ihren Verhältni&#x017F;&#x017F;en<lb/>
und Grundlagen unter&#x017F;cheidet, daß wir &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t da, wo &#x017F;ie nicht direkt<lb/>
von der Verwaltung gegründet i&#x017F;t oder vom Staate &#x017F;ubventionirt wird,<lb/>
dennoch mit ihrem ganzen Rechtsverhältniß als eine öffentliche An&#x017F;talt<lb/>
betrachten mü&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Daß das Gleiche für das <hi rendition="#g">Telegraphenwe&#x017F;en</hi> der Fall i&#x017F;t, be-<lb/>
darf keiner weitern Erörterung.</p><lb/>
            <p>Mit die&#x017F;en Gebieten i&#x017F;t nun das (eigentliche) Verkehrswe&#x017F;en er-<lb/>
&#x017F;chöpft.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">B.</hi> Der <hi rendition="#g">Werthumlauf</hi> hat nun zunäch&#x017F;t den&#x017F;elben Charakter,<lb/>
wie der Verkehr. Es i&#x017F;t die einzelne Per&#x017F;önlichkeit, welche den&#x017F;elben<lb/>
in hundert und aber hundert Verträgen, Traditionen, Zahlungen und<lb/>
Lei&#x017F;tungen täglich vermittelt. Es i&#x017F;t eben die zweite große Form des<lb/>
Verkehrs, nur eine be&#x017F;ondere dadurch, daß &#x017F;ein Objekt hier nicht mehr<lb/>
eine Per&#x017F;on oder ein Gut, &#x017F;ondern &#x017F;peciell eben der &#x017F;elb&#x017F;tändige<lb/><hi rendition="#g">Werth</hi> i&#x017F;t. Was kann <hi rendition="#g">dabei</hi> der Gegen&#x017F;tand der Verwaltung &#x017F;ein?</p><lb/>
            <p>Offenbar, hier hat die Verwaltung weder die Bewegung zu er-<lb/>
möglichen, noch auch &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t herzu&#x017F;tellen. Das i&#x017F;t Sache der Ein-<lb/>
zelnen. Allein <hi rendition="#g">Eine</hi> Bedingung der&#x017F;elben gibt es, die der Einzelne<lb/>
&#x017F;ich in die&#x017F;em die ganze Welt umfa&#x017F;&#x017F;enden Werthumlauf nicht ver&#x017F;chaffen<lb/>
kann; und das i&#x017F;t die objektive Gewißheit für das richtige <hi rendition="#g">Maß</hi> des<lb/>
Werthes, das er im Umlaufe empfängt. Die Aufgabe der Verwaltung<lb/>
ent&#x017F;teht für den Werthumlauf daher an die&#x017F;em Punkte. Die Verwal-<lb/>
tung muß &#x017F;o viel als möglich die Thätigkeit des Einzelnen <hi rendition="#g">er&#x017F;etzen</hi>,<lb/>
mit der er &#x017F;ich über das Werthmaß die ab&#x017F;olut nothwendige Gewiß-<lb/>
heit ver&#x017F;chaffen mußte. Das nun ge&#x017F;chieht in drei Hauptformen. Die<lb/>
er&#x017F;te i&#x017F;t die durch die Verwaltung fe&#x017F;tge&#x017F;tellte öffentlich-rechtliche <hi rendition="#g">Maß-<lb/>
und Gewichtsordnung</hi>, die zweite i&#x017F;t das <hi rendition="#g">Münzwe&#x017F;en</hi>, das<lb/>
die Ordnung des Geldes regelt, und das dritte endlich i&#x017F;t das öffent-<lb/>
liche Recht der <hi rendition="#g">Werthpapiere</hi>. Die&#x017F;e Punkte bezeichnen die Auf-<lb/>
gabe und die Gränze de&#x017F;&#x017F;en, was die Verwaltung für den Werthumlauf<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0070] zu ſtreiten; gewiß iſt die Poſt ein wirthſchaftliches Hoheitsrecht und damit ein Zweig der Verwaltung der wichtigſten wirthſchaftlichen In- tereſſen. Das Poſtweſen iſt daher ein eigenes Rechtsgebiet, das ſeine eigene Darſtellung fordert. Die zweite Anſtalt iſt die Eiſenbahn. Das Eiſenbahnweſen iſt eben ſo unzweifelhaft ein Gebiet der Verwaltung; daß die meiſten Ei- ſenbahnen auf Vereinen beruhen, ändert natürlich in dieſer Sache nichts. Das Eiſenbahnrecht iſt ſchon jetzt ein ſelbſtändiger Theil der öffentlichen Rechtslehre. Den Eiſenbahnen zur Seite ſteht die Dampfſchifffahrt, die ſich von der übrigen Seeſchifffahrt ſo weſentlich in ihren Verhältniſſen und Grundlagen unterſcheidet, daß wir ſie ſelbſt da, wo ſie nicht direkt von der Verwaltung gegründet iſt oder vom Staate ſubventionirt wird, dennoch mit ihrem ganzen Rechtsverhältniß als eine öffentliche Anſtalt betrachten müſſen. Daß das Gleiche für das Telegraphenweſen der Fall iſt, be- darf keiner weitern Erörterung. Mit dieſen Gebieten iſt nun das (eigentliche) Verkehrsweſen er- ſchöpft. B. Der Werthumlauf hat nun zunächſt denſelben Charakter, wie der Verkehr. Es iſt die einzelne Perſönlichkeit, welche denſelben in hundert und aber hundert Verträgen, Traditionen, Zahlungen und Leiſtungen täglich vermittelt. Es iſt eben die zweite große Form des Verkehrs, nur eine beſondere dadurch, daß ſein Objekt hier nicht mehr eine Perſon oder ein Gut, ſondern ſpeciell eben der ſelbſtändige Werth iſt. Was kann dabei der Gegenſtand der Verwaltung ſein? Offenbar, hier hat die Verwaltung weder die Bewegung zu er- möglichen, noch auch ſie ſelbſt herzuſtellen. Das iſt Sache der Ein- zelnen. Allein Eine Bedingung derſelben gibt es, die der Einzelne ſich in dieſem die ganze Welt umfaſſenden Werthumlauf nicht verſchaffen kann; und das iſt die objektive Gewißheit für das richtige Maß des Werthes, das er im Umlaufe empfängt. Die Aufgabe der Verwaltung entſteht für den Werthumlauf daher an dieſem Punkte. Die Verwal- tung muß ſo viel als möglich die Thätigkeit des Einzelnen erſetzen, mit der er ſich über das Werthmaß die abſolut nothwendige Gewiß- heit verſchaffen mußte. Das nun geſchieht in drei Hauptformen. Die erſte iſt die durch die Verwaltung feſtgeſtellte öffentlich-rechtliche Maß- und Gewichtsordnung, die zweite iſt das Münzweſen, das die Ordnung des Geldes regelt, und das dritte endlich iſt das öffent- liche Recht der Werthpapiere. Dieſe Punkte bezeichnen die Auf- gabe und die Gränze deſſen, was die Verwaltung für den Werthumlauf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/70
Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/70>, abgerufen am 27.04.2024.