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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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deutschen Bildungsordnungen abweichen. Es muß jedoch hinzu gefügt
werden, daß gerade in neuester Zeit erst die Kantonsgesetzgebung für
das Schulwesen, und speziell für die Elementarbildung sehr thätig
gewesen ist. Charakteristisch ist übrigens ein durchstechender Mangel an
jeder Art künstlerischer Bildungsanstalten, die kaum durch einige Mu-
seen und gewerbliche Zeichnungsanstalten, wie in Basel, Bern und
Zürich, dürftig ersetzt werden; das ist der eigentliche Mangel des
schweizerischen Bildungswesens. Die leitenden Gesetze dürften folgende
sein. Basel: Hauptgesetz für Volks- und Vorbildungsanstalten von
1852. Neue Ordnung der Universität von 1856. Genaue Statistik
aller einzelnen Institute und Anstalten in der Zeitschrift für
schweizerische Statistik
(Bern 1865, Nr. 1) die in drei Sprachen
Aufsätze enthält. -- Tessin (italienisch): Die Schulgesetzgebung datirt
eigentlich erst von 1830 (Hauptgesetz vom 10. Juni 1831, und allge-
meines Schulreglement vom 28. Mai 1832); jedoch die öffentliche Unter-
stützung der Gemeindeschulen erst durch Reglement vom 1. Juni 1835
bewilligt, wenn die Gemeinden selbst das Ihrige thun. Neben den
Volksschulen fünf Gymnasien und ein Lyceum (Reglement vom 5. No-
vember 1855, als Stellvertreter der Universität). Zeitschrift Nr. 3. --
Genf: Grundgesetz das Gesetz sur l'instruction publique von 1848.
Hier herrscht das französische Muster, jedoch mit dem wesentlichen, dem
deutschen Bildungswesen entnommenen Unterschiede, daß das Bifurcations-
system nicht in den Gymnasien gilt (s. unter Frankreich, volkswirthschaft-
liche Vorbildung), sondern die Instruction classique im College (Unter-
gymnasium) und Gymnase von der Ecole industrielle getrennt ist; da-
gegen ist es in der "Academie" (Stellvertreterin der Universität) mit
dem ganzen verwirrten Apparat der bacheliers es sciences physiques,
bacheliers es sc. mathematiques
und bacheliers es lettres wieder auf-
genommen (Zeitschrift Nr. 3). In Zürich ist das Hauptgesetz das neue
Unterrichtsgesetz vom 23. December 1859, mit Schulpflicht der Kinder
vom sechsten Jahre für die Volksschule, Errichtung von Ergänzungsschulen,
Unterordnung der Schulen unter die Gemeindeverwaltung, jedoch unter
Oberaufsicht des Regierungsrathes. -- Thurgau: Gesetz über das Unter-
richtswesen vom 5. April 1853, mit ausgesprochener Schulpflicht bis
zum 15. Jahre. Die Statistik der übrigen Kantone jedoch leider ohne
Angabe der Gesetzgebung (in Zeitschrift Nr. 10--12). Der reiche Stoff,
der hier zusammengestellt ist, wird übrigens dann leicht zu bewältigen sein,
wenn man die Einzelheiten auf die unten aufgestellten Kategorien reducirt.
Im Allgemeinen übrigens dürfte kein Zweifel sein, daß der Charakter des
ganzen schweizerischen Bildungswesens wesentlich deutsch ist, und daß
derselbe mit wenigen Ausnahmen selbst unter den französischen Formen

deutſchen Bildungsordnungen abweichen. Es muß jedoch hinzu gefügt
werden, daß gerade in neueſter Zeit erſt die Kantonsgeſetzgebung für
das Schulweſen, und ſpeziell für die Elementarbildung ſehr thätig
geweſen iſt. Charakteriſtiſch iſt übrigens ein durchſtechender Mangel an
jeder Art künſtleriſcher Bildungsanſtalten, die kaum durch einige Mu-
ſeen und gewerbliche Zeichnungsanſtalten, wie in Baſel, Bern und
Zürich, dürftig erſetzt werden; das iſt der eigentliche Mangel des
ſchweizeriſchen Bildungsweſens. Die leitenden Geſetze dürften folgende
ſein. Baſel: Hauptgeſetz für Volks- und Vorbildungsanſtalten von
1852. Neue Ordnung der Univerſität von 1856. Genaue Statiſtik
aller einzelnen Inſtitute und Anſtalten in der Zeitſchrift für
ſchweizeriſche Statiſtik
(Bern 1865, Nr. 1) die in drei Sprachen
Aufſätze enthält. — Teſſin (italieniſch): Die Schulgeſetzgebung datirt
eigentlich erſt von 1830 (Hauptgeſetz vom 10. Juni 1831, und allge-
meines Schulreglement vom 28. Mai 1832); jedoch die öffentliche Unter-
ſtützung der Gemeindeſchulen erſt durch Reglement vom 1. Juni 1835
bewilligt, wenn die Gemeinden ſelbſt das Ihrige thun. Neben den
Volksſchulen fünf Gymnaſien und ein Lyceum (Reglement vom 5. No-
vember 1855, als Stellvertreter der Univerſität). Zeitſchrift Nr. 3. —
Genf: Grundgeſetz das Geſetz sur l’instruction publique von 1848.
