Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.wurde. Für diese hatte das dominum eminens keinen rechten Sinn, Man kann wohl drei Hauptauffassungen in diesem Begriffe unter- Die erste dieser Auffassungen können wir die der Glossatoren wurde. Für dieſe hatte das dominum eminens keinen rechten Sinn, Man kann wohl drei Hauptauffaſſungen in dieſem Begriffe unter- Die erſte dieſer Auffaſſungen können wir die der Gloſſatoren <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0185" n="167"/> wurde. Für <hi rendition="#g">dieſe</hi> hatte das <hi rendition="#aq">dominum eminens</hi> keinen rechten Sinn,<lb/> da ſie ohnehin wahre Eigenthümer ihrer Herrſchaften waren, ohne doch<lb/> Staaten zu ſein, und bis zum Ende des dreißigjährigen Krieges gab<lb/> es daher auch hier keinen Raum für jene Frage. Erſt mit der zweiten Hälfte<lb/> des 17. Jahrhunderts fangen nun die territorialen Staatenbildungen<lb/> an, und dieſe tragen trotz der mannichfachſten Unterſchiede dennoch<lb/> einen und denſelben Charakter, den namentlich Preußen und Oeſterreich<lb/> mit dem 18. Jahrhundert ſofort zur energiſchen Geltung bringen,<lb/> das iſt die ſtarke Entwicklung aller Actionen der <hi rendition="#g">inneren Verwal-<lb/> tung</hi>. Namentlich Preußen, κατ̕ ἐξοχὴν der Verwaltungsſtaat,<lb/> geht hier ein ganzes Jahrhundert lang mit glänzendem Erfolg, aber<lb/> auch mit großer Härte, voran. Dieſe innere Verwaltung läßt nun<lb/> auf <hi rendition="#g">allen</hi> Punkten jenes Recht der Grundherren, das auf Gerichts-<lb/> barkeit und Polizei — und Polizei hieß und war noch jede Innere<lb/> Verwaltung — ein Privatrecht hatte. Sie war daher als königliche<lb/> Verwaltung gar nicht möglich, ohne dieſe Grundherrlichkeit in hundert<lb/> Punkten zu beſchränken, zu verletzen, zu vernichten. Damit trat ſie<lb/> mit ihrer Staatsidee dem Princip des Privatrechts und der Heiligkeit<lb/> des Eigenthums entgegen; und dieſes tiefen Gegenſatzes waren ſich die<lb/> Krone und nicht weniger die Gutsherren recht wohl bewußt. Die<lb/> erſtere brauchte daher etwas anderes als die einfache Negation jenes<lb/> Rechts der letzteren; und wenn jener Friedrich Wilhelm <hi rendition="#aq">I.</hi> offen und<lb/> ſtolz erklärte, er werde dem Junkerthum gegenüber „die Souverainetät<lb/> wie einen <hi rendition="#aq">rocher de bronze</hi> ſtabiliren,“ ſo bedurfte er trotz ſeiner per-<lb/> ſönlichen Energie doch auch eines ſichern <hi rendition="#g">Rechtstitels</hi> dafür. Und<lb/> dieſen Rechtstitel bot nun der Begriff des <hi rendition="#aq">dominium eminens.</hi> Der-<lb/> ſelbe bedeutet in der That nicht ein Obereigenthum, ſondern er iſt in<lb/> ſeiner deutſchen Geſtalt vielmehr das <hi rendition="#g">höhere Recht der Staatsidee<lb/> überhaupt</hi>. Dieſer Begriff iſt daher nicht etwa in die gewöhnliche<lb/> Kategorie der juriſtiſchen Controverſen, etwa aus dem Lehnrecht, zu<lb/> ſtellen, wie Manche wohl meinen. Er iſt vielmehr ſelbſt zum Theil<lb/> ein Element, zum Theil ein Ergebniß der Entwicklung der Staatsidee<lb/> in Deutſchland, und ſeine große Bedeutung namentlich für die ganze<lb/> Entwährungslehre macht es nothwendig, ihn aus der Vergeſſenheit<lb/> herauszuziehen, in welche er gerathen iſt, und ihm ſeine Stelle in der<lb/> Geſchichte des deutſchen Staatslebens zurückzugeben.</p><lb/> <p>Man kann wohl drei Hauptauffaſſungen in dieſem Begriffe unter-<lb/> ſcheiden, die zugleich für die ganze Auffaſſung des Staatsbegriffes<lb/> höchſt bezeichnend ſind.</p><lb/> <p>Die erſte dieſer Auffaſſungen können wir die der Gloſſatoren<lb/> nennen. Sie beruht auf dem Verſuche, das Lehnrecht, namentlich alſo<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [167/0185]
wurde. Für dieſe hatte das dominum eminens keinen rechten Sinn,
da ſie ohnehin wahre Eigenthümer ihrer Herrſchaften waren, ohne doch
Staaten zu ſein, und bis zum Ende des dreißigjährigen Krieges gab
es daher auch hier keinen Raum für jene Frage. Erſt mit der zweiten Hälfte
des 17. Jahrhunderts fangen nun die territorialen Staatenbildungen
an, und dieſe tragen trotz der mannichfachſten Unterſchiede dennoch
einen und denſelben Charakter, den namentlich Preußen und Oeſterreich
mit dem 18. Jahrhundert ſofort zur energiſchen Geltung bringen,
das iſt die ſtarke Entwicklung aller Actionen der inneren Verwal-
tung. Namentlich Preußen, κατ̕ ἐξοχὴν der Verwaltungsſtaat,
geht hier ein ganzes Jahrhundert lang mit glänzendem Erfolg, aber
auch mit großer Härte, voran. Dieſe innere Verwaltung läßt nun
auf allen Punkten jenes Recht der Grundherren, das auf Gerichts-
barkeit und Polizei — und Polizei hieß und war noch jede Innere
Verwaltung — ein Privatrecht hatte. Sie war daher als königliche
Verwaltung gar nicht möglich, ohne dieſe Grundherrlichkeit in hundert
Punkten zu beſchränken, zu verletzen, zu vernichten. Damit trat ſie
mit ihrer Staatsidee dem Princip des Privatrechts und der Heiligkeit
des Eigenthums entgegen; und dieſes tiefen Gegenſatzes waren ſich die
Krone und nicht weniger die Gutsherren recht wohl bewußt. Die
erſtere brauchte daher etwas anderes als die einfache Negation jenes
Rechts der letzteren; und wenn jener Friedrich Wilhelm I. offen und
ſtolz erklärte, er werde dem Junkerthum gegenüber „die Souverainetät
wie einen rocher de bronze ſtabiliren,“ ſo bedurfte er trotz ſeiner per-
ſönlichen Energie doch auch eines ſichern Rechtstitels dafür. Und
dieſen Rechtstitel bot nun der Begriff des dominium eminens. Der-
ſelbe bedeutet in der That nicht ein Obereigenthum, ſondern er iſt in
ſeiner deutſchen Geſtalt vielmehr das höhere Recht der Staatsidee
überhaupt. Dieſer Begriff iſt daher nicht etwa in die gewöhnliche
Kategorie der juriſtiſchen Controverſen, etwa aus dem Lehnrecht, zu
ſtellen, wie Manche wohl meinen. Er iſt vielmehr ſelbſt zum Theil
ein Element, zum Theil ein Ergebniß der Entwicklung der Staatsidee
in Deutſchland, und ſeine große Bedeutung namentlich für die ganze
Entwährungslehre macht es nothwendig, ihn aus der Vergeſſenheit
herauszuziehen, in welche er gerathen iſt, und ihm ſeine Stelle in der
Geſchichte des deutſchen Staatslebens zurückzugeben.
Man kann wohl drei Hauptauffaſſungen in dieſem Begriffe unter-
ſcheiden, die zugleich für die ganze Auffaſſung des Staatsbegriffes
höchſt bezeichnend ſind.
Die erſte dieſer Auffaſſungen können wir die der Gloſſatoren
nennen. Sie beruht auf dem Verſuche, das Lehnrecht, namentlich alſo
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