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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.

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wohl über das Recht der Polizei, darüber Ordnungsstrafen zu verhängen,
eben so wenig ein Zweifel sein, als über ihr Recht, öffentliche Reden,
etwa auf der Gasse, zu hindern, welche solche Nachrichten verbreiten. Es
ist dann Sache des Journals, Thatsachen anzuführen, welche das Nicht-
verschulden feststellen. Auch hierüber fehlen, mit Ausnahme Frankreichs,
gehörig genaue Bestimmungen.

Der dritte Punkt betrifft das Verbot einzelner Mittheilungen,
z. B. der Gerichtsverhandlungen während eines Processes, militärische Mit-
theilungen u. a. m. Es ist kein Zweifel, daß die Polizei berechtigt ist,
dieß im Einzelfalle auch ohne Gesetz zu verbieten; ganze Kategorien
dagegen können nur durch das Preßgesetz verboten werden. Die Folge
der Uebertretung ist dabei zunächst die einfache Beschlagnahme, dann
die Ordnungsstrafe.

Der vierte Punkt betrifft die Verpflichtung der Journale zu
gewissen Mittheilungen. Die Verpflichtung zur Mittheilung eines, wegen
eines durch das Tagesblatt begangenen Vergehens erlassenen Urtheils
hat den Sinn, daß das Urtheil dieselbe Publicität erlangen soll, wie
das Vergehen selbst. Die Verpflichtung zur Aufnahme amtlicher Mit-
theilungen kann polizeilich stets gefordert werden, wenn die Regierung
es im öffentlichen Interesse erachtet. Wenn das Journal durch seine
eigenen Mittheilungen oder Aeußerungen oder zu einer solchen amtlichen
Einrückung selbst Anlaß gegeben hat, so muß die Mittheilung unent-
geltlich geschehen. Ist das nicht der Fall, so muß die Regierung die
Einrückung bezahlen als eine Leistung eines Einzelnen für die Gesammt-
heit. Die Verpflichtung, bei einem Angriffe eine Erwiederung auf-
zunehmen, muß unbedingt, und zwar an derselben Stelle, in derselben
Form, und in demselben Umfang anerkannt werden, sowie eine Person
genannt, oder ausreichend bestimmt bezeichnet ist. Die Gründe liegen nahe.

Was zum Schluß die Stempelung der Journale betrifft, so ist
sie nichts als eine Verbrauchssteuer, und es ist gänzlich verkehrt, etwas
anderes aus ihr machen zu wollen.


Dieß sind nun die leitenden Grundsätze für das freie Recht der
Presse. Zwei Dinge charakterisiren es in seiner formellen Erscheinung,
den reinen Preßgesetzen. Das erste ist die Beibehaltung des peinlichen
Strafrechts in diesen Gesetzen, das nicht dahin gehört, sondern in das
Strafgesetzbuch; und da nun die Strafgesetzbücher ihrerseits auch einen
Theil desselben enthalten, so entsteht dadurch die Verwirrung der Be-
griffe, welche eine selbständige wissenschaftliche Behandlung des Ganzen
bisher unthunlich gemacht und die Literatur auf die bloße Exegese der

wohl über das Recht der Polizei, darüber Ordnungsſtrafen zu verhängen,
eben ſo wenig ein Zweifel ſein, als über ihr Recht, öffentliche Reden,
etwa auf der Gaſſe, zu hindern, welche ſolche Nachrichten verbreiten. Es
iſt dann Sache des Journals, Thatſachen anzuführen, welche das Nicht-
verſchulden feſtſtellen. Auch hierüber fehlen, mit Ausnahme Frankreichs,
gehörig genaue Beſtimmungen.

Der dritte Punkt betrifft das Verbot einzelner Mittheilungen,
z. B. der Gerichtsverhandlungen während eines Proceſſes, militäriſche Mit-
theilungen u. a. m. Es iſt kein Zweifel, daß die Polizei berechtigt iſt,
dieß im Einzelfalle auch ohne Geſetz zu verbieten; ganze Kategorien
dagegen können nur durch das Preßgeſetz verboten werden. Die Folge
der Uebertretung iſt dabei zunächſt die einfache Beſchlagnahme, dann
die Ordnungsſtrafe.

Der vierte Punkt betrifft die Verpflichtung der Journale zu
gewiſſen Mittheilungen. Die Verpflichtung zur Mittheilung eines, wegen
eines durch das Tagesblatt begangenen Vergehens erlaſſenen Urtheils
hat den Sinn, daß das Urtheil dieſelbe Publicität erlangen ſoll, wie
das Vergehen ſelbſt. Die Verpflichtung zur Aufnahme amtlicher Mit-
theilungen kann polizeilich ſtets gefordert werden, wenn die Regierung
es im öffentlichen Intereſſe erachtet. Wenn das Journal durch ſeine
eigenen Mittheilungen oder Aeußerungen oder zu einer ſolchen amtlichen
Einrückung ſelbſt Anlaß gegeben hat, ſo muß die Mittheilung unent-
geltlich geſchehen. Iſt das nicht der Fall, ſo muß die Regierung die
Einrückung bezahlen als eine Leiſtung eines Einzelnen für die Geſammt-
heit. Die Verpflichtung, bei einem Angriffe eine Erwiederung auf-
zunehmen, muß unbedingt, und zwar an derſelben Stelle, in derſelben
Form, und in demſelben Umfang anerkannt werden, ſowie eine Perſon
genannt, oder ausreichend beſtimmt bezeichnet iſt. Die Gründe liegen nahe.

