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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.

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geschieht durch die Beschlagnahme, die Verhaftung des Gedankens,
und durch das Verbot, wo die Beschlagnahme nicht ausgereicht hat.
Das Verbot hat zur Folge, daß der Vertrieb polizeilich strafbar wird,
nicht der Besitz des verbotenen Exemplars. Das Recht der Beschlagnahme
ist unbeschränkt; aber sie muß wie jede andere polizeiliche Verhaftung in
der gesetzlichen Zeit zur gerichtlichen Verfolgung führen, und bei Auf-
hebung derselben haftet der Staat, beziehungsweise das Polizeiorgan.
Das Verbot umfaßt alle Organe des Vertriebes, Buchhändler, Aus-
rufer, Austräger, Anschläger; es ist nichts dabei, was an sich etwas
Besonderes hätte; jedoch kann das Verbot sich auf nicht gewerbsmäßige
Mittheilungen nicht beziehen. Dasselbe erstreckt sich natürlich auch auf
auswärtige Veröffentlichungen. So lange kein Gesetz etwas Specielles
darüber angeordnet hat, steht es der Polizei ganz frei, fremde Druck-
sachen zu verbieten; auch hier gilt wie bei der Verhaftung Fremder
das Recht der Ausweisung, das formell nur durch Verträge modificirt
werden kann. Der Grundsatz, daß ein Verbot der Postversendung
ohne vorherige Beschlagnahme und gerichtliches Urtheil rein polizeilich
sei, ist falsch; mit Recht hat die preußische Kammer sich dagegen erklärt.
Dagegen kann dieses Verbot als Form der Beschlagnahme und mit
den rechtlichen Folgen derselben gar nicht bezweifelt werden.

4) Die Polizei der Tagespresse nimmt nun alle bisherigen
Grundsätze der Preßpolizei auf; das Wesen der letzteren aber macht einige
Zusätze nothwendig. Ihre erste Aufgabe besteht nach der Natur des
Journals in der Aufstellung derjenigen Bedingungen, welche im Falle
eines durch dasselbe begangenen Verbrechens die Ausführung der
gerichtlichen Verfolgung möglich machen. Diese Bedingungen
sind erstlich die Anzeige des Unternehmens, zweitens die Bezeichnung
des für den Inhalt verantwortlichen Redakteurs, und drittens die Be-
stellung einer Kaution. Das Princip der Freiheit der Presse fordert
dagegen, daß sowohl die Genehmigung des Unternehmens als die der
Person des Redakteurs oder seines Stellvertreters nicht erforderlich sei.
Das Journal als Ganzes ist vollkommen frei, die Haftung tritt nur
für den einzelnen Ausspruch des Journals ein. Die Angabe des Eigen-
thümers ist dagegen deßhalb nothwendig, weil, im Falle der Redakteur
fälschlich angegeben oder nicht mehr vorhanden ist, dieser Eigenthümer
die Verantwortlichkeit übernimmt, welche sonst der Redakteur zu tragen
hat -- ein Punkt, der in den verschiedenen Preßgesetzen nicht immer
gut hervorgehoben ist.

Der zweite Punkt des Polizeirechts der Tagespresse besteht in der
polizeilichen Haftung für wissenschaftlich falsche Nachrichten, welche
geeignet sind, Störung im öffentlichen Leben hervorzurufen. Es kann

geſchieht durch die Beſchlagnahme, die Verhaftung des Gedankens,
und durch das Verbot, wo die Beſchlagnahme nicht ausgereicht hat.
Das Verbot hat zur Folge, daß der Vertrieb polizeilich ſtrafbar wird,
nicht der Beſitz des verbotenen Exemplars. Das Recht der Beſchlagnahme
iſt unbeſchränkt; aber ſie muß wie jede andere polizeiliche Verhaftung in
der geſetzlichen Zeit zur gerichtlichen Verfolgung führen, und bei Auf-
hebung derſelben haftet der Staat, beziehungsweiſe das Polizeiorgan.
Das Verbot umfaßt alle Organe des Vertriebes, Buchhändler, Aus-
rufer, Austräger, Anſchläger; es iſt nichts dabei, was an ſich etwas
Beſonderes hätte; jedoch kann das Verbot ſich auf nicht gewerbsmäßige
Mittheilungen nicht beziehen. Daſſelbe erſtreckt ſich natürlich auch auf
auswärtige Veröffentlichungen. So lange kein Geſetz etwas Specielles
darüber angeordnet hat, ſteht es der Polizei ganz frei, fremde Druck-
ſachen zu verbieten; auch hier gilt wie bei der Verhaftung Fremder
das Recht der Ausweiſung, das formell nur durch Verträge modificirt
werden kann. Der Grundſatz, daß ein Verbot der Poſtverſendung
ohne vorherige Beſchlagnahme und gerichtliches Urtheil rein polizeilich
ſei, iſt falſch; mit Recht hat die preußiſche Kammer ſich dagegen erklärt.
Dagegen kann dieſes Verbot als Form der Beſchlagnahme und mit
den rechtlichen Folgen derſelben gar nicht bezweifelt werden.