Hier herrſcht das franzöſiſche Muſter, jedoch mit dem weſentlichen, dem
deutſchen Bildungsweſen entnommenen Unterſchiede, daß das Bifurcations-
ſyſtem nicht in den Gymnaſien gilt (ſ. unter Frankreich, volkswirthſchaft-
liche Vorbildung), ſondern die Instruction classique im Collège (Unter-
gymnaſium) und Gymnase von der Ecole industrielle getrennt iſt; da-
gegen iſt es in der „Académie“ (Stellvertreterin der Univerſität) mit
dem ganzen verwirrten Apparat der bacheliers ès sciences physiques,
bacheliers ès sc. mathématiques
und bacheliers ès lettres wieder auf-
genommen (Zeitſchrift Nr. 3). In Zürich iſt das Hauptgeſetz das neue
Unterrichtsgeſetz vom 23. December 1859, mit Schulpflicht der Kinder
vom ſechsten Jahre für die Volksſchule, Errichtung von Ergänzungsſchulen,
Unterordnung der Schulen unter die Gemeindeverwaltung, jedoch unter
Oberaufſicht des Regierungsrathes. — Thurgau: Geſetz über das Unter-
richtsweſen vom 5. April 1853, mit ausgeſprochener Schulpflicht bis
zum 15. Jahre. Die Statiſtik der übrigen Kantone jedoch leider ohne
Angabe der Geſetzgebung (in Zeitſchrift Nr. 10—12). Der reiche Stoff,
der hier zuſammengeſtellt iſt, wird übrigens dann leicht zu bewältigen ſein,
wenn man die Einzelheiten auf die unten aufgeſtellten Kategorien reducirt.
Im Allgemeinen übrigens dürfte kein Zweifel ſein, daß der Charakter des
ganzen ſchweizeriſchen Bildungsweſens weſentlich deutſch iſt, und daß
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[61/0089] deutſchen Bildungsordnungen abweichen. Es muß jedoch hinzu gefügt werden, daß gerade in neueſter Zeit erſt die Kantonsgeſetzgebung für das Schulweſen, und ſpeziell für die Elementarbildung ſehr thätig geweſen iſt. Charakteriſtiſch iſt übrigens ein durchſtechender Mangel an jeder Art künſtleriſcher Bildungsanſtalten, die kaum durch einige Mu- ſeen und gewerbliche Zeichnungsanſtalten, wie in Baſel, Bern und Zürich, dürftig erſetzt werden; das iſt der eigentliche Mangel des ſchweizeriſchen Bildungsweſens. Die leitenden Geſetze dürften folgende ſein. Baſel: Hauptgeſetz für Volks- und Vorbildungsanſtalten von 1852. Neue Ordnung der Univerſität von 1856. Genaue Statiſtik aller einzelnen Inſtitute und Anſtalten in der Zeitſchrift für ſchweizeriſche Statiſtik (Bern 1865, Nr. 1) die in drei Sprachen Aufſätze enthält. — Teſſin (italieniſch): Die Schulgeſetzgebung datirt eigentlich erſt von 1830 (Hauptgeſetz vom 10. Juni 1831, und allge- meines Schulreglement vom 28. Mai 1832); jedoch die öffentliche Unter- ſtützung der Gemeindeſchulen erſt durch Reglement vom 1. Juni 1835 bewilligt, wenn die Gemeinden ſelbſt das Ihrige thun. Neben den Volksſchulen fünf Gymnaſien und ein Lyceum (Reglement vom 5. No- vember 1855, als Stellvertreter der Univerſität). Zeitſchrift Nr. 3. — Genf: Grundgeſetz das Geſetz sur l’instruction publique von 1848. Hier herrſcht das franzöſiſche Muſter, jedoch mit dem weſentlichen, dem deutſchen Bildungsweſen entnommenen Unterſchiede, daß das Bifurcations- ſyſtem nicht in den Gymnaſien gilt (ſ. unter Frankreich, volkswirthſchaft- liche Vorbildung), ſondern die Instruction classique im Collège (Unter- gymnaſium) und Gymnase von der Ecole industrielle getrennt iſt; da- gegen iſt es in der „Académie“ (Stellvertreterin der Univerſität) mit dem ganzen verwirrten Apparat der bacheliers ès sciences physiques, bacheliers ès sc. mathématiques und bacheliers ès lettres wieder auf- genommen (Zeitſchrift Nr. 3). In Zürich iſt das Hauptgeſetz das neue Unterrichtsgeſetz vom 23. December 1859, mit Schulpflicht der Kinder vom ſechsten Jahre für die Volksſchule, Errichtung von Ergänzungsſchulen, Unterordnung der Schulen unter die Gemeindeverwaltung, jedoch unter Oberaufſicht des Regierungsrathes. — Thurgau: Geſetz über das Unter- richtsweſen vom 5. April 1853, mit ausgeſprochener Schulpflicht bis zum 15. Jahre. Die Statiſtik der übrigen Kantone jedoch leider ohne Angabe der Geſetzgebung (in Zeitſchrift Nr. 10—12). Der reiche Stoff, der hier zuſammengeſtellt iſt, wird übrigens dann leicht zu bewältigen ſein, wenn man die Einzelheiten auf die unten aufgeſtellten Kategorien reducirt. Im Allgemeinen übrigens dürfte kein Zweifel ſein, daß der Charakter des ganzen ſchweizeriſchen Bildungsweſens weſentlich deutſch iſt, und daß derſelbe mit wenigen Ausnahmen ſelbſt unter den franzöſiſchen Formen

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/89>, abgerufen am 25.11.2024.