Was zum Schluß die Stempelung der Journale betrifft, ſo iſt
ſie nichts als eine Verbrauchsſteuer, und es iſt gänzlich verkehrt, etwas
anderes aus ihr machen zu wollen.


Dieß ſind nun die leitenden Grundſätze für das freie Recht der
Preſſe. Zwei Dinge charakteriſiren es in ſeiner formellen Erſcheinung,
den reinen Preßgeſetzen. Das erſte iſt die Beibehaltung des peinlichen
Strafrechts in dieſen Geſetzen, das nicht dahin gehört, ſondern in das
Strafgeſetzbuch; und da nun die Strafgeſetzbücher ihrerſeits auch einen
Theil deſſelben enthalten, ſo entſteht dadurch die Verwirrung der Be-
griffe, welche eine ſelbſtändige wiſſenſchaftliche Behandlung des Ganzen
bisher unthunlich gemacht und die Literatur auf die bloße Exegeſe der

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[122/0138] wohl über das Recht der Polizei, darüber Ordnungsſtrafen zu verhängen, eben ſo wenig ein Zweifel ſein, als über ihr Recht, öffentliche Reden, etwa auf der Gaſſe, zu hindern, welche ſolche Nachrichten verbreiten. Es iſt dann Sache des Journals, Thatſachen anzuführen, welche das Nicht- verſchulden feſtſtellen. Auch hierüber fehlen, mit Ausnahme Frankreichs, gehörig genaue Beſtimmungen. Der dritte Punkt betrifft das Verbot einzelner Mittheilungen, z. B. der Gerichtsverhandlungen während eines Proceſſes, militäriſche Mit- theilungen u. a. m. Es iſt kein Zweifel, daß die Polizei berechtigt iſt, dieß im Einzelfalle auch ohne Geſetz zu verbieten; ganze Kategorien dagegen können nur durch das Preßgeſetz verboten werden. Die Folge der Uebertretung iſt dabei zunächſt die einfache Beſchlagnahme, dann die Ordnungsſtrafe. Der vierte Punkt betrifft die Verpflichtung der Journale zu gewiſſen Mittheilungen. Die Verpflichtung zur Mittheilung eines, wegen eines durch das Tagesblatt begangenen Vergehens erlaſſenen Urtheils hat den Sinn, daß das Urtheil dieſelbe Publicität erlangen ſoll, wie das Vergehen ſelbſt. Die Verpflichtung zur Aufnahme amtlicher Mit- theilungen kann polizeilich ſtets gefordert werden, wenn die Regierung es im öffentlichen Intereſſe erachtet. Wenn das Journal durch ſeine eigenen Mittheilungen oder Aeußerungen oder zu einer ſolchen amtlichen Einrückung ſelbſt Anlaß gegeben hat, ſo muß die Mittheilung unent- geltlich geſchehen. Iſt das nicht der Fall, ſo muß die Regierung die Einrückung bezahlen als eine Leiſtung eines Einzelnen für die Geſammt- heit. Die Verpflichtung, bei einem Angriffe eine Erwiederung auf- zunehmen, muß unbedingt, und zwar an derſelben Stelle, in derſelben Form, und in demſelben Umfang anerkannt werden, ſowie eine Perſon genannt, oder ausreichend beſtimmt bezeichnet iſt. Die Gründe liegen nahe. Was zum Schluß die Stempelung der Journale betrifft, ſo iſt ſie nichts als eine Verbrauchsſteuer, und es iſt gänzlich verkehrt, etwas anderes aus ihr machen zu wollen. Dieß ſind nun die leitenden Grundſätze für das freie Recht der Preſſe. Zwei Dinge charakteriſiren es in ſeiner formellen Erſcheinung, den reinen Preßgeſetzen. Das erſte iſt die Beibehaltung des peinlichen Strafrechts in dieſen Geſetzen, das nicht dahin gehört, ſondern in das Strafgeſetzbuch; und da nun die Strafgeſetzbücher ihrerſeits auch einen Theil deſſelben enthalten, ſo entſteht dadurch die Verwirrung der Be- griffe, welche eine ſelbſtändige wiſſenſchaftliche Behandlung des Ganzen bisher unthunlich gemacht und die Literatur auf die bloße Exegeſe der

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre06_1868/138>, abgerufen am 23.11.2024.