4) Die Polizei der Tagespreſſe nimmt nun alle bisherigen
Grundſätze der Preßpolizei auf; das Weſen der letzteren aber macht einige
Zuſätze nothwendig. Ihre erſte Aufgabe beſteht nach der Natur des
Journals in der Aufſtellung derjenigen Bedingungen, welche im Falle
eines durch daſſelbe begangenen Verbrechens die Ausführung der
gerichtlichen Verfolgung möglich machen. Dieſe Bedingungen
ſind erſtlich die Anzeige des Unternehmens, zweitens die Bezeichnung
des für den Inhalt verantwortlichen Redakteurs, und drittens die Be-
ſtellung einer Kaution. Das Princip der Freiheit der Preſſe fordert
dagegen, daß ſowohl die Genehmigung des Unternehmens als die der
Perſon des Redakteurs oder ſeines Stellvertreters nicht erforderlich ſei.
Das Journal als Ganzes iſt vollkommen frei, die Haftung tritt nur
für den einzelnen Ausſpruch des Journals ein. Die Angabe des Eigen-
thümers iſt dagegen deßhalb nothwendig, weil, im Falle der Redakteur
fälſchlich angegeben oder nicht mehr vorhanden iſt, dieſer Eigenthümer
die Verantwortlichkeit übernimmt, welche ſonſt der Redakteur zu tragen
hat — ein Punkt, der in den verſchiedenen Preßgeſetzen nicht immer
gut hervorgehoben iſt.

Der zweite Punkt des Polizeirechts der Tagespreſſe beſteht in der
polizeilichen Haftung für wiſſenſchaftlich falſche Nachrichten, welche
geeignet ſind, Störung im öffentlichen Leben hervorzurufen. Es kann

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[121/0137] geſchieht durch die Beſchlagnahme, die Verhaftung des Gedankens, und durch das Verbot, wo die Beſchlagnahme nicht ausgereicht hat. Das Verbot hat zur Folge, daß der Vertrieb polizeilich ſtrafbar wird, nicht der Beſitz des verbotenen Exemplars. Das Recht der Beſchlagnahme iſt unbeſchränkt; aber ſie muß wie jede andere polizeiliche Verhaftung in der geſetzlichen Zeit zur gerichtlichen Verfolgung führen, und bei Auf- hebung derſelben haftet der Staat, beziehungsweiſe das Polizeiorgan. Das Verbot umfaßt alle Organe des Vertriebes, Buchhändler, Aus- rufer, Austräger, Anſchläger; es iſt nichts dabei, was an ſich etwas Beſonderes hätte; jedoch kann das Verbot ſich auf nicht gewerbsmäßige Mittheilungen nicht beziehen. Daſſelbe erſtreckt ſich natürlich auch auf auswärtige Veröffentlichungen. So lange kein Geſetz etwas Specielles darüber angeordnet hat, ſteht es der Polizei ganz frei, fremde Druck- ſachen zu verbieten; auch hier gilt wie bei der Verhaftung Fremder das Recht der Ausweiſung, das formell nur durch Verträge modificirt werden kann. Der Grundſatz, daß ein Verbot der Poſtverſendung ohne vorherige Beſchlagnahme und gerichtliches Urtheil rein polizeilich ſei, iſt falſch; mit Recht hat die preußiſche Kammer ſich dagegen erklärt. Dagegen kann dieſes Verbot als Form der Beſchlagnahme und mit den rechtlichen Folgen derſelben gar nicht bezweifelt werden. 4) Die Polizei der Tagespreſſe nimmt nun alle bisherigen Grundſätze der Preßpolizei auf; das Weſen der letzteren aber macht einige Zuſätze nothwendig. Ihre erſte Aufgabe beſteht nach der Natur des Journals in der Aufſtellung derjenigen Bedingungen, welche im Falle eines durch daſſelbe begangenen Verbrechens die Ausführung der gerichtlichen Verfolgung möglich machen. Dieſe Bedingungen ſind erſtlich die Anzeige des Unternehmens, zweitens die Bezeichnung des für den Inhalt verantwortlichen Redakteurs, und drittens die Be- ſtellung einer Kaution. Das Princip der Freiheit der Preſſe fordert dagegen, daß ſowohl die Genehmigung des Unternehmens als die der Perſon des Redakteurs oder ſeines Stellvertreters nicht erforderlich ſei. Das Journal als Ganzes iſt vollkommen frei, die Haftung tritt nur für den einzelnen Ausſpruch des Journals ein. Die Angabe des Eigen- thümers iſt dagegen deßhalb nothwendig, weil, im Falle der Redakteur fälſchlich angegeben oder nicht mehr vorhanden iſt, dieſer Eigenthümer die Verantwortlichkeit übernimmt, welche ſonſt der Redakteur zu tragen hat — ein Punkt, der in den verſchiedenen Preßgeſetzen nicht immer gut hervorgehoben iſt. Der zweite Punkt des Polizeirechts der Tagespreſſe beſteht in der polizeilichen Haftung für wiſſenſchaftlich falſche Nachrichten, welche geeignet ſind, Störung im öffentlichen Leben hervorzurufen. Es kann

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre06_1868/137>, abgerufen am 23.11.2